„Wir nehmen nicht ein Kind auf, wir nehmen eine Familie auf“!
Jeden Morgen tauschen 57 Kinder in der KitaSt. Gereon in Nackenheim die Straßenschuhe gegen Hausschuhe und starten gemeinsam mit ihren zehn Erzieherinnen in den Tag.
Doch die Kita St. Gereon ist nicht einfach nur eine Kita, sie ist ein Familienzentrum, das sowohl für die Kinder, als auch für die Eltern da ist. Eine Kita, die Familien im Alltag begleitet, unterstützt und fördert.
Die Lebenssituationen von Familien werden zunehmend vielfältiger und unterschiedlicher. Die Anforderungen durch Gesellschaft und Arbeitswelt groß. Damit haben sich auch die pädagogischen Herausforderungen und Erwartungen an Kitas verändert. Familienzentren sind Orte des Lebens und Lernens. Hier lernen Kinder den Umgang mit anderen, Respekt, Toleranz und Achtung. Die Kita-Zeit ist für jedes Kind ein eigenständiger, bedeutungsvoller Lebensabschnitt, in dem es sich individuell entwickelt. In dieser wichtigen Zeit werden nicht nur die Kinder begleitet, auch die Eltern werden von den Familienzentren unterstützt und miteinbezogen. Sie sollen hier aktiv an Bildungs- und Entwicklungsprozessen beteiligt sein.Deswegen ist es Jutta Dittrich, Leiterin der Kita St. Gereon, wichtig, dass man von Anfang an die Eltern mit- und ernst nimmt, mit ihnen von Anfang an im Gespräch ist und ihnen vermittelt, dass auch sie gebraucht werden. "Sehr gerne dürfen Eltern Zeit in der Kita verbringen. Auch wenn sie nur ihre Kinder abholen und sich dann eine halbe Stunde dazusetzen und beim Spielen zu schauen", erzählt Jutta Dittrich.
Das Motto der Nackenheimer Kita lautet: "Wertschätzung von Anfang an!" Das gilt nicht nur für die Kinder, die sich mit ihren Stärken und Schwächen angenommen fühlen sollen. Auch das Team und die Eltern sollen diese Wertschätzung erfahren. Diese wertschätzende Haltung ist Voraussetzung, sonst funktioniert das Miteinander nicht. Jutta Dittrich betont deswegen, wie wichtig gegenseitiger Respekt und Vertrauen ist, zum Wohl des Kindes. Durch die Offenheit für Bedürfnisse und Wünsche der Eltern und regelmäßige Elternbefragungen kann eine Elternarbeit entstehen, die belebt. "Wer was machen will, darf was machen!"
Ehrenamt spielt eine wichtige Rolle
Diese offene und wertschätzende Haltung ist Gelingensbedingung für das Engagement und die Initiative von Ehrenamtlichen, die viele Angebote erst ermöglichen. Zum Beispiel durch die Initiative einer Oma, die große Freude und Begeisterung an dem Projekt Lesepaten gefunden hat oder das Angebot von einem Vater, Fußballtraining in der Kita zu anzubieten. Jutta Dittrich würdigt diese Arbeit: "Es ist sehr wertvoll, ehrenamtlich Engagierte mit ihren Stärken in der Kita zu haben. Keine von uns Erzieherinnen könnte ein Fußballtraining anbieten. Gerade auch die Begeisterung und Freude der Kinder spiegelt diese Wertschätzung wider, die uns wichtig ist." Der Weg von einer Kita hin zum Familienzentrum beinhaltet die umfassende Gestaltung vielfältiger Angebote für die ganze Familie. Sich auf einen solchen Weg einzulassen, ist auch mit Unsicherheit verbunden. Frau Dittrich beschreibt, wie dieser Weg für die Kita St. Gereon war: "Dadurch, dass wir vor einigen Jahren bei einem ähnlichen Projekt mitgemacht hatten, merkten wir, wie unterschiedlich die Einschätzungen und Erwartungen der Akteure sein können. Somit hatten wir eine Vorstellung, wie es werden könnte. Als wir aber dann in dieser Überlegung waren, stellten wir fest, dass wir ähnliche und gleiche Ziele, wie die Pfarrei hatten und auch schon viele Angebote, die einem Familienzentrum entsprachen. Da wussten wir, dass wir auf einem guten gemeinsamen Weg sind. Zusätzlich bekamen wir noch Unterstützung durch die Begleitung und Fachberatung der Caritas. So wurde unser Projekt Familienzentrum sozusagen zum Selbstläufer." In Zusammenarbeit von Team, Pfarrei, Pfarrgemeinderat und anderen Gremien, wie Eltern- und Familienausschuss, AG Familienzentrum und Förderverein wurden mittlerweile viele Ideen und Projekte umgesetzt. Darunter sind Angebote, wie etwa der Babysitterpool, das Adventskranzbasteln für alle Familien der Pfarrei, Elterncafé sowie Gitarrenkurs für Eltern der Kita. Ebenso entsteht vieles von Eltern für Eltern, z.B. der Krabbelkreis. "Aber viele Vorschläge kommen auch direkt von den Kindern, denn diese haben Mitspracherecht wie alle anderen", erzählt Dittrich.
Diese enge Zusammenarbeit der Familienzentren mit Kindergarten- und Pfarreigremien beschreibt Jutta Dittrich: "Es ist ein gegenseitiges Einbringen und Unterstützen. Zum Beispiel feiern wir das Sommerfest mit unserer Pfarrei zusammen oder helfen beim Kuchenbuffet am Pfarrfest aus. Durch diese gemeinsame Arbeit wird das Verhältnis gestärkt und intensiviert. Es ist ein Geben und Nehmen." Dittrich betont die enge Verbindung zur Kirche: "Als Familienzentrum hat man auch die Aufgabe, die katholische Kirche zu repräsentieren. Wir werden vom Bistum Mainz unterstützt und wie Diözesancaritasdirektorin Nicola Adick bei der Verleihung des Bistumssiegels sagte, sind wir Kitas ein Leuchtturm. Die Kitas strahlen für die Kirche.
Familienarbeit benötigt Zeit
Im Familienzentrum arbeiten die Erzieherinnen nach dem normalen Stundendeputat einer Kita, bieten jedoch mehr Angebote an. Das setzt Zeit voraus, denn neben der Aufsichtspflicht und der Betreuung der Kinder, müssen trotz der Mitarbeit der Eltern bestimmte Aktionen noch zusätzlich geplant und vorbereitet werden. "Familienarbeit benötigt Zeit", betont Jutta Dittrich.
Trotz dieser zukünftigen Herausforderung der Kitas steht das Wohl des Kindes, die Familienarbeit und die gegenseitige Wertschätzung an erster Stelle. "Kita bedeutet auch, den ganzen Tag für Kinder und Eltern da zu sein", unterstreicht Frau Dittrich. Zwar tauscht jedes Kind bis 16:30 Uhr wieder seine Hausschuhe gegen Straßenschuhe, doch für jede Familie bleibt immer ein offenes Ohr.