Sieht Pflege bald alt aus?
Unter dem demographischen Wandel wird üblicherweise eine Veränderung des altersmäßigen Aufbaus der Bevölkerung verstanden, bei der die Zahl alter Menschen die der jungen Menschen übertrifft. Dieser ist in Deutschland besonders deutlich: Hier nimmt einerseits die Lebenserwartung zu und übersteigt andererseits die Zahl der Todesfälle die Zahl der Geburten. Das ist der sogenannte doppelte Alterungsprozess. Lag das Durchschnittsalter für Frauen im Jahr 2009 bei rund 84 Jahren, so wird es im Jahr 2050 bei über 88 liegen. Bei Männern steigt das Durchschnittsalter von gut 80 im Jahr 2009 auf knapp 84 im Jahr 2050. Damit verbunden ist gleichzeitig die Zunahme der Hochaltrigen. Gab es im Jahr 1950 keine hundertjährigen Menschen, so wird es im Jahr 2050 rund 50.000 in diesem hohen Alter geben. Gleichzeitig stagniert die Geburtenzahl seit den Achtzigerjahren bei 1,4 Geburten pro Frau.
Für den Landkreis Neumarkt ergibt die Bevölkerungsvorausberechnung einen Rückgang der Bevölkerung bis zu 7,5 Prozent. Den stärksten Rückgang in Bayern wird es in Oberfranken geben. Für die neuen Bundesländer wird zum Teil ein Bevölkerungsrückgang von über zehn Prozent vorausgesagt. Schaut man sich das Verhältnis der Erwerbstätigen zu den über 65-jährigen Nichterwerbstätigen im Landkreis Neumarkt an, gibt es bis zum Jahr 2031 einen Zuwachs von über 40 Prozent der Nichterwerbstätigen.Wenn sich das Rentenalter erhöht, verschiebt sich lediglich der Zeitpunkt, aber nicht die Tatsache selbst.
Arbeitsmarkt Pflege
Die Zahl der Pflegefälle steigt bis zum Jahr 2050 in der Bundesrepublik auf über vier Millionen Menschen. Sie verdoppelt sich also in etwa.
Zurzeit arbeiten im Landkreis Neumarkt in den Caritas-Seniorenheimen rund 230 Pflegekräfte und in der Caritas-Sozialstation etwa 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den Caritas-Seniorenheimen entspricht die Altersstruktur der Pflegekräfte dem bundesweiten Durchschnitt: Die Altersgruppe der 48- jährigen bis 52-jährigen ist die größte, die der 23-jährigen bis 28-jährigen die kleinste Gruppe der Mitarbeiterschaft. Die besondere Problematik ist: Ausgerechnet wenn also im Jahr 2030 die größte Gruppe der Mitarbeitenden in Rente geht, ist neben der Nachbesetzung dieser Pflegekräfte auch ein erhöhter Bedarf an diesen erforderlich. Denn bis zum Jahr 2030 wird der Bedarf bereits um 50 Prozent erhöht sein. Dies wird die Einrichtungen in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen.
Derzeit werden in Deutschland 30 Prozent der Pflegebedürftigen von professionellen Pflegekräften versorgt, 70 Prozent von pflegenden Angehörigen. Diese sind Ehepartner, leibliche Kinder und Schwiegertöchter. Der überwiegende Teil der Pflegenden ist weiblich. Doch die pflegenden Angehörigen werden in den kommenden Jahren nur unterproportional steigen. Wie in anderen Regionen wird im Landkreis Neumarkt der Mangel an pflegenden Angehörigen noch durch den zu erwartenden Bevölkerungsrückgang verstärkt.
Schaut man sich den Pflegemarkt an, so kann von einem Beschäftigungsmotor für die Region gesprochen werden. Der Bedarf an Pflegekräften wird kontinuierlich steigen. Eine Tätigkeit im Pflegebereich ist krisensicher mit einer guten langfristigen beruflichen Perspektive. Die Caritas möchte aber nicht nur genügend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, sondern mit ihnen auch eine qualitativ hochwertige Pflege im christlichen Geist leisten. Dazu bedarf es nicht nur eigener Anstrengungen, sondern auch guter Rahmenbedingungen.
Diese müssen durch die Politik, aber auch durch die Gesellschaft verbessert werden. Die Bundesregierung hat sich mit ihrer Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive sehr ehrenwerte Ziele gesteckt. Geplant ist eine Erhöhung der Attraktivität des Pflegesektors, bessere Bezahlung, mehr Familienfreundlichkeit für Pflegekräfte, verstärkte Förderung von Ausbildung und Umschulungen. Allerdings sind dies Forderungen, die mittlerweile schon einen "langen Bart" haben. Viele haben kein Vertrauen mehr in solche schönen "Sonntagsreden".
Selbst mehrere Initiativen ergriffen
Der Caritasverband für die Diözese Eichstätt hat nun selbst mehrere Initiativen ergriffen. Ein Ziel ist es, in den nächsten Jahren verstärkt auszubilden: konkret die Anzahl der Auszubildenden in fünf Jahren zu verdoppeln. Im Landkreis Neumarkt bilden zurzeit die fünf Seniorenheime insgesamt 22 junge Menschen in der Pflege aus. Auch hier wollen wir mehr junge Leute gewinnen. Ein anderes Ziel ist, Pflegekräfte länger an die Einrichtungen zu binden. Im Landkreis Neumarkt liegt bei der Caritas die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit bei den Pflegefachkräften bei rund zehn Jahren, bei den Pflegehelfern bei knapp acht Jahren. Das liegt immerhin etwas über dem bundesweiten Durchschnitt. Im Einzelnen variiert die Verweildauer von Seniorenheim zu Seniorenheim.
Im Landkreis Neumarkt soll in den Seniorenheimen die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit zumindest gehalten oder möglichst natürlich erhöht werden, um den wachsenden Bedarf sicherzustellen.
Das Schreckgespenst des demographischen Wandels entsteht, wenn die jetzige Pflege nicht verändert wird. Wir tun so, als ob die heutige Pflegesituation auf die Zukunft projiziert werden könnte. Dann wird es allerdings für die zunehmende Zahl der Pflegebedürftigen nicht mehr genügend Pflegekräfte geben.
Sämtliche Konzepte und Planungen müssen die erwarteten demografischen Änderungen berücksichtigen. Deren konkrete Auswirkungen lassen sich für die eigene Region zumindest mittelfristig relativ genau umreißen. Dann kann aus dem Schreckgespenst eine große Chance für die Versorgung der Pflegebedürftigen im Landkreis Neumarkt und in den Caritas-Einrichtungen werden.
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