Stricken am Smartphone
Eigentlich wollten sie in erster Linie die Stricknadeln klackern lassen, aber inzwischen tippen die Damen des Soester Strickkreises "Caritas strickt" auch auf den Displays ihrer Smartphones herum, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Der Messenger-Dienst WhatsApp begleitet die kreativen Damen durch den Tag, sorgt für Nähe auf Distanz und schafft Verbindungen, wo Abstandsregeln trennen.
Die analoge Strickgruppe entstand nach einer fröhlichen Urlaub-ohne-Koffer-Woche in der Caritas-Konferenz St. Albertus Magnus Soest. Der Kurztrip hatte Lust auf Langzeiturlaub gemacht. Könnte und sollte man sich nicht öfter treffen? Ein gemeinsames Hobby war schnell gefunden: Stricken. Es entspannt, es beruhigt die Seele, es verbindet. Die monatlichen Strick-Treffen im Gemeindehaus von St. Albertus Magnus in Soest fanden jedoch ein jähes Ende, als die Coronakrise begann. Also musste es digital weitergehen.
Könnte man nicht Smartphones einsetzen? "Okay, probieren wir es aus", dachte sich Schriftführerin Christa Lehde und gründete die Gruppe "Caritas strickt". Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, obwohl die Damen der Soester Strickgruppe nicht mehr die Jüngsten sind. "Es ist wirklich toll, wie auch gerade die älteren Frauen in unserer Gruppe mit der Technik klarkommen", betont die Vorsitzende der Caritas-Konferenz St. Albertus Magnus, Anke Rauer-Jaschke.
Zurzeit umfasst die Soester WhatsApp-Gruppe gut ein Dutzend Mitglieder. Und die sind äußerst aktiv - schon am frühen Morgen. "Die erste Nachricht kann um 7.58 Uhr. Bis jetzt sind es sieben", sagt Anke Rauer-Jaschke (63), zur Mittagszeit. "Und das geht bis heute Abend so weiter." Christa Lehde ergänzt: "Bei uns herrscht jeden Tag reger Kontakt. Das geht schon los mit dem Spruch des Tages. Auch Alltagsweisheiten wie "Gähnen ist der stille Schrei nach Kaffee" ploppen dann im Handydisplay auf - und sorgen für ein Schmunzeln in der Gruppe. Beliebte Fotomotive sind die jüngsten Fortschritte der Strickarbeiten. Es werden Anregungen gegeben, Tipps werden weitergereicht, Neues wird ausprobiert.
Das Miteinander ist wichtig
Wichtiger als schöne Schals oder warme Socken sind aber die Kontakte und das Miteinander. "Einsamkeit war ja schon vor Corona ein großes Thema", weiß Anke Rauer-Jaschke. "Den Menschen fehlt der Kontakt. Zu unseren Stricktreffen kamen auch Frauen, die gar nicht stricken konnten. Aber man hat sich mit anderen getroffen und konnte ein wenig plaudern. Das ist so wichtig." Christa Lehde pflichtet ihr bei. "Es ist so toll, dass wir auf diese Weise weiter in Kontakt bleiben können. Die meisten in unserer Gruppe sind verwitwet, da sind soziale Kontakte Mangelware." Weil das Konzept so gut ankommt, sind inzwischen auch Frauen aus den Nachbar-Gemeinden St. Bruno und St. Patrokli mit dabei.
Völlig unproblematisch ist die Verwendung moderner Technik jedoch nicht. "Drei Frauen aus unserer Strickgruppe besitzen kein Smartphone", berichtet Christa Lehde. "Aber auch die sind weiter in die Gemeinschaft eingebunden. Mit denen telefonieren wir dann einfach häufiger. Das geht auch. Hauptsache alle spüren: Wir sind nicht allein."