Der Weg zu nachhaltigem Wirtschaften ist steinig, aber machbar
Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, der auf allen Ebenen der Gesellschaft angekommen ist. Ein Meilenstein für diese Entwicklung war das Jahr 2015, als die Vereinten Nationen (UN) in New York die Resolution "Transformation unserer Welt: Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" mit 17 Zielen beschlossen haben. Die UN-Resolution richtet sich an alle: Regierungen, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft und Wissenschaft. Was bedeuten die Nachhaltigkeitsziele für die Caritas und deren circa 6250 selbstständige Rechtsträger und Verbände mit ihren circa 25.000 Diensten und Einrichtungen? Die Kommission "Ökonomie der Caritas" der Delegiertenversammlung des Deutschen Caritasverbandes (DCV) hat eine Vision zur Nachhaltigkeit formuliert.
Vision der Caritas definiert Handlungsfelder
Die Caritas, so die Vision, setzt sich für ein Wirtschaftssystem ein, das den UN-Nachhaltigkeitszielen gerecht wird, und sieht sich als Teil einer gesellschaftlichen Bewegung auf dem Weg dorthin. Den gemeinnützigen Organisationen, zu denen in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft vor allem die Mitglieder der Verbände der freien Wohlfahrtspflege zählen, kommt dabei eine wichtige gesellschaftliche Verantwortung zu. Der Einsatz für das Gemeinwohl und die Form des nicht-gewinnorientierten Wirtschaftens, indem Überschüsse für gemeinnützige Zwecke wiederverwendet werden, ist ein wichtiger Grundstein im Sinne der UN-Nachhaltigkeitsziele. Zu der Verantwortung gehört auch, dass sich Rechtsträger der Caritas eine Nachhaltigkeitsstrategie geben. Angesichts der sich anbahnenden Klimakatastrophe muss der betriebliche Klimaschutz als gleichwertiges Ziel darin aufgenommen und mit den anderen Nachhaltigkeitszielen aufgrund begrenzter Ressourcen neu justiert werden. Dies ist eine unternehmerische Herausforderung für jeden Caritas-Rechtsträger.
Die Umsetzungsstrategien der Kommission
Die Caritas und die anderen Wohlfahrtsverbände stehen für soziale Nachhaltigkeit. Ihre Mitglieder haben sich mit ihren jeweiligen Satzungen beziehungsweise Gesellschaftsverträgen einen sozialen Auftrag gegeben, den sie verlässlich und in eigener Verantwortung erfüllen. Mit dem Status der Gemeinnützigkeit, dem sie sich freiwillig verpflichtet haben und der vom Finanzamt jährlich überprüft wird, erhält der soziale Auftrag einen bindenden rechtlichen Rahmen. Die soziale Nachhaltigkeit stellt eines der vier grundsätzlichen Handlungsfelder der Caritas aus dem Blickwinkel der Nachhaltigkeit dar (siehe Abbildung 1). Mit ihrem Kerngeschäft "Wirksame Hilfe" schaffen die Caritas und die anderen Wohlfahrtsverbände eine wesentliche Stütze für die soziale Infrastruktur in Deutschland und damit einen wichtigen Wert für die Gesellschaft. Dazu tragen ihre vielfältigen, am Bedarf orientierten sozialen Dienste und Einrichtungen bei, aber auch ihr gelebtes Selbstverständnis, sich für die Belange von hilfebedürftigen Menschen in der sozialpolitischen Arbeit wirksam einzusetzen (anwaltschaftliche Funktion). Den Menschen, die sich hauptberuflich, freiwillig oder ehrenamtlich sozial engagieren und betätigen möchten, ermöglicht die Caritas gute Beschäftigungs- und Engagementmöglichkeiten ("Gute Arbeitgeberin"). Damit trägt sie zu einer lebenswerten und gerechten Welt bei und stärkt gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Bei diesen Aktivitäten haben Caritas-Träger auf die wirtschaftliche Balance zu achten. Dazu zählt vor allem das Aushandeln von leistungsgerechten Entgelten mit den Leistungsträgern, das Umsetzen der digitalen Transformation und die Fähigkeit, angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels ausreichend qualifiziertes Personal gewinnen zu können.
Neues Handlungsfeld: ökologische Nachhaltigkeit
Als neues Handlungsfeld ist in den vergangenen Jahren die ökologische Nachhaltigkeit ("Einsatz für eine lebensfähige Welt") hinzugekommen. Ein betriebliches Umweltmanagement einzuführen, zum Beispiel auf Basis von Systemen wie EMAS, ist im Caritas-Bereich bislang noch selten. Mit der aktuellen Klimaschutzinitiative im Deutschen Caritasverband, bis 2030 klimaneutral zu werden, hat die Umsetzung an Fahrt gewonnen und einen klaren Fokus gefunden. Das geschieht aus Eigenmotivation, ist aber auch Ergebnis des größeren gesellschaftlichen Drucks: Umwelt- und klimagerechtes Handeln wird zu einem Entscheidungskriterium, das Menschen bei ihrer Suche nach einem neuen Arbeitgeber leitet. Gleichzeitig ist der gesetzliche Rahmen für Unternehmen national und auf EU-Ebene verschärft worden (Stichwort: Taxonomie der EU im Bereich Umwelt). Die vier Handlungsