Kampf gegen sexuellen Missbrauch bei Kindern
Kinder, die in Heimen oder Internaten leben, sollen künftig besser vor sexuellem Missbrauch geschützt werden. Im Auftrag der DGfPI (Deutsche Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung) werden bis 2014 Mitarbeiter solcher Einrichtungen umfassend geschult und beraten. In der Region Ruhrgebiet, Rheinland und Sauerland übernimmt die Bochumer Caritas-Beratungsstelle "Neue Wege" diese Aufgabe.
Dass dringend Handlungsbedarf besteht, wurde nicht zuletzt im aktuellen Bericht der Bundesbeauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern deutlich. Danach sind 32 Prozent der Opfer, die sich an die telefonische Anlaufstelle der Bundesbeauftragten gewandt haben, in Institutionen der Kirche oder anderen Verbänden missbraucht worden. Was dabei besonders schockiert, ist die Tatsache, dass die Vielzahl der Fälle über Jahrzehnte nicht aufgedeckt und erst durch die Enthüllungen im letzten Jahr öffentlich wurde.
Das soll sich jetzt mit der bundesweiten Fortbildungsinitiative, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, ändern: Neben der Erarbeitung verbindlicher Verfahren bei vermuteten oder erwiesenen Fällen von sexueller Gewalt geht es auch darum, in den Einrichtungen Strukturen zu schaffen, die Missbrauch verhindern oder zumindest erschweren. "Um Kinder zu schützen und Gefährdungen zu erkennen, benötigen die Mitarbeiter ein umfassendes Wissen über sexualisierte Gewalt. Aber auch grundlegende Haltungen wie Wertschätzung und Achtung, Transparenz und Offenheit, Mitbestimmung und Partizipation spielen eine bedeutende Rolle", erklärt Werner Meyer-Deters, Mitarbeiter von "Neue Wege" und Beauftragter für das Bundesmodellprojekt.
Vor allem müssen Kinder die Möglichkeit haben, sich jemandem anzuvertrauen und von dem Erlebten zu berichten. "Neue Wege"-Leiterin Monika Bormann weiß aus Erfahrung: "Für Missbrauchsopfer ist es das Schlimmste, wenn ihnen nicht zugehört wird oder die Umwelt abweisend reagiert." Genauso fatal ist es, wenn Kollegen bei Verdachtsmomenten wegsehen und nicht eingreifen. "Die Mitarbeiter müssen lernen, irritierende Wahrnehmungen offen anzusprechen", sagt Meyer-Deters.
22 Anfragen von Kinderheimen
Geht neue Wege: Werner Meyer-Deters.Annette Borgstedt
Dem Diplom-Sozialpädagogen liegen inzwischen 22 Anfragen von Kinderheimen aus NRW vor, die von dem Fortbildungsangebot Gebrauch machen möchten. In einem Erstgespräch mit den Leitungen erfolgt vor Ort zunächst eine Bestandsaufnahme zur Organisation der Einrichtung, über Erfahrungen im Umgang mit sexuellem Missbrauch und die Erwartungen der Beteiligten. Die eigentliche Schulung umfasst acht bis zehn, für die die Einrichtungen einen Eigenteil von 100 Euro pro Tag erbringen müssen.
Info: "Neue Wege": Tel. 0234/30705-19
E-Mail: werner.meyer-deters@caritas-bochum.de