Jugendliche entdecken die Freude am Anderssein und machen ein Buch
Vier Jungs, drei Flaggen, drei Fotos, drei kurze Texte: Mit einer Collage erzählen Yigit (13) aus der Türkei und Said (12) aus Syrien, auf welch unterschiedliche Weise sich Menschen in der Türkei, in Syrien und in Deutschland begrüßen. Sie umarmen sich, sie küssen sich auf die Wange, sie geben sich die Hand. Für ihre Fotos haben Yigit und Said als "Models" die syrischen Brüder Mohamad (17) und Mustafa (16) gewinnen können.
Ankommen und Kennenlernen, Liebe und Freundschaft, Spaß und Freude, Hobbies und Tradition - es sind ganz unterschiedliche Themen, mit denen sich die Zwölf- bis 18-Jährigen beschäftigt haben. Eine Woche lang kamen 18 Jugendliche in den vergangenen Herbstferien im BürgerBüro Breyell des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen zusammen. "Sie nutzten die Möglichkeit, unser Zusammenleben aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszufinden und Freude am Anderssein und der kulturellen Vielfalt zu bekommen", berichtet Manuela Nazemi, die Leiterin des Bürgerbüros.
Kinda (14) kommt aus Syrien, sie hat ein Foto aus Aleppo auf ein Blatt geklebt, in dessen Ecken sie Herzen gemalt hat. Am Rand des Bildes ist ein Haus zu erkennen, ein Pfeil zeigt darauf. "Unsere Wohnung Aleppo / zerstört", hat Kinda dazu geschrieben. Ihr ist eine traurige Gemeinsamkeit zwischen ihrer neuen und ihrer alten Heimat aufgefallen: Vor Jahrzehnten herrschte in Deutschland Krieg, heute in Syrien. Anastasia aus Russland zeigt das Peace-Zeichen, und Ahmed aus Syrien hat ein Foto vom "Majestic" in Nettetal-Breyell mitgebracht. Das frühere Hotel wird heute als Flüchtlingsunterkunft genutzt. "Da wohne ich", hat Ahmed geschrieben - und: "Wir können da nicht so gut wohnen. 3 Leute in ein Zimmer."
Spannende Fragen leiteten die Jugendlichen: Was wissen wir voneinander, was fällt uns auf und was wollen wir gerne vom Anderen erfahren? Gibt es Berührungspunkte und Ähnlichkeiten? Kommen wir miteinander aus? Während der gemeinsam verbrachten Tage konnten die Teilnehmer einander direkt fragen, sich kennen lernen und austauschen. "Die jungen Leute gingen sehr offen aufeinander zu, es war lebendig, bewegend, interessant, manchmal traurig und oft lustig, und wir haben viel miteinander gelacht", erzählt Manuela Nazemi.
Melisa (12), Berfin (13) und Gizem (18) aus der Türkei haben einen Comic über türkische Feste gezeichnet und getextet. Sie zeigen, wie ein Kind die Hand eines Erwachsenen küsst - das ist so üblich. Die Kinder bekommen Süßigkeiten und Geld. "Man verbringt mit der Familie eine schöne Zeit. Bis zu 3 Tagen gehen die Feste", schreiben die Mädchen.
Die Willicher Künstlerin Beate Krempe leitete das Projekt künstlerisch, unterstützt vom kurdischen Künstler Waleed Ibrahim. Das Team hatte ein Jahr zuvor bereits das weithin beachtete "Kulturfahnen-Projekt" durchgeführt, bei dem geflüchtete Kinder und Jugendliche ihre Erlebnisse und Erfahrungen kreativ verarbeiteten. Auch "Einfach anders." war ein Projekt der LAG Kunst&Medien NRW e.V. (Veranstalter) in Kooperation mit dem BürgerBüro Breyell und gefördert durch das Ministerium für Frauen, Familie, Flüchtlinge und Integration NRW. Die Jugendlichen nahmen zwei Erkenntnisse mit: Sie sind gar nicht so unterschiedlich. Und wo sie es sind, geht es nicht darum, was besser und schlechter ist. Sondern lediglich um "einfach anders".
Info und Kontakt:
Das im Kulturprojekt entstandene Jugendbuch mit den Beiträgen der Teilnehmer ist im BürgerBüro Breyell des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen erhältlich. Telefon 02153 975235, bbb@caritas-viersen.de