Seniorenberatung vor Ort
Mit dem Fahrrad am Kanal entlang aus der Stadt heraus in den Stadtteil Moisling im Lübecker Westen: es begegnen einem Nordic-Walker, Menschen mit Hunden und wilde Kaninchen. Die Hochhäuser sehen in der Morgensonne fast malerisch aus. Moisling entstand in den 60er Jahren. Der Stadtteil wird dominiert von Mehrgeschossbauten, zumeist Sozialwohnungen. Hausbesuche im Rahmen der Beratungsarbeit zeigen die weniger malerischen Seiten.
Hier in Moisling geht der Caritasverband Lübeck neue Wege: nicht in der Innenstadt, sondern in einem "benachteiligten" Stadtteil wird das neue Caritasbüro eingerichtet. In einem Häuserblock, in einer ganz normalen Wohnung, entsteht ein neuer Anlaufpunkt. Einmal in der Woche bieten wir hier Beratung zu allen Fragen rund um das Leben im Alter an.
Im Caritasbüro
Es klingelt. Ein Mann steht draußen, er braucht dringend eine Luftpumpe, damit seine Freundin mit dem Rad zur Arbeit fahren kann. Später kommt eine junge Frau vorbei. Sie hat das Schild "Caritas" gelesen und erkundigt sich nach der Schwangerenberatung. Eine ältere Dame kommt jeden Dienstag in die Sprechstunde. Mit der Post "vom Amt" kann sie nichts anfangen. Sie kann sie aufgrund ihrer Sehbeeinträchtigung nicht lesen, der Inhalt ist für sie unverständlich. Wir beantragen ein Bildschirmlesegerät, können ihren Anspruch auf Landesblindengeld durchsetzen.
Im Gespräch
Beim Seniorenkaffee in der Kirchengemeinde stellt sich die Seniorenberatung vor. Drängende Themen: reicht heute noch die "Generalvollmacht"? Die Vorlagen im Internet zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind seitenlang und unverständlich. Wir nehmen Kontakt zum Betreuungsverein auf und organisieren einen Vortrag zum Thema.
Alter ist Veränderung. Mobilität, Finanzen, soziale Kontakte werden weniger. "Früher waren wir mal 15 bis 20 Teilnehmer in der Seniorengruppe, aber allein letztes Jahr sind drei gestorben. Uns fehlt der jüngere Nachwuchs." Dabei ist die Alltagsgestaltung wichtig für ältere Menschen. Sie gibt dem Tag eine Struktur und motiviert, die Wohnung zu verlassen. Nur so bleibt man körperlich und geistig in Bewegung.
Unser Angebot
Wir übernehmen eine orientierende und begleitende Rolle. Unsere Beratung richtet sich an jedermann, egal welcher Herkunft, Glaubensrichtung oder welchen Geschlechts. Wir beraten kostenlos. Wir sind bewusst in einen Stadtteil gegangen, in dem Menschen leben, für die Teilhabe erschwert ist. Mitglieder der katholischen Kirchengemeinden fühlen sich besonders bei der Caritas gut aufgehoben. Deshalb sind wir mittwochs im Caritashaus in der Innenstadt präsent und machen den Weg auch für alle anderen Lübecker kürzer.
Beratung und Begleitung setzen wir vernetzt im Hilfesystem um, suchen andere Akteure auf, um uns bekannt zu machen und um uns mit ihrem Angebot vertraut zu machen. "Was erwartet mich da?" wollen unsere Ratsuchenden wissen. Wir helfen, eine Behörde zu einer weiterführenden Beratung aufzusuchen, versuchen Ängste zu nehmen. Wir setzen auf niedrigschwellige Beratung: offene Sprechstunden zweimal pro Woche, aber eine offene Tür, wann immer wir Zeit haben, Termine nach Vereinbarung, Hausbesuche. Bestehende Seniorengruppen suchen wir auf. Ein offener Frühstückstreff ist geplant.
Im Caritas-Eck in der Innenstadt bieten wir eine Betreuungsgruppe an. Menschen mit Demenz und Ehrenamtliche verbringen den Nachmittag mit gemeinsamen Spielen, Singen, Bewegung und gemütlichem Austausch.
Unsere Haltung
Im Erzbistum Hamburg ist der Caritasverband Lübeck der erste Anbieter einer Seniorenberatung. Wir arbeiten an unserem spezifischen Beratungskonzept im Kontext unseres Verbandes und im Kontext der Hilfe- und Angebotswelt für ältere Menschen in Lübeck. Lübeck ist dafür ein guter Ort: die Stadt arbeitet mit dem ganzheitlichen Konzept "Leben und Wohnen im Alter". Hier bringen wir unser Angebot ein, in der Vernetzung mit den Anbietern und mit unserer eigenen Haltung, basierend auf dem christlichen Menschenbild.
"...klopft an, dann wird euch geöffnet."
Das Bekanntwerden und die Integration ins Hilfesystem waren die Schwerpunkte unserer Arbeit in den ersten Monaten. Viele Türen wurden uns aufgetan, an viele werden wir noch klopfen. Das erfordert Mut, genau wie das Bitten und Empfangen. Als sozialer Dienstleister und im Selbstverständnis eines Helfenden erwarten wir oft dieses Bitten und Empfangen von älteren Menschen. Wenn wir diese Haltung auch selbst annehmen können, werden wir uns auf Augenhöhe begegnen, Berührung schaffen, die heute oft schmerzlich vermisst wird, und ein voneinander Lernen zwischen den Generationen erleben.
Kontakt
Caritasverband Lübeck
Seniorenberatung
Katharina Silies, Tina Kobold
Telefon: 0451 54695541
seniorenberatung@caritasverband-luebeck.de
Online-Beratung zum Leben im Alter: www.caritas.de/onlineberatung