Biotope des Glaubens in der Diaspora
Ihren 2. Fachtag haben die Pädagogen und Trägervertreter der katholischen Kindertageseinrichtungen am 17. November in Cottbus genutzt, um auf die unzureichenden gesetzlichen Personalschlüssel in den Einrichtungen aufmerksam zu machen. Zu dem Tag unter dem Motto "Zeit und Raum für Kinder" waren über 90 Teilnehmer aus den 13 Einrichtungen des Bistums Görlitz gekommen.
Kaum Zeit für Bildungsarbeit
Prof. Ludger Pesch von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin sprach über die Möglichkeiten und Bedingungen, die den Kindergarten als Bildungseinrichtung auszeichnen. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Erzieherinnen und Erzieher die Chancen der frühkindlichen Bildung sehen, aber die Rahmenbedingungen zu schlecht sind, um diese Möglichkeiten immer zu nutzen.
Das Hauptproblem sind hierbei die unzureichenden gesetzlichen und refinanzierten Personalschlüssel in Brandenburg und Sachsen. Eine Erzieherin in der Krippe muss circa acht Kinder betreuen. Da die Kinder durch veränderte Regelungen beim Elterngeld meist nach dem ersten Geburtstag in die Einrichtung kommen, ist hier ein sehr großer Betreuungsbedarf.
Da ist es kaum verwunderlich, dass für die Bildungsarbeit mit den Kindern nur noch wenig oder keine Zeit mehr bleibt. Wenn ab August dieses Jahres alle Kinder ab dem ersten Geburtstag einen Rechtsanspruch auf die Betreuung in einer Kindertagesstätte haben, wird sich diese Situation eventuell noch verschärfen, da der Anteil der jüngeren Kinder noch einmal ansteigt.
Ein großes Problem für die Pädagogen ist auch die fehlende Zeit für die Vor- und Nachbereitung ihrer Arbeit. In den Schulen oder auch in den Kindertagesstätten anderer Bundesländer ist es selbstverständlich, dass Pädagogen Zeit haben für die Vor- und Nachbereitung ihrer Arbeit in der Gruppe, für Gespräch mit den Eltern, für Dienstberatungen oder für die Dokumentationen der Arbeit. Die Gesetze und Verordnungen in Brandenburg und Sachsen sehen hierfür keine zusätzlichen Zeiten vor. Die Erzieherin muss diese Tätigkeiten in ihrer Freizeit erledigen oder andere Erziehrinnen beaufsichtigen ihre Gruppe mit und haben dann die Verantwortung für doppelt so viele Kinder.
Fehlende Akzeptanz für Bildungsansatz
Eine weitere Herausforderung, die die Teilnehmerinnen des Fachtages beschrieben, ist die fehlende Akzeptanz ihres Bildungsansatzes bei manchen Eltern und im gesellschaftlichen Umfeld. Obwohl die moderne Hirnforschung den großen Erfolg dieses kindgerechten, situativen und konstruktiven Ansatzes nachgewiesen hat, gehen viele Eltern davon aus, dass der frontale Unterricht, wie sie ihn aus der Schule kennen, eine bessere Bildung vermittelt. Gegen diesen Irrtum anzukämpfen, fällt den Mitarbeiterinnen der Kindertagestätten nicht immer leicht.
Pastorale Leuchttürme
Der Fachtag hatte mit einem Gottesdienst unter der Leitung von Bischof Wolfgang Ipolt in der Propsteikirche St. Maria Friedenskönigin begonnen. Danach beschrieb der Bischof in einem Impulsreferat die Bedeutung der Kindertagesstätten für die pastorale Arbeit. Für ihn sind die Einrichtungen in den Missionspfarreien der Diaspora eigenständige pastorale Orte, die Biotope des Glaubens sein können. Sie sind im doppelten Sinne für den Erstkontakt mit dem Glauben geeignet, weil sie zu einer lebendigen Christusbeziehung der Kinder beitragen können und weil sie mit vielen nichtchristlichen Familien in Kontakt kommen. Auf diese Weise sollen katholische Kindertagesstätten pastorale "Leuchttürme" sein, in denen Erzieherinnen und Erzieher, Priester und Gemeindereferenten mit demütigem Selbstbewusstsein den Glauben verkünden.
Austausch und Qualifikation
Nach diesen Vorträgen hatten die Teilnehmer in Workshops die Gelegenheit zum fachlichen Austausch und zur Qualifikation. Dabei konnten sie wählen zwischen Angeboten zum spielerischen Gestalten mit Musik, zur Bewegung mit und für Kinder, zur Kindermassage nach dem Respectare-Ansatz, zur Beratung von Alltagssituationen mit einer Supervisorin und zu Ritualen in den Kindertagesstätten. Ein weiterer Workshop richtete sich an die Trägervertreter und eröffnete eine Diskussion zur Weiterentwicklung der Katholischen Trägerstrukturen im Bistum Görlitz.
In der gemeinsamen Runde zum Abschluss des Fachtages beschäftigten sich alle mit der Frage: Was ist wesentlich bei der Arbeit mit den Kindern und was zählt wirklich im Leben?
INFO:
Telefon: 03 55 3 80 65 13
E-Mail: schneider@caritas-dicvgoerlitz.de