Solidarisch in die Zukunft nach der Pandemie
Pflegeteams, die sich in Krankenhäusern um Covid-19-Patient(inn)en kümmern, Lehrende und Eltern, die Home-Schooling gemeinsam möglich machen – siehe auch das Beispiel weiter unten aus Duderstadt –, Ehrenamtliche, die für Menschen mit einer Gehbehinderung einkaufen, Briefeschreiber(innen), die Isolation überwinden: Solche Beispiele zeigen, wie wichtig das gemeinsame Handeln im Kampf gegen das Virus ist, auch für die Caritas. "#DasMachenWirGemeinsam" lautet die Botschaft der Caritas-Kampagne für die Jahre 2020 und 2021. Es ist der Auftrag an uns, gemeinsam an einer sozialeren und gerechteren Gesellschaft zu arbeiten, die möglichst vielen Menschen gute Chancen für ein gelingendes Leben bietet. Besonders in einer Zeit, in der das Coronavirus viele Sicherheiten pulverisiert und die Lebensweisen vieler Menschen massiv verändert.
Wir erleben, dass sich die Gesellschaft immer stärkerpolarisiert. Wir haben aber auch gemerkt, wie sehr wir auf andere angewiesen sind. Auf Unterstützung und materielle Förderung, auf Dienste und Einrichtungen, Nachbar(inne)n und Verwandte. Solidarität ist der Schlüssel für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Solidarität macht ein Leben in und mit der Pandemie erst möglich. Wer konsequent eine Maske trägt, schützt nicht nur sich, sondern auch die Menschen seines oder ihres Umfelds – und kranke, alte und behinderte Menschen. Alle profitieren.
Doch je länger die Pandemie dauert, desto mühsamer wird es, solidarisch zu handeln. Trittbrettfahrer setzen darauf, dass sich "die anderen" an die Regeln halten Skeptische fühlen sich gegängelt und in ihrer Freiheit beschnitten.
Wer besonders betroffen ist
Corona trifft alle, aber nicht alle gleich. Die soziale Ungleichheit wächst. Wer vom Mindestlohn lebt, kann keine Rücklagen bilden und muss mit dem Verlust seiner oder ihrer Arbeit rechnen, wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht bessert. Enge Wohnungen erhöhen den Druck auf Familien wenn Schulen und soziale Einrichtungen geschlossen sind. Die Bildung von Kindern stagniert, wenn Eltern sie zu Hause nicht unterrichten können, sei es aus individuellen Gründen oder einfach nur, weil sie sich die notwendige technische Ausstattung nicht leisten können. Risikogruppen ziehen sich aus Angst aus dem gesellschaftlichen Leben zurück oder werden zur eigenen Sicherheit abgeschottet. Die Spätfolgen lassen sich nur erahnen.
Verantwortung übernehmen – etwa im Ehrenamt
Bund, Länder und Kommunen geben jetzt viel Geld aus, um die Folgen von Corona zu mildern. Künftig werden auch Leistungen des Sozialstaats auf dem Prüfstand stehen. Kürzungen in diesem Bereich könnten die bestehende soziale Ungleichheit zementieren oder verstärken – mit der Folge, dass die Gesellschaft als ganze instabiler wird. Manche Angebote wie Schuldnerberatung, Frauenhäuser oder Wohnungslosenhilfe sind finanziell nicht dauerhaft abgesichert. Aber nötig sind sie, und ehrenamtliches Engagement kann hier auch helfen.
Für die Caritas ist klar: Rat und Hilfe dürfen nicht zu einem Luxusgut werden, sondern müssen denen offenstehen, die darauf angewiesen sind. Dazu braucht es mehr öffentliche Anerkennung für Pflege- und Sozialberufe. Sie sind ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Wer sie aufwertet, macht sie langfristig für Nachwuchs attraktiv.
