Gemeinsam leben bis zum Schluss
Sabine ist zu Hause gestorben, bei ihren drei Katzen, in ihrer vertrauten Umgebung, bei ihrem geliebten Jan. Sabine hatte Jan, bis zum Schluss. Und Jan hatte die Hilfe des Caritas-Pflegedienstes. "Man kann es nicht oft genug sagen, dass das eine Super-Einrichtung ist", sagt Jan. "Sabine wollte so wenig Krankenhaus wie möglich. Und es ist so gewesen, wie sie es wollte." Diese Gewissheit ist für ihn auch ein wenig Trost.
Jan möchte seine Geschichte erzählen. Es ist ihm ein Anliegen, der Öffentlichkeit zu sagen, dass auch in Extremsituationen vieles möglich ist, wenn man die richtigen Hilfen dazu bekommt. Zum Kaffee reicht Schwester Reinlindis, die Leiterin der Sozialstation, frische Kiachl. Gemeinsam mit Christine Hofstetter leitet die Ordensschwester die Sozialstation in Obertraubling. Sie und die anderen Mitarbeiter des Pflegedienstes begleiten häufig Patienten, die zu Hause sterben möchten. Aber wenn eine so junge Frau wie Sabine stirbt, geht ihnen das besonders nahe. "Natürlich bleiben wir als Pflegekräfte davon nicht unberührt", sagt Christine Hofstetter. "Jan hat uns durch seine Fürsorge und Liebe zu seiner Frau in unserer Arbeit total unterstützt", fügt sie hinzu. Alle Beteiligten konnten sich in jeder Situation immer aufeinander verlassen. Jan weiß, wie wichtig das für seine Frau war, die Sicherheit. Aber auch für ihn selbst: "Es ist schon ein Einschnitt in die Intimsphäre: Auf einmal hat da jemand Fremdes einen Schlüssel zu deiner Wohnung", sagt er.
Zu Hause geborgen und gepflegt
Die Schwestern der Sozialstation kamen mehrmals täglich zu den beiden. Anfangs arbeitete Jan noch im Schichtdienst, seine Frau war damals so weit selbstständig, dass sie einige Stunden alleine zu Hause
verbringen konnte. Der Übergang vom Caritas-Krankenhaus St. Josef in die eigenen vier Wände hatte problemlos geklappt. "Obwohl es sich um eine pflegerisch sehr aufwendige Situation gehandelt hat", sagt
Dr. Sabine Lins, Palliativmedizinerin am Caritas-Krankenhaus St. Josef. "Sie hatte mehrere künstliche Ausgänge, nachdem Gebärmutter und Blase entfernt werden mussten." Dennoch befürwortete auch die
Ärztin den Wunsch der beiden jungen Leute, das Krankenhaus zu verlassen und nach Hause zu gehen. "Es geht zwar ums Sterben, aber eigentlich geht es um das Leben bis zum Tod", sagt Sabine Lins. Die Patientin wollte in dieser letzten Phase ihres Lebens eben zu Hause sein, bei ihrem Jan und den Katzen.
Die Ärztin, die auch für den Verein Palliamo arbeitet, stellte den Kontakt zur örtlichen Sozialstation her, die Hausärztin war mit eingebunden. So hatte Jan die größtmögliche Unterstützung bei der Betreuung seiner Frau. "Es hat einfach alles gepasst", sagt er immer wieder, und man sieht ihm an, wie froh ihn das auch in gewisser Weise jetzt noch macht. "Egal was gebraucht wurde, die Schwestern organisierten es. Besorgungen von notwendigen Hilfsmitteln, darum mussten wir uns nicht kümmern. Von all dem Bürokratischen haben wir überhaupt nichts mitgekriegt." Und er wusste: "Die Schwestern haben nie auf die Minute geschaut; Dienst nach Vorschrift, das gab es nicht." Das gab ihm die dringend nötige Ruhe und Kraft. "In einer solchen Situation tritt für uns der finanzielle Mehraufwand in den Hintergrund. Es ist für uns wichtig, diesen Menschen mit unseren Möglichkeiten so lange zu begleiten, wie er das möchte", sagt Christine Hofstetter.
So war die Zeit von April bis September, die ihm mit Sabine blieb, eine Zeit, die sie sich bewusst für den Abschied nehmen konnten. Denn dass es einer werden würde, daran hatten die Ärzte schon seit der letzten großen Operation im vergangenen Herbst keinen Zweifel mehr gelassen. Obwohl es seit der Diagnose vor fünf Jahren immer wieder Lichtblicke gegeben hatte, ja sogar die Hoffnung auf vollkommene Heilung. "Aber dann ist der Krebs eben mit aller Macht zurückgekommen", sagt Jan. Gemeinsam haben sie entschieden, zu Hause voneinander Abschied zu nehmen. So konnten sie gemeinsam ihre Hochzeit planen, eine Hochzeit am Krankenbett, drei Wochen bevor Sabine starb.
Nächstenliebe überzeugt
Schwester Reinlindis ist seit über 50 Jahren im Dienst und hat an manchem Sterbebett gesessen. "Bei mir als Ordensschwester haben viele das Bedürfnis zu beten, wenn nicht, sprechen wir auch gerne über andere Dinge, die dem Patienten wichtig sind", sagt sie ganz pragmatisch. Diese Einstellung war es, die Jan überzeugte. "Niemand hat mir irgendetwas aufgezwungen. Die Menschen hier waren alle so lieb." Anfangs hatte er als Konfessionsloser schon Vorbehalte gegenüber einer kirchlichen Einrichtung. "Die waren aber ganz schnell weg. Es hat mich beeindruckt, mit welcher Nächstenliebe die Pflegerinnen unterwegs waren und wie es ihnen um die Menschen ging", sagt er. Für ihn ging es um den liebsten Menschen in seinem Leben, um seine geliebte Frau. Und wenn er es heute alleine ins Bruder-Konrad-Haus geschafft hat, dann nur, weil er weiß: Die Menschen hier haben sie auch gekannt. Und sie haben ihr geholfen.
Zusatzinfos
Palliative Versorgung zu Hause
In Regensburg gibt es ein gutes Netzwerk der palliativen Versorgung zu Hause oder im Krankenhaus. Dazu gehören neben den Einrichtungen der Caritas auch der Verein Palliamo, die Palliativstation der Barmherzigen Brüder, der Hospizverein Regensburg und die Pfarrgemeinden mit entsprechenden Angeboten. Am Caritas-Krankenhaus St. Josef gibt es ein Palliativteam, das Kompetenzen von Pflege, Medizin, Sozialarbeit, Seelsorge und Psychologie bündelt. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus werden vom Palliativteam auch Hausbesuche angeboten. Ansprechpartnerin des Caritas-Palliativdienstes dort ist Bärbel Kiechle, Telefon 0941/7821320.
Seelsorge für Pflegeberufe
Pflegekräfte erleben in ihrem Beruf vieles, das sie psychisch und geistlich verarbeiten müssen. Für sie gibt es im Bistum eigens einen Seelsorger. Christoph Seidl ist Priester und zuständig für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen. Sein Angebot reicht von Auszeiten mit Impulsen für eine spirituelle
Lebensgrundlage bis zur geistlichen "Burnoutprophylaxe" im persönlichen Seelsorge-Gespräch. Seidl ist außerdem Bischöflicher Beauftragter für Krankenhaus- und Hospizseelsorge.
Mehr Infos: www.seelsorge-pflege.de