Eine Arbeit, die (innerlich) jung hält
1. Herr Krauß, Sie haben den Beruf des Elektrikers gelernt. Wie sind Sie zur Caritas gekommen?
Schon in der Jugendzeit habe ich im Helferkreis der Neuzeller Pfarrjugend Jugendarbeit vor Ort mit gestaltet und war auch regelmäßig in Neuhausen, zum Beispiel bei Gruppenleiterschulungen zu Gast. Prägend war auch die hauptamtliche Arbeit als Referent in der Diözesan-Jugendseelsorge Anfang der siebziger Jahre. Aber ausschlaggebend waren sicherlich die politische Wende und die deutsche Wiedervereinigung.
Nachdem ich diese in unserem Ort mit gestaltet habe, war nun die Zeit, sich auch persönlich und beruflich neu zu orientieren. Das Katholische Soziale Institut der Erzdiözese Köln (KSI) in Bad Honnef bot damals einen sogenannten Jahreskurs in sozialer Arbeit an. Ziel des Kurses war die Ausbildung mittlerer Führungskräfte für die soziale Verbandsarbeit. Mit diesem Abschluss eröffnete sich für mich die Möglichkeit, die ehrenamtliche Arbeit in der Pfarrei und der kirchlichen Jugendarbeit künftig hauptberuflich auszuüben.
Eines Tages rief mich der Diözesancaritasverband an und fragte, ob ich mir eine Arbeit als Sozialreferent im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) vorstellen könne. Sehr lange habe ich da nicht überlegt. Eine spannende Arbeit mit jungen Menschen, bei der man (innerlich) nicht alt wird – was wollte ich mehr? Die Freude daran hat sich auch nach 18 Jahren in diesem Dienst nicht grundsätzlich geändert, wenn ich auch in letzter Zeit eher mit Verwaltungstätigkeiten zu tun gehabt habe.
2. Welches waren die Inhalte und Schwerpunkte Ihrer Arbeit bei der Caritas?
Nun, zunächst war es meine Aufgabe, das FSJ hier im Osten mit aufzubauen. Das heißt, die entsprechenden Strukturen zu schaffen, Freiwillige wie Einsatzstellen zu werben, die Bildungsarbeit durchzuführen und die politische Interessenvertretung in den Landes- und Bundesgremien wahrzunehmen. Insbesondere galt es, die andere Situation hier im Osten den Institutionen und den Kollegen aus den alten Bundesländern deutlich zu machen. Eine Aufgabe, die sich bis heute immer wieder neu stellt. Das macht man am besten, in dem man sich entsprechend einbringt. Die Mitarbeit in der Steuerungsgruppe Qualitätsentwicklung und im Fachausschuss für die nationalen Freiwilligendienste der Bundesarbeitgemeinschaft hat viel dazu beigetragen, dass bei Regelungen und Prozessen die Besonderheiten unserer Region mit berücksichtigt wurden.
Die Aufbauarbeit im Verband selbst verlangte ebenfalls einigen Einsatz. Mit dem allgemeinen Bekanntwerden des FSJ stiegen die Bewerberzahlen recht schnell. Jetzt galt es, die entsprechenden Einsatzstellen zu gewinnen. Hier war in vielen Fällen Klinkenputzen angesagt. Das FSJ hat zum Ziel, jungen Menschen soziale und persönliche Kompetenzen zu vermitteln. Gleichzeitig soll es der beruflichen Orientierung dienen. Einsatzstellen haben natürlich ein starkes (und berechtigtes) Interesse daran, wirksame Hilfe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben durch das FSJ zu bekommen. Die Gefahr, dass Freiwillige hier in manchen Bereichen überfordert werden beziehungsweise die Einrichtungen ihrer Aufgabe hinsichtlich der fachlichen Anleitung und der persönlichen Begleitung nicht immer in vollem Umfang nachkommen können, ist durchaus gegeben. Meine Aufgabe war es hier, einen Ausgleich zu schaffen, aber auch in einigen Fällen sich für die Belange der Freiwilligen, entsprechend den gesetzlichen und standardmäßigen Regelungen, einzusetzen.
Dass dies nicht immer ohne Konflikte ging, ist nachzuvollziehen. Aber lassen Sie mich an dieser Stelle den FSJ-Einsatzstellen noch einmal ausdrücklich für ihre, mit Sicherheit nicht immer einfache, Arbeit mit den Freiwilligen und für die Zusammenarbeit mit mir als verantwortlichen Referenten danken. Für Fehler und Missverständnisse meinerseits, die nun mal geschehen sind, bitte ich einfach um Nachsicht.
Weitere Arbeitsfelder waren für mich der Zivildienst, später der Bundesfreiwilligendienst BFD), das Feriendiakonat und die jährlichen Kindererholungsfreizeiten an der Ostsee.
Einen Großteil meiner Zeit nahm zunehmend die Tätigkeit als Mitarbeitervertreter in Anspruch. In den letzten Jahren als Vorsitzender der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft aller Mitarbeitervertretungen im Bistum war diese Arbeit unter den derzeit komplizierten wirtschaftlichen und arbeitsrechtlichen Bedingungen in der Katholischen Kirche und besonders in der Region Ost nicht minder herausfordernd als der eigentliche berufliche Auftrag.
3. Wie hat sich die Arbeit insgesamt und speziell mit den jungen Menschen im Laufe der Zeit entwickelt?
Zahlenmäßig fing ich 1993 mit fünf Helfern an. In guten Zeiten hatten wir bis zu 70 Freiwillige in zwei Seminargruppen. Aufgrund des demografischen Wandels sind wir jetzt bei 35 Freiwillige im FSJ und knapp 30 Freiwillige im BFD, diese aber fast ausschließlich über 27 Jahre. Inhaltlich sind die Herausforderungen an die pädagogische Arbeit gestiegen. Zunehmend haben wir im FSJ Jugendliche mit sozialen, psychischen und persönlichen Problemen. Hier lohnt es sich aber noch einmal mit unseren Bildungsreferentinnen Marion Jurk und Manuela Werner vertiefend ins Gespräch zu kommen.
4. Welchen Rat geben Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg?
Mit dem guten Rat ist das immer so eine Sache. Ich werde ihr einfach erzählen, was ich gemacht habe und was ich im Nachhinein für gelungen oder weniger gelungen halte. Sie wird vermutlich eigene Ansätze in die Arbeit einbringen - und das ist gut so.
Einen wichtigen Aspekt darf jedoch niemand aus dem Auge verlieren: Diese Arbeit funktioniert nur in einem guten Team.
Von daher auch noch einmal tiefsten Dank an alle Mitarbeitende, in welcher Funktion auch immer. Ohne sie hätte das alles nicht stattgefunden!