Zuhause angekommen
"Sein Weg wäre ohne uns anders verlaufen", sagt Lieselotte Joede, Vorsitzende der Caritas-Konferenz St. Marien in Herne-Eickel. Die Rede ist von Antony Jeyakumar, der vor mehr als 30 Jahren als jugendlicher Flüchtling aus Sri Lanka nach Deutschland kam. "Schon damals haben wir ihn begleitet und gefördert", so Frau Joede. "Unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt, weil er sehr musikalisch ist. Neulich ist er bei unserem Seniorenfest aufgetreten. Dabei hat er sich in bewegenden Worten bei uns bedankt."
Antony Jeyakumar war 18 Jahre alt, als er 1985 seine Heimat verlassen musste und in Deutschland um Asyl bat. Heute nennt er Deutschland seine Heimat. "Aber ohne die Hilfe der Caritas und vieler ehrenamtlicher Helfer aus dem kirchlichen Umfeld wäre ich kaum so schnell in Deutschland angekommen", sagt er.
Ankommen, das ist ein Begriff, der für Antony Jeyakumar mehr als eine geografische Bedeutung hat. "Ankommen, das bedeutet für mich, ein Teil der Gesellschaft geworden zu sein, die mich aufgenommen hat. Was aber nur möglich gewesen ist, weil es Menschen gab, die mir zur Seite standen. Allein die Behördengänge! Wie hätte ich die ohne diese Hilfe bewältigen sollen?" Ansprechpartner waren für ihn in dieser Zeit die Caritas-Konferenz und die Kirchengemeinde St. Marien, über die er einen Sprachkurs an der Bochumer Ruhr-Uni erhielt. Ein Glücksfall für ihn, denn: "Der Kurs richtete sich an Studenten, die in Deutschland studieren wollten", schmunzelt er, "und er war sehr anspruchsvoll."
Ein Tiefschlag für den seinerzeit jungen Mann: "Mein Traum war es, Medizin zu studieren, doch mein Abitur ist in Deutschland nicht anerkannt worden." Sri Lanka wollte er eigentlich nicht verlassen, erinnert er sich. Seit 1983 herrschte Bürgerkrieg in seinem Land. Tamilische Separatisten kämpften für einen eigenen Staat. Antony Jeyakumar, selbst Tamile, verabscheute den Krieg. Dennoch kam er ins Gefängnis: "Ich habe mit Freunden Menschenrechtsverletzungen der Armee dokumentiert, und wir haben Fotos an Amnesty International geschickt. Wir wollten, dass der Wahnsinn endet und wir wieder friedlich zusammenleben." Doch nach seiner Verhaftung hatten seine Eltern Angst um ihn - und organisierten ohne sein Wissen seine Flucht. Von neun Kindern leben heute nur noch seine beiden ältesten Geschwister auf der Insel. "Wir anderen sind über die ganze Welt verstreut."
Die Kirche spielte für Antony Jeyakumar als Angehöriger der katholischen Minderheit unter den mehrheitlich hinduistischen Tamilen eine zentrale Rolle für die Integration. Über die Vinzenz-Konferenz seiner Gemeinde lernte Friedrich Dormann und dessen Frau Maria Bender-Dormann kennen, zwei Gemeindemitglieder, die er heute als seine deutschen Eltern bezeichnet. "Sie haben mir ganz persönlich das Gefühl gegeben, willkommen zu sein."
Persönliche Beziehungen sind für ihn das A und O einer Integration. Nachdem er die deutsche Mittlere Reife erworben hatte, begann er eine Krankenpflegerausbildung. Heute arbeitet er im Marienhospital Wattenscheid. Er hat Hendravathani geheiratet. Und dann ist da sein Sohn Nahulan-David (16), mit dem Antony Jeyakumar regelmäßig Klavier- und Keyboard-Konzerte in Senioreneinrichtungen gibt. Dazu ist er auch über die Caritas gekommen. "Damit kann ich zumindest ideell ein bisschen von dem zurückgeben, was ich bekommen habe."