"Die lebendige Seite des Sozialstaates"
Anerkennung hatte Prof. Dr. Klaus Baumann zu Beginn als ein Mittel gegen Frustration und Burnout gefordert. Die gab es gleich am Ende in aller Deutlichkeit von der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer: "Sie sind die lebendige Seite des Sozialstaats". Die allerdings gerät angesichts der Ökonomisierung der sozialen und pflegerischen Arbeit mit der Forderung nach immer mehr für immer weniger zunehmend unter Druck. Mit der Frage "Helfen ohne Grenzen?" setzte sich das Ethik-Forum des Bistums Münster auf seinem 3. Fachtag im Diözesancaritasverband Münster auseinander. Fazit: Auch wenn in der internen Organisation und persönlich noch Entlastung möglich ist, werden die Grenzen sichtbarer. Ablesbar ist das konkret in der steigenden Zahl psychischer Erkrankungen, aber auch an der Schwierigkeit, genügend Nachwuchs zu begeistern. Andrea Fischer riet den Caritas-Verantwortlichen und Mitarbeitern, sich deutlicher Gehör in Politik und Öffentlichkeit zu verschaffen.
Der in den 90er Jahren bewusst auch im sozialen Bereich eingeführte wirtschaftliche Wettbewerb setzt der persönlichen Motivation enge Grenzen, stellte Baumann fest. Mit der Idee, Menschen zu helfen, starteten die Mitarbeiter in den sozialen Beruf. Die vor allem zeitlichen Begrenzungen bleiben aber nicht ohne Folgen: "Wo die Frustration Grenzen überschreitet, ist das eine Gefahr für die Gesundheit und steigt die Fehlerhäufigkeit," erklärte der Professor an der Theologischen Universität Freiburg. Auch wirtschaftlich sei dies häufig problematisch.
"Viel Leistung und wenig Wertschätzung", nannte Baumann einen wesentlichen Auslöser für übermässigen Stress. Problematisch sei auch geringe Entscheidungsfreiheit. Hilfreich sei dagegen die "Neugier auf das Leben, das Gefühl, Probleme selbst lösen zu können und Veränderung auch als Chance zu sehen," sagte Baumann. Als "ethischen Impuls im Zeitalter der Beschleunigung" gab Baumann den rund 100 Teilnehmern die Forderung mit, "sich dem Diktat der Ökonomisierung aller Lebensbereiche entgegen zu stellen." Andrea Fischer ging noch einen Schritt weiter: "Sie müssen sich verweigern, notfalls auch aussteigen.