"Duchmogeln ist keine Option"
Eine breite gesellschaftliche Diskussion um die Rationierung von Leistungen im Gesundheitswesen und Entscheidungen darüber, welche Behandlungen Vorrang haben, ist nach Ansicht der 65 katholischen Kliniken in der Diözese Münster unvermeidlich. Sie begannen damit auf ihrer Mitgliederversammlung im Diözesancaritasverband Münster. Die Aussage von Prof. Dr. Dagmar Borchers "Durchmogeln ist keine Option" stieß auf breite Zustimmung. Klar war für den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der katholischen Krankenhäuser, Dr. Klaus Godereis (St. Franziskus-Stiftung, Münster) allerdings auch, dass angesichts eines harten Wettbewerbs diese Debatte nicht die einzelne Klinik führen kann: "Diese Fragen müssen auf breiter Ebene diskutiert werden".
Weder Problem noch die praktischen Auswirkungen sind dabei neu. "Wir priorisieren täglich in Kliniken und Arztpraxen", erklärte Prof. Dr. Norbert Roeder, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor der Uni-Klinik Münster: "Aber das ist der falsche Ort". Schon heute könne nicht mehr jede mögliche medizinische Behandlung bezahlt werden. Demographischer Wandel und rasanter medizinischer Fortschritt würden die Kosten in den nächsten Jahren explodieren lassen, immer schneller eile die Politik von Krise zu Krise, ohne sie zu lösen.
Aktuell, so Roeder, könne man weiter daran arbeiten, die Kosten der einzelnen Leistungen zu senken, die Vorsorge ausbauen oder die Zusammenarbeit zu verstärken. Doch das stoße an Grenzen. Darüber hinaus gebe es viele bekannte Lösungsansätze, die aber nicht umsetzbar seien, ohne Grundprinzipien des deutschen Gesundheitssystems in Frage zu stellen.
Dagmar Borchers vom Institut für Philosophie der Universität Bremen sah auch Chancen: "Da gibt es viel zu gewinnen durch eine offene Debatte". Glaubwürdigkeit und Vertrauen würden erhöht, klare Entscheidungen und Planungssicherheit ermöglicht. Sie glaube daran, dass den Bürgern das Problem durchaus bewusst sei, dass die Beiträge für die Krankenversicherung nicht beliebig erhöht und die Defizite nicht durch Steuern ausgeglichen werden könnten.