„Jedes Kind hat ein recht zu spielen"
zweieinhalb Millionen Kinder weltweit hatten die Wahl: 2012 entschied sich die Mehrheit von ihnen, der langjährigen Caritas-Partnerin Anna Mollel den Weltkinderpreis zu verleihen, der auch als Kindernobelpreis bekannt ist. Der Besuch von Anna Mollel in Deutschland war einer der Höhepunkte der CBP-Kampagne
"du • ich • wir ... miteinander sein".
Zehn Tage lang war Anna Mollel in Deutschland unterwegs, besuchte Regensburg, München, Würzburg, Schwäbisch Gmünd, Köln und Berlin. Den Weltkinderpreis erhielt die heute 61-Jährige für ihr Engagement für Kinder mit Behinderung in armen ländlichen Regionen im Norden Tansanias. Den Preis, der mit 100 000 US-Dollar dotiert ist und von der Organisation "Children’s World" vergeben wird, überreichte ihr 2012 die schwedische Königin.
Das Recht, draußen zu spielen
Unter anderem bei einer Podiumsdiskussion in der Katholischen Akademie in Berlin berichtete Anna Mollel aus ihrem Leben und von ihrem Einsatz. Schon mit sechs Jahren sei ihr klargeworden, wie schwierig das Leben für Kinder mit Behinderung in der Gesellschaft ihres Massai-Volkes in Tansania ist. Auf dem Weg zum Spielen hörte sie einmal eine Stimme aus dem Inneren eines Hauses. Als sie eine ihrer Spielkameradinnen danach fragte, hörte sie von dem Mädchen Naurei, dem es nicht erlaubt sei, draußen zu spielen, weil sie nicht "normal" sei wie die anderen Kinder. "Ich wusste noch nichts über Behinderung, was ich aber wusste, war, dass sie ein Kind ist wie wir auch und dass sie ein Recht zu spielen hat", erzählte Anna Mollel.
Sie absolvierte die Realschule - ungewöhnlich für ein Massai-Mädchen, das normalerweise mit zwölf Jahren verheiratet wird -, wurde Krankenschwester und begann 1990 in dem Behindertenzentrum "Huduma ya Walemavu" der Diözese Arusha zu arbeiten. Sie startete dort die Aufklärungsarbeit über Behinderungen in der Massai-Bevölkerung. Ein Team von Mitarbeitern fährt seither von Dorf zu Dorf, schult die Heiler und Hebammen, spricht mit den Familien der Behinderten, klärt auf und unterrichtet in Diagnostik und Pflege. Von 2000 bis 2008 war Mollel Leiterin
des Projekts, das seit 1996 von Caritas international, dem Hilfswerk der deutschen Caritas, gefördert wird. 12 500 Kindern der Massai konnte seit 1990 geholfen werden.
Sparen für neue Toiletten
Anna Mollel engagierte sich aber auch nach ihrer Pensionierung 2009 weiterhin ehrenamtlich für Menschen mit Behinderung. Angestoßen durch die Anfrage eines behinderten Jungen aus ihrem Dorf, ob sie ihn nicht lesen und schreiben lehren könne, gründete sie in kleinen Räumen eine inklusive Schule. Dazu konnte sie Lehrer gewinnen, die sie auf ehrenamtlicher Basis unterstützten. "Viele Kinder in meiner Schule sind Waisenkinder oder kommen aus armen Familien", berichtete Anna Mollel. Manche Eltern seien mit HIV infiziert und könnten keine Schuluniformen und Bücher kaufen oder auch nur für die Ernährung ihrer Kinder sorgen. Deshalb gründete sie eine kleine Nähschule, wo Schals - sogenannte "Vikoi" - hergestellt werden. Den Verkaufserlös nutzt sie zur Unterstützung der Kinder. Auch das Preisgeld des Weltkinderpreises setzte sie ein: für größere Klassen und neue Toiletten in ihrer Schule. "Die Toiletten sind allerdings bisher noch nicht fertig, weil das Geld nicht ganz gereicht hat", erzählte sie mit entwaffnender Offenheit.