„Gemeinsam statt einsam“
Das Leben allein in ihrer Wohnung fällt der 88-Jährigen nicht mehr leicht. Ein Umzug komme aber für sie nicht in Frage, sagt die Seniorin. Dass sie weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung bleiben kann, ermöglicht ihr das Projekt "Gemeinsam statt einsam" des Caritasverbandes Hamm. Petra Schleicher-Marschner vermittelte ihr eine Haushaltshilfe, kümmerte sich um die Beantragung des Hausnotrufs und verschiedener Alltagshilfen. "Für mich ist sie ein Glücksfall", so die Seniorin. "Allein hätte ich das alles überhaupt nicht geschafft."
Seit nun gut einem Jahr bietet Petra Schleicher-Marschner im Dienst der Caritas den Senioren in Form von Hausbesuchen individuelle Begleitung auf Zeit an. "In ihrer vertrauten Umgebung können ältere Menschen viel leichter über ihren Alltag und die sich daraus ergebenden Probleme reden", erklärt sie. "Welche Hilfen den Tagesablauf erleichtern können, besprechen wir bei den Besuchen gemeinsam." Dabei können sich die Senioren sowohl auf die fachliche Kompetenz der Sozialtherapeutin als auch auf das umfangreiche Netzwerk des Caritasverbandes Hamm als Träger des Projekts verlassen. Die 57-Jährige umschreibt das Projekt "Gemeinsam statt einsam" gern mit einem Zitat von Johann Wolfgang Goethe: "Wir lernen die Menschen nicht kennen, wenn sie zu uns kommen; wir müssen zu ihnen gehen, um zu erfahren, wie es mit ihnen steht."
Bisher hat Petra Schleicher-Marschner mehr als 100 Menschen im Alter zwischen 60 und über 80 Jahren beraten und in mehr als 400 Fällen konkrete Hilfestellungen gegeben oder vermittelt. Ihr Wunsch für die Zukunft: "Ich möchte weiterhin die Menschen an die Hand nehmen, wenn sie Hilfe brauchen, und sie auch dann nicht wieder loslassen, wenn die erste Not vorbei ist." Denn ihre Umfrage im Vorfeld des Projekts ergab, dass rund 70 Prozent der im Hammer Westen lebenden Menschen im Alter zwischen 60 und 95 Jahren allein wohnen und sich oftmals im Alltag überfordert fühlen. Außerdem wurde deutlich, dass finanzielle Not häufig schon in der Lebensmitte beispielsweise aufgrund von Langzeitarbeitslosigkeit oder gesundheitlichen Einschränkungen beginnt.
Die inzwischen vom Caritasverband Hamm erstellte Zwischenbilanz zeigt, dass der vorsorgende Hausbesuch ein "wesentlicher Schlüssel" zur Vermeidung von Altersarmut ist. Mit dem Projekt "Gemeinsam statt einsam" hat der Caritasverband Hamm außerdem sozialpolitisches Neuland betreten und einen weiteren Einstieg in ein erfolgversprechendes, soziales Arbeitsmodell geschaffen. Finanziert wird das auf zwei Jahre angelegte Modell vom Erzbistum Paderborn aus dem Sonderfond für spezifisch-armutsorientierte Dienste in der Caritas und der Initiative "Zeichen der Solidarität" des Caritasverbandes Hamm. Ulrike Hackenholt, Referentin für Altenhilfe beim Diözesan-Caritasverband Paderborn, weist allerdings darauf hin, dass auch die vorsorgenden Hausbesuche refinanziert werden müssen. "Hier sind Kommunen und Land in die Pflicht zu nehmen", so die Forderung der Referentin mit Blick auf ähnliche, vom Land geförderte Projekte in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.