Einfach mal für ein paar Tage weg
Das Programm beinhaltet eigentlich nichts Spektakuläres: Morgens gemütlich aufstehen, fertig machen, frühstücken, kleine Ausflüge je nach Wetterlage und Ziel mit dem Bus oder per pedes bzw. Rollstuhl in die Umgebung, nach dem Mittagessen Ruhezeit, nachmittags schließlich im Ort noch ein Spaziergang, Abendessen, gemütlicher Abschluss in der Gruppe… Und doch: Für die Reisegruppe mit Silke, Morat, Eugen und die anderen aus Fulda ist es ein großes Abenteuer, auf das sich alle bereits ein halbes Jahr im Voraus freuen, bis es endlich losgeht - die Rhön-Freizeit der Tagesförderung von schwerstbehinderten Menschen.
Bei dieser Tagesförderung handelt es sich um den sogenannten Förder- und Betreuungsbereich der Caritas Behindertenhilfe für Menschen mit erheblichen Einschränkungen, um diesen Menschen neben dem Wohnen in der Familie gemäß dem "Zwei Milieu Prinzip einen zweiten Lebensraum anzubieten. Vor drei Jahren hatte das für dieses Aufgabenfeld zuständige Team der Fuldaer Behindertenhilfe erstmalig einen Drei-Tage-Ausflug in das rund 25 Kilometer von Fulda entfernte Mahlerts, gewagt, einem kleinen Mittelgebirgsörtchen nicht weit von der höchsten Erhebung der Rhön, der Wasserkuppe. Die dortige Jugendbildungsstätte, das Rhön-Haus Mahlerts, ist behindertengerecht und bietet die nötige Abgeschiedenheit, um auch die wichtigen Ruhephasen für die Menschen mit umfassenden Behinderungen zu gewährleisten, die in solchen Ausnahmesituationen wie einer Ferienfreizeit zur Regeneration der Beteiligten immer wieder erforderlich sind.
In ganz verschiedener Hinsicht war es für alle eine Rechnung mit vielen Unbekannten: Wie kommen die Reiseteilnehmer mit der für sie fremden Umgebung klar? Wie funktioniert die Gruppe, wenn sie tagelang zusammen bleibt statt wie gewohnt allabendlich auseinander zu gehen? Wie ist das mit Schlafen in fremden Zimmern und Betten? Last but not least war es auch für Eltern der Menschen mit Behinderung eine echte Herausforderung, diese womöglich erstmalig im Leben aus ihrer Obhut ziehen zu lassen.
Um es kurz zu machen: Das Experiment war gelungen, Mitreisende, Angehörige, auch das Team der Betreuer waren begeistert, wie gut der Ausflug gelaufen war. Getragen von dem gemeinsamen Erlebnis beschloss man, zukünftig alljährlich ein solches Freizeitangebot zu machen und die Fahrt auf eine Woche auszudehnen. Intention der Rhön-Freizeit ist dabei neben dem gemeinsamen Erlebnis für die Gruppe, den Alltag zu bestehen und eine schöne Zeit zu haben, erklärtermaßen auch der Zweck der Familienentlastung: Viele Eltern pflegen und betreuen ihre erwachsenen Kindern mit Behinderung rund ums Jahr ohne Pause. Die Freizeitwoche der Tagesförderung bietet ihnen die Möglichkeit, sich sorglos einmal um eigene Belange zu kümmern.
Das Wetter spielte diesmal hervorragend mit, und dementsprechend nutzten die Fuldaer Rhönurlauber die Aufenthaltstage intensiv für ihre Ausflüge und Wanderungen. So besuchte man etwa den Ulmenstein bei Hofaschenbach, machte eine Busrundfahrt durch die Hochrhön und schaute beim "Rhöner Dom" in Schwarzbach und im dortigen Antik-Cafe vorbei.
Höhepunkt der Freizeit im wahrsten Sinne des Wortes war der Besuch auf der Wasserkuppe, der höchsten Erhebung der Rhön, wo sich die Gruppe aus Fulda vor allem für den Segelflugbetrieb begeistern konnte. Kleine Wanderungen zu Zielen rund um Mahlerts rundeten das Programm ab. Ganz klar, auch 2012 wird es wohl wieder einen solchen Rhön-Aufenthalt der Tagesfördergruppe geben…
Autor
Christian Scharf
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