Nardini-Preis für „Elisas Frauencafe“
Heute musste ich mich abhetzen", keucht Heike Didwißus, 38, während sie sich eine Tasse Kaffee einschenkt. Die Mutter dreier Kinder kommt seit Beginn regelmäßig in "Elisas Frauencafé" in Annweiler. Schnell ist sie mit Maria Johann ins Gespräch vertieft: über die Mutter, um die sie sich kümmert und die viel Aufmerksamkeit braucht, die Sorgen um die Finanzen und die Schwierigkeiten, die die Söhne früher in der Schule hatten. Stolz ist sie, dass sich die beiden heute gut entwickeln. "Das Frauencafé ist mein einziger Luxus", stellt Heike Didwißus klar. Sonst sei sie wegen der Arbeit und der Kinder dauernd unterwegs.
Jeden Dienstag geöffnet
Jeden Dienstag (außer in den Ferien) sind die beiden Ehrenamtlichen Barbara Später und Anita Junker - unterstützt durch Mitarbeiterinnen des Jugendamtes und des Caritas-Zentrums Landau - von 9.30 bis 11.30 Uhr im Pfarrheim von Annweiler für Frauen aus dem Ort und der Umgebung da. Begegnung, einfache Bildungsangebote, Vermittlung von Hilfen und Vernetzung sind die Ziele des Projekts, das seit Herbst 2010 existiert. Damit bietet die Gruppe ein Angebot, das es bisher im ländlichen Raum noch nicht gab.
Der neue Weg, Menschen zusammenzuführen und Hilfe anzubieten, wurde jetzt mit dem Nardini-Preis 2011 belohnt, der in diesem Jahr zum zweiten Mal durch den Caritasverband der Diözese Speyer verliehen wird. Die Verleihung erfolgt am 19. November beim Caritastag der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Germersheim und ist mit einem Geldpreis in Höhe von 1000 Euro dotiert.
Das "Frauencafé Elisas" wurde nach der Elisabethenstraße benannt, die hinter der katholischen Kirche verläuft, in der sich das Pfarrzentrum der Gemeinde befindet. Hintergrund der regelmäßig offenen Anlaufstelle ist die Feststellung, dass viele Hilfs- und Bildungsangebote für Frauen und Familien nur in der elf Kilometer entfernten größeren Stadt Landau zu finden sind. Mit dem Frauencafé sollte ein Angebot im ländlichen Raum verortet werden. Regina Bachor vom Caritas-Zentrum Landau hat das den Treff mit aus der Taufe gehoben. "Es geht darum, das Lernen als etwas Positives wahrzunehmen", erklärt sie das pädagogische Prinzip. Dabei bestimmen die Frauen die Inhalte selbst. Das Grundprinzip sei die Selbstbefähigung.
Gemütliche Atmosphäre
Einer großen Vorbereitung bedarf es dabei nicht. Benötigt werden im Jugendzimmer im Untergeschoss des Annweiler Pfarrheims lediglich ein liebevoll gedeckter und dekorierter Tisch, Kaffee in der Thermoskanne sowie Materialien zu Angeboten der Caritas, des Jugendamtes und der Kirche. Diese gemütliche Atmosphäre ist der geeignete Rahmen für Gespräche, die Ablenkung von Alltagssorgen, das Aus- und Entspannen, des Redens und zwanglosen Austauschs. "Und immer die Frage: ,Wollt Ihr etwas tun?’ Denn unsere Arbeit basiert strickt auf Freiwilligkeit", so Barbara Später. Die 65-jährige Vorsitzende des Caritasausschusses der Pfarrei St. Josef in Annweiler ist die ehrenamtliche Ansprechpartnerin und Motor des Frauencafés. "Es entstehen Kontakte, die den Frauen das Leben leichter machen", nennt sie den Vorteil.
