Eine große Chance - Teilzeitpflege-Ausbildung als Weg in die Zukunft
"Wir möchten eine neue Zielgruppe für die Pflege gewinnen", erklärt Kursleiterin Heidelore Lessig von der Krankenpflegeschule des St.-Walburga-Krankenhauses in Meschede. Mütter, deren Kinder aus dem Haus sind, junge Mütter, Wiedereinsteiger ins Berufsleben, Menschen, die aus verschiedenen Gründen keine Ausbildung gemacht haben.
Menschen wie Petra Skarupa-Schäfer. Sie hat als LKW- und Taxifahrerin gearbeitet, eine Familie gegründet, ein Haus gebaut, ihre Eltern bis zu deren Tod gepflegt. Seit zwei Jahren betreibt sie mit einer Freundin hobbymäßig einen Trödelladen in ihrer Garage. "Aber ich wollte auch noch was machen, wo der Kopf was zu tun hat, wo man richtig lernen muss." Ihre 21-jährige Tochter, die ebenfalls eine Krankenpflege-Ausbildung macht, erzählte ihr von der neuen Teilzeit-Ausbildung. "Mama, das wäre doch was für dich." Die ersten Tage seien nicht einfach gewesen, gibt sie zu. "Erst hatte ich Angst, ob ich noch so lernen kann wie früher." Aber es klappte besser als gedacht. Mit der Tochter, die schon ein Jahr weiter in der Ausbildung ist, mache sie jetzt einen Wettbewerb, wer die besseren Klausuren schreibt, erzählt sie lachend. "Aber nur im Spaß."
Für die ein oder andere der mitten im Leben stehenden Auszubildenden kann der Leistungsdruck durchaus zum Problem werden, weiß Kursleiterin Heidelore Lessig. Denn Versagensängste sind bei den Älteren nicht weniger verbreitet als bei den sonst jüngeren Auszubildenden. Im Gegenteil: "Wie erklärt eine gestandene Mutter ihren Kindern, wenn sie eine Fünf schreibt? Was sagen die Nachbarn, wenn die Ausbildung abgebrochen wird?" Dennoch überwiege die Erkenntnis: "Das ist eine große Chance. Wer weiß, ob ich sonst noch eine bekomme."
Gesellschaftspolitisch betrachtet sei dies ein wichtiger Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sagt Eva Theune vom Diözesan-Caritasverband in Paderborn. Sie glaubt, dass sich die Teilzeit-Pflegeausbildung im Gesundheitssektor etablieren wird. "Das ist der richtige Weg, wir machen die Ausbildung zur Pflegefachkraft attraktiver und gewinnen dadurch eine Chance, weitere Fachkräfte für die Pflege zu qualifizieren. Wir werden dieses Modell auch in andere Pflegeschulen weitertragen." Allerdings sei es dazu notwendig, dass das Land die benötigten Ausbildungsplätze für eine Teilzeit-Ausbildung ausweise und diese künftig ergänzend zur Vollzeitausbildung regulär möglich sei.
Interessant ist die nämlich auch für jüngere Auszubildende wie Lina Vorsmann. Die 20-jährige Mutter eines einjährigen Sohnes hatte sich erst für die Vollzeitausbildung beworben. Als sie von der Möglichkeit einer Teilzeitausbildung erfuhr, schwenkte sie um. "Jetzt habe ich mehr Zeit für mein Kind. Es darf nicht zu kurz kommen." Die Betreuung sichern eine Tagesmutter und der Vater des Kindes. Mit den übrigen Kursteilnehmerinnen versteht sie sich trotz Altersunterschied sehr gut. "Zuerst dachte ich, das könnte ja meine Mutter sein. Aber die Älteren akzeptieren uns und der Klassenzusammenhalt ist sehr gut. Das habe ich so noch nie erlebt", sagt sie und verabredet sich mit der mehr als doppelt so alten Petra Skarupa-Schäfer zum Essengehen am Freitagabend.