"Aufwind" gibt Zukunftsmut
Seit 2008 finden junge Menschen mit Sucht- oder Schuldenproblemen beim Pasewalker Projekt "Aufwind" in Vorpommern Hilfe. Jetzt wurde das Qualitätsmanagement der Caritas-Einrichtung vom TÜV erfolgreich zertifiziert. Doch die 21- bis fast 29-jährigen 18 Teilnehmer nachhaltig in Ausbildungsverhältnisse oder direkt in Arbeit zu vermitteln, gestaltet sich für Caritas-Leiter Alexander Liebisch und seine fünf Mitarbeiter in einer wirtschaftlich strukturschwachen Region mitunter schwierig.
Zum einen wird der organisatorische Aufwand immer größer. "Während wir anfangs für ein Jahr nur zwei Anträge stellen mussten, sind es zurzeit acht pro Teilnehmer", berichtet Alexander Liebisch. Zum anderen mache die Kürzung im Sozialbereich erhebliche Probleme. Zwar gebe es die Variante eines Ein-Euro-Jobs weiterhin, doch müssten zusätzliche Betreuungsmaßnahmen, die gerade für die Klienten des Projektes so wichtig sind, gesondert beantragt werden.
So auch bei Marcel Rautmann. Er gehört mit seinen 29 Jahren zu den ältesten Teilnehmern. Durch schweres Heben erlitt er einen Bandscheibenvorfall. Im Krankenhaus stellten die Ärzte zudem fest, dass eine seiner Nieren nicht mehr gut funktioniert. Jetzt versuchen die Caritas-Mitarbeiter für ihn eine geschützte Ausbildung in Berlin zu bekommen. "Ich würde gerne eine Ausbildung machen oder gleich arbeiten, aber alles Körperliche ist ja nicht mehr möglich", meint Marcel. Seiner Freundin Christin Schneider geht es ähnlich. Nach dem Abbruch einer Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau absolvierte sie ein Praktikum bei einem Discounter. Die 24-jährige erlitt schon mit 21 ebenfalls einen Bandscheibenvorfall. Nach zahlreichen Bewerbungsversuchen vermittelte sie ihr Fallmanager vom Jobcenter 2008 das erste Mal in das Jugendprojekt "Aufwind". Hier bekam sie Beschäftigungsmöglichkeiten in der Küche und in der Werkstatt, aber auch Unterstützung bei weiteren Bewerbungen. Der erste Vermittlungsversuch in eine Ausbildung scheiterte, jetzt ist sie seit Anfang des Jahres wieder beim Projekt. "Ich würde gerne eine Ausbildung als Bürokauffrau machen. Aber mit einem Hauptschulabschluss nimmt dich hier eh keiner", seufzt sie. Außerdem sei es mit Hartz IV als finanzielle Unterstützung kein wirkliches Leben, meint die 24-jährige.
"Manche wollen ganz intensiv unsere Unterstützung", bestätigt die sozialpädagogische Mitarbeiterin Candy Block. Andere hingegen sind schwer zu motivieren oder gar nicht zu erreichen. "Natürlich gibt es auch die, die zum Erstgespräch erscheinen und dann gleich einen Krankenschein einreichen, oder die, die sich in Hartz IV eingerichtet haben. Die erreichen wir gar nicht", gibt die Mitarbeiterin zu. Manchmal sei es dann notwendig, diese wieder aus dem Projekt heraus zu nehmen, damit jemand anderes eine Chance bekäme. Ein tägliches Ringen um Motivation sei es. "Aber wenn in der Gruppenbesprechung am Donnerstag uns die sieben Anwesenden je zehn Punkte für die vergangene Woche auf einer Zufriedenheitsskala von Null bis zehn geben, dann ist es ein Ansporn, gerade für die weiter zu machen", wendet die sozialpädagogische Mitarbeiterin ein.
Feste Tagesabläufe, Arbeit in der Küche, im Wald oder in der Werkstatt, Beratung und Betreuung bei Bewerbungen, enge Absprachen mit dem Pasewalker Jobcenter und Kooperationen mit Vereinen vor Ort, wie dem evangelischen "Brückenbauer"-Verein, machen den jungen Menschen Zukunftsmut: Christin Schneider arbeitet gerade an einem alten Puppenhaus für einen evangelischen Kindergarten. "Das fanden wir dort auf dem Dachboden, als wir diesen für die Ukrainehilfe zusammen mit den Brückenbauern ausräumten", berichtet die 24-jährige, die das Puppenhaus mit anderen Teilnehmern jetzt für die Kita wieder herrichtet. "Wenn das gut wird, dann sollen wir es sogar nochmal nachbauen", ergänzt ihr Freund Marcel Rautmann lächelnd.