Anita Junker, 68, ist ebenfalls seit dem ersten Tag dabei. "Es gibt so viele Leute, die Hilfe brauchen ihren Alltag zu regeln, und da kann ich mit meinen Erfahrungen etwas beitragen", erklärt die Ehrenamtliche, die auch sonst in der Gemeinde stark aktiv ist, den Hintergrund für ihr Engagement. Maria Johann ist die dritte im Team. Die 55-jährige Verwaltungsangestellte im Caritas-Zentrum Landau vermittelt durch ihre guten Kenntnisse der Caritas und anderer Netzwerke die Hilfen, die notwendig sind. Schon so manche Frau hat ihr bei einem persönlichen Gespräch im Nebenraum das Herz ausgeschüttet. Hedi Feindel, 59, ist die Kreative. Vom Jugendamt der Stadt Landau erhält sie finanzielle Mittel, um verschiedene Bastelarbeiten anbieten zu können, etwa die Gestaltung festlicher Karten oder Adventskalender sowie Verpackungen für Geschenke.
Die Frauen, die das Café besuchen, sind zwischen 30 und 45 Jahre alt und haben zum großen Teil drei oder mehr Kinder. Häufig müssen sie und ihre Familie verschiedenste Schwierigkeiten bewältigen. Berufliche Unsicherheit des Partners, kranke Eltern, psychische Probleme oder verhaltensauffällige Kinder sind nur einige Beispiele, wie das Team berichtet.
Jeder Vormittag ist anders
Jeder Dienstagvormittag gestaltet sich anders: Zwar erarbeitet das Organisationsteam einen Plan mit Aktivitäten, der aber nicht immer umgesetzt werden kann."Denn manchmal sind die Frauen so eingespannt, dass sie sich am wohlsten fühlen, wenn wir uns hinsetzen und einfach nur reden", weiß Barbara Später.
Wird ein Bildungsangebot gewünscht, so organisieren die Verantwortlichen die Referenten, etwa zum Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS). Eine Ernährungsberaterin der AOK ist für den 29. November eingeplant. Gerne erinnern sich alle Beteiligten an einen Vormittag mit meditativem Tanz oder an den Ausflug zur ehemaligen Landesgartenschau nach Kaiserslautern. Stolz ist das Team auch darauf, dass die nach dem Rezept von Heidi Feindel im gemeinsamen Kochkurs hergestellten Dampfnudeln noch regelmäßig in den Familien nachgekocht und sogar durch Kinder und Ehemänner ausdrücklich verlangt werden.
Dass den Frauen das Frauencafé ans Herz gewachsen ist, zeigt sich etwa daran, dass sie Karten, Geschenkkartons, Behälter und mit Serviettentechnik verzierte Blumentöpfe liebevoll herstellten, um sie beim ökumenischen Pfingstfest im vergangenen Juni in der Stadt anbieten und verkaufen zu können. Mit dem Erlös von 140 Euro wurden ein gemeinsamer Ausflug und Material für die Arbeit finanziert. Und es gibt weitere Hilfe zur Selbsthilfe: Eine Frau suchte nach Möglichkeiten, sich und ihre vier Kinder günstig einzukleiden. Deshalb wies Barbara Später die vierfache Mutter auf die Kleiderkammer der Verbandsgemeinde mit ihrem großen Angebot hin. Ein anderes Mal konnte über die Caritaszentrale ein Rechtsanwalt vermittelt werden.
Die Auszeichnung mit dem Nardini-Preis empfinden alle Beteiligten als große Anerkennung für die Arbeit. Gleichzeitig wünschen sie sich weitere Aktive, die bereit sind, sich und ihre Zeit einzubringen. Die anderen Wünsche sind bescheiden: ein eigener Schrank für Materialien, eine Heißklebepistole, Bastelmaterialien. Da ist auch das Preisgeld sehr willkommen, da alle Angebote kostenlos sind.
Katja Hein
Kontakt: Elisas Frauencafé, jeden Dienstag von 9.30 bis 11.30 Uhr im katholischen Pfarrheim (Elisabethenstraße 4) in Annweiler, Telefon 06341/935511 oder 06346/7451.
Der Nardini-Preis für innovative Ideen
Der Caritasverband für die Diözese Speyer würdigt seit 2010 mit dem Nardini-Preis das Engagement ehrenamtlich tätiger Gruppen, die in ihrer Pfarrgemeinde oder in Zusammenarbeit mit kirchlich-caritativen Einrichtungen neue Wege gehen, um Menschen in Not zu helfen.
Insgesamt sieben Gruppen hatten sich in diesem Jahr um den Nardini-Preis beworben oder wurden dafür vorgeschlagen. Den Preisträger wählte eine Jury aus.