Kombination aus Suchen und Helfen am Wirksamsten
Eine Vorhersage, in welcher Familie oder wann es zu Gewalt gegen Kinder oder Vernachlässigung kommen wird, ist nicht möglich. Auch gelingt es durch die nach spektakulären Einzelfällen eingeführte Pflicht zur Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen und eine "qualilfizierte Meldepflicht" kaum, neue Fälle zu entdecken. Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut in München. Das Screening von Familien in Geburtskliniken in Kombination mit dem Angebot Früher Hilfen habe sich als beste Methode der Vorbeugung herausgestellt: "Damit lässt sich die Fallrate um ein Drittel senken". Allerdings ersetze dies keine vorbeugenden Angebote. Als Aufgabe der Caritas sieht Diözesancaritasdirektor Heinz-Josef Kessmann, entsprechende Hilfen für bekannte Risikomechanismen zu entwickeln. Die Diskussion lotete unter dem Titel "Das kontrollierte Kind" Möglichkeiten aber auch Grenzen des vorbeugenden Kinderschutzes in der Kinder- und Jugendhilfe aus.
Ein sensibles Vorgehen ist nach Ansicht Kessmanns notwendig, um Familien nicht zu stigmatisieren. Es stellten sich die Fragen nach der Freiwilligkeit der Jugendhilfe und der Einbindung der Familien in die Schutzkonzepte. Ziel aller Maßnahmen sei es auch nicht, "potentielle Misshandler" zu entdecken, "sondern die Familien zu finden, die am meisten von Unterstützungsangeboten profitieren würden", stellte Kindler klar. Notwendig seien vor allem auch eher längerfristige Hilfen gegen Vernachlässigung, denn das sei die häufigste Gefährdungsform.
Acht "Risikomechanismen" seien dafür bekannt. Häufigste Ursache sei, wenn Eltern in der eigenen Kindheit von Gewalt und Vernachlässigung betroffen gewesen seien und deshalb keine alternativen Erziehungsmethoden gelernt hätten beziehungsweise das Verhalten ihrer Kinder nicht richtig deuten könnten. Da könne beispielsweise ein Videotraining helfen.
Harald Westbeld