Katholisches Profil wichtig
Dass caritative Einrichtungen wie Seniorenheime, Kindertagesstätten und Beratungsstellen von der katholischen Kirche getragen werden, halten viele für nicht mehr zeitgemäß. In einer Gesellschaft, in der mittlerweile die verschiedensten Religionen und Weltanschauungen nebeneinander bestehen, so heißt es immer wieder, sei es überholt, sozialkaritative Arbeit mit dem Vorzeichen „katholisch“ zu versehen. Es werden die beiden folgenden Argumente vorgebracht: Zum einen müsse allen Menschen ein Hilfs- und Betreuungsangebot gemacht werden, und zwar unabhängig von deren weltanschaulicher Einstellung. Zum anderen komme die Motivation zu helfen ohne den christlichen Glauben aus – vielmehr sei diese Bereitschaft selbstverständlich. Beide Argumente sind jedoch nicht haltbar.
Hilfe für alle Menschen
Das neutestamentliche Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10, 30-37) zeigt dies auf eindringliche Weise. Es erzählt davon, dass ein Reisender von Räubern überfallen, ausgeplündert und schwer verletzt wird. Während zwei seiner jüdischen Glaubensgenossen achtlos an ihm vorübergehen, hilft ihm ein Samariter und damit ein Angehöriger einer Volksgruppe, die von den Juden geradezu gehasst wurde. Wenn Jesus das Gleichnis mit der Aufforderung abschließt: „Geh und handle genauso!“ bedeutet dies die unbedingte Verpflichtung zur Caritas: das heißt zur Bereitschaft, sich allen Menschen, die der Hilfe bedürfen, in liebender Weise zuzuwenden. In diesem Sinne formulieren die katholischen Bischöfe Deutschlands in ihrer kürzlich erschienenen Schrift „Das katholische Profil caritativer Dienste und Einrichtungen in der pluralen Gesellschaft“: „Die sozial-caritative Arbeit als Dienst an den Menschen ist ein Grundvollzug der Kirche, der grundsätzlich jedem Menschen offensteht, unabhängig von seinem ethnischen, nationalen, religiösen oder sozialen Hintergrund“. Damit wäre das erste Argument gegen eine katholische Trägerschaft entkräftet.
Glaube ist Fundament
Doch auch das zweite ist nicht stichhaltig. Zwar spricht Papst Benedikt XVI in seiner Enzyklika „Deus caritas est“ davon, dass die innere Verpflichtung zur Nächstenliebe „vom Schöpfer in die Natur des Menschen selbst eingeschrieben ist.“ Und in der Tat ist es ja ein spontanes, natürliches Mitleid, das den barmherzigen Samariter dazu bewegt zu helfen. Dasselbe Gleichnis zeigt aber in Gestalt der beiden mitleidlos am Notleidenden vorbeigehenden Menschen zugleich, dass diese innere Verpflichtung oft verdunkelt ist. Insofern ist die große Zahl caritativer Organisationen – so Papst Benedikt weiter – immer auch „ein Ergebnis der Gegenwart des Christentums in der Welt“ – und damit alles andere als selbstverständlich. Dies lässt sich auch geschichtlich nachweisen. In der Zeit der frühen Kirche war die Praxis der christlichen Nächstenliebe völlig neu und hat die heidnische Umwelt in großes Erstaunen versetzt: Die Fürsorge für Notleidende außerhalb der eigenen Familie war damals keine moralische Pflicht. Erst recht gab es keine Institutionen, in denen eine solche Tugend gepflegt wurde. Das bedeutet: Letztlich war es der christliche Glaube, der die Nächstenliebe nachhaltig in die Welt gebracht hat.