Ebenso wichtig ist es, die Ehrenamtlichen die sich im Lockdown teils als gefährdete Gruppen zurückgezogen haben, wieder für ihr wichtiges und wertvolles Engagement zu ermutigen. Die Herausforderung ist größer geworden, möglichst vielen Menschen faire und gerechte Chancen auf ein selbst bestimmtes Leben zu ermöglichen. Wir setzen uns für alle ein, die Unterstützung und Hilfe brauchen, in Deutschland und weltweit. Hinschauen, anpacken, Verantwortung übernehmen, für Rechte einstehen, die Schwachen stärken, Ideen entwickeln und umsetzen: Das ist gemeint. Alle Dienste und Einrichtungen sind dazu aufgerufen – und alle ehrenamtlich Engagierten und Interessierten.
Home-Schooling-Projekt in Duderstadt hilft Schülern und Eltern
Isabel Lubojanski erlebt eine Offenbarung: "Ich bin ja so froh, dass ich hier sein kann. Das gibt es nicht in vielen Ländern", so sieht es ein dankbarer Grundschüler. Er ist Kind von Flüchtlingen, hat zu Hause keine Lernmöglichkeiten und die Eltern können beim Lösen der Aufgaben kaum unterstützen. "Die Schüler brauchen Begleitung", weiß sie. Manche haben Eltern mit Lernschwäche. Andere sind entmutigt, und die Eltern verzweifeln über die Antriebslosigkeit ihrer sonst so motivierten Tochter.
Erst 20, dann 30 Schüler wurden angemeldet, als Jugendamt, Familienhilfe und Schulsozialarbeit in Duderstadt auf das neue Lern- und Unterstützungsangebot des Dekanatsjugendzentrum Emmaus und des Familienzentrums im Inklusiven Campus der Caritas Südniedersachsen aufmerksam machten.
Lüften, lernen, lüften, lernen
Das Angebot umfasst Räume zum Lernen, Computer- und Internetzugang, Ausdrucke sowie Lernunterstützung bei Bedarf durch digitale Lernhilfen und Fachkräfte. "Wir sind weder Schulersatz noch Nachhilfe, wir sehen aber durch etliche Nachfragen einen entsprechenden Bedarf", erklären Elvira Werner, Jugendreferentin im Emmaus, und Isabel Lubojanski von der Caritas. Angesprochen fühlen sollen sich besonders Mehrkindfamilien mit sozialer Benachteiligung oder Mangel an technischer Ausstattung. Auch Kinder und Jugendliche mit schwierigem Lernumfeld, etwa weil zu Hause nicht ausreichend Räume, Ruhe oder Computer für das Home-Schooling verfügbar sind, dürfen gerne in den Inklusiven Campus oder das Haus St.Georg kommen, sagen die beiden Organisatorinnen. In beiden Häusern bestehe ein Hygienekonzept, wodurch das Infektionsrisiko stark minimiert sei. Schülerinnen und Schüler haben dort die Möglichkeit, einzeln Räume zu nutzen. Hilfe stehe bei Bedarf zur Verfügung. Mund-Nasen-Schutz, Trennwände, gute Durchlüftung sowie regelmäßige Desinfektion würden das Projekt möglich machen. Dort können sich auch Freiwillige melden, die das Angebot per Videokonferenz unterstützen möchten. "Beispielsweise suchen wir pensionierte Lehrkräfte, wir stellen dann die nötige Technik, und die Schülerinnen und Schüler profitieren vom pädagogischen Know-how", erklärt Isabel Lubojanski. Derzeit sind sieben Ehrenamtliche in der Betreuung, vor allem jüngere, die in der Pandemie ihre eigentliche Arbeit nicht tun können. Auch eine Studentin, die ihr Praktikum ableistet, hilft mit. Weitere Unterstützerinnen und Unterstützer haben sich schon gemeldet.
Mit der betreuten Lernhilfe allein ist es nicht getan, meint Isabel Lubojanski. Sie glaubt, dass ihr Angebot das ganze Jahr noch gebraucht wird, um Teilhabe-Chancen zu schaffen. Exkursionen und Ausflüge werden sicher auch nötig sein, wofür noch Sponsoren gesucht werden. Denn für die Kinder und Eltern ist die Nutzung des Home-Schooling-Projekts kostenlos.