Für Flüchtlinge unterwegs
Montag, 8.30 Uhr: Mit Caritas-Flüchtlingsberater Mathias Schmitt bin ich unterwegs nach Buxheim. Im Ortskern ist im Frühjahr ein Wohnhaus als Unterkunft für 16 Asylbewerber eröffnet worden. Es ist eine von mittlerweile zwölf Unterkünften in acht Orten, in denen Schmitt dezentrale Flüchtlingsberatung leistet.
Vor dem Haus treffen wir die dreijährige Sarah mit ihrem nigerianischen Vater Daniel N. und die Ehrenamtliche Bettina Roßmann. Schmitt begleitet sie am ersten Tag zum Kindergarten St. Michael. Der Vater ist nicht nur dafür dankbar, dass Sarah dort hingehen kann. „Wir sind auch froh über die Unterstützung der Ehrenamtlichen." Bettina Roßmann hat sich bereiterklärt, Sarah in nächster Zeit in den Kindergarten zu bringen und wieder abzuholen. „Wenn ich selbst Flüchtling wäre, würde ich mich auch freuen, wenn jemand für mich da ist", begründet die Buxheimerin, die selbst sieben Kinder hat, ihr Engagement. Das nigerianische Mädchen ist das erste Flüchtlingskind in der Einrichtung. „Da gibt es von unserer Seite keine Berührungsängste", erklärt Leiterin Christine Wasner.
Freude über Einladung zur Schule
10 Uhr: Auf dem Rückweg zur Unterkunft zeigt Sarahs Vater Schmitt einige Briefe. Dieser erläutert dem Flüchtling, wie er einen Antrag auf Befreiung der Rundfunkgebühren stellen kann und, dass das Jugendamt die Kindergartenkosten übernimmt. In der Unterkunft freuen sich zwei Asylbewerber, als der Caritasberater ihnen eine Erlaubnis zum Unterricht in der Eichstätter Berufsschule überreicht. Einer von ihnen ist der 24-jährige Daniel E. Für ihn bemüht sich Schmitt gerade um eine Therapie bei Refugio in München - einer Facheinrichtung für traumatisierte Flüchtlinge. Daniels Eltern wurden vor zwei Jahren in Nigeria aus politisch-religiösen Gründen ermordet, sein Vater durch eine Autobombe. "Auch mich wollten sie umbringen, doch Gott half mir", erzählt er. Mit seiner Schwester stieg er in Libyen in ein Boot. Das kenterte, so starb auch seine Schwester. Daniels Traum heute: "Ich will ein neues Leben beginnen und arbeiten."
Mit ihm und vier weiteren Flüchtlingen geht Mathias Schmitt zum Gemeindeamt, um ihnen "Ein-Eurojobs" zu vermitteln. Diese ermöglichen den Asylbewerbern zumindest schon einmal eine Beschäftigung und nähere Kontakte zur einheimischen Bevölkerung. Ob sie einmal einer regulären Arbeit nachgehen können, steht noch in den Sternen. "Immerhin ist die Wartezeit darauf mit neun Monaten jetzt schon niedriger als früher", sieht Schmitt Verbesserungen. Doch er weiß auch, dass es immer schwierig bleiben wird, solange Flüchtlinge einen nachrangigen Zugang - im Vergleich zu europäischen Bürgern - zum Arbeitsmarkt haben.
12 Uhr: Zeit zur Abfahrt. Da möchte noch eine Frau Schmitt sprechen, die von Schleppern nach Deutschland gebracht worden - und dann zur Prostitution gezwungen worden war. Diese braucht nicht nur eine Therapie, sondern hat auch Angst, nach Ungarn abgeschoben zu werden. Der Flüchtlingsberater hat ihr einen Rechtsanwalt vermittelt. "Geben Sie nicht auf", macht er der Frau Mut, als diese ihre Tränen nicht mehr zurückhalten kann.
Im Auto sind mehrere Nachrichten auf der Mailbox aufgelaufen. Schmitt nutzt die Fahrt nach Eichstätt für Rückrufe. In der Mittagspause erklärt er mir, was grundsätzlich für Flüchtlinge verbessert werden müsste: "Die fehlende Möglichkeit, auf einem legalen Weg Asyl zu ersuchen, ist das größte Problem. Dadurch sterben viele Menschen auf der Flucht oder verlieren ihre Familienmitglieder." Daher sollte den Flüchtlingen schon in ihren Heimatländern die Chance gegeben werden, Schutzvisa zu erhalten, so Schmitt. Außerdem müssten noch viel mehr schutzbedürftige Menschen im Rahmen von Resettlement-Programmen mit einer Dauerbleibeperspektive aufgenommen werden. Als großes Problem stelle sich bei vielen immer wieder das sogenannte Dublin-Verfahren heraus. Nach diesem muss ein Flüchtling in dem europäischen Land sein Asylverfahren durchführen, in dem er nachweislich zuerst eingereist ist. "Dabei wird unterstellt, dass Lebensbedingungen und Asylverfahren für Betroffene in allen Ländern gleich sind. Das trifft aber vielfach nicht zu", so Schmitt. Er versteht daher Ängste von Asylbewerbern, die beispielsweise nach Ungarn oder Polen abgeschoben werden sollen.
Hoffen auf Nachzug der Familie
14 Uhr: Es geht weiter zur Flüchtlingsunterkunft im Eichstätter Lüftenweg. Auch hier strahlen drei Iraker, als Schmitt ihnen Bescheide zum Besuch der Berufsschule gibt. Der Ehrenamtliche Thomas Maget lädt sie zum Mitspielen im Fußballverein ein. Schmitt bringt den Ehrenamtlichen auch in Kontakt mit einer afghanischen Familie. Gemeinsam mit dieser wird Maget in den Caritas-Markt nach Gaimersheim fahren, um günstig Haushaltswaren zu besorgen. Wir schauen noch bei Jamal S. vorbei. Er flüchtete vor mehreren Monaten aus Syrien - auch auf einer gefährlichen Bootstour. Seine Frau und vier Kinder sind in einem Flüchtlingscamp im Libanon zurückgeblieben. Er hofft, dass sie bald nachkommen können.
17 Uhr: Schmitt fährt mit Jamal S. noch zum Rechtsanwalt. Ich steige am Marktplatz aus - betroffen vom Schicksal der Flüchtlinge und beeindruckt vom Engagement des Caritasberaters und der Ehrenamtlichen.
Mehr Informationen über die Caritas-Flüchtlingsarbeit im Bistum Eichstätt ...