„Heimat findet man auch im eigenen Beruf“
"Es ist egal wer ich bin, ich sehe, atme und fühle hier und jetzt. Jeder Mensch ist anders." Sahnaz Afroze aus Bangladesch schaut in ihr Publikum, lässt den letzten Satz wirken. Als sie sich gemeinsam mit ihren Schauspielkollegen verbeugt und begeisterter Applaus ertönt, hat auch Rosa Kroune eine Gänsehaut.
Seit Juli vergangenen Jahres hat die Theaterpädagogin die 16 Menschen auf der Bühne ehrenamtlich begleitet. Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind und hier ein neues und besseres Leben aufbauen wollen. Mit dem Theaterstück "Willkommen auf Planet Anders", half ihnen der Caritasverband für den Kreis Mettmann, nicht nur Deutsch zu lernen, sondern auch, ihre Erlebnisse zu verarbeiten und zu neuem Selbstbewusstsein zu gelangen. Rosa Kroune gab ihnen den Platz und die Zeit dafür. Zunächst vier Stunden in der Woche, dann zehn. "Da wächst man zusammen. Da zählt nicht nur die Geschichte auf der Bühne", sagt sie ergriffen. Geschichten hat die 37-jährige Theaterpädagogin, die selbst aus Russland kommt, in dieser Zeit viele gehört. Von Flucht, von Angst, vom Vermissen und der Hoffnung, hier ein besseres Leben zu finden.
Neben Theaterpädagogin Rosa Kroune begleitete auch Rosi Koch die Flüchtlinge ehrenamtlich. Sie brachte ihnen die die deutsche Sprache näher: "Unerlässlich für den Start in einer neuen Heimat." Auch Kirsten Berg setzte sich mit ganz praktischer Unterstützung dafür ein, dass nicht nur das gelingt, was auf der Bühne passiert, sondern auch das, was die Flüchtlinge im wahren Leben zu bewältigen haben: "Es ist etwas Wunderbares entstanden. Es war eine bewegende und berührende Zeit. Man hat so viele Charaktere und Lebensgeschichten kennengelernt. Hut ab, vor einer solchen Leistung!"
Das Theaterstück schrieben die Laienschauspieler selbst: Vier Menschen aus vier verschiedenen Erdteilen werden zum Planeten Anders gebeamt, als sie sich im selben Moment dieselbe Frage stellen. "Wer bin ich wirklich?" Eine Frage, mit der sich die Asylbewerber auch im wahren Leben beschäftigen müssen. "Bevor ich mit dem Theaterspielen begonnen habe, konnte ich kaum Deutsch und habe mich hier wie in einer anderen Welt gefühlt", erinnert sich Sahnaz Afroze aus Bangladesh. Warum? "Weil hier einfach alles anders ist." Die 26-jährige Studentin hofft, hier ihr Studium beenden zu können.
"Wir haben das Stück nicht aus Zufall Planet Anders genannt. Wir dachten anfangs alle, wir wären auf einem anderen Planeten", lacht Mahdie Mehrpouy. "Keine Sonne, eine ganz andere Kultur, die Menschen waren anders. Und es schien uns hier alles sehr friedlich." Die 31-Jährige studierte im Iran Ingenieurswesen. Heimat bedeutet für sie auch, einmal das beruflich machen zu können, was sie aus Überzeugung gelernt hat.
Noch liegen die Träume von Sahnaz Afroze und Mahdie Mehrpouy in weiter Ferne, denn während des Asylverfahrens können sie nicht weiter studieren, da eine Aufenthaltserlaubnis erforderlich ist. Theaterpädagogin Rosa Kroune drückt ihnen die Daumen. Auch sie hofft, irgendwann eine feste Anstellung als Theaterpädagogin zu bekommen. Die Arbeit mit den Flüchtlingen und die gemeinsame Hoffnung auf Selbstverwirklichung spornt sie an: "Heimat findet man auch im eigenen Beruf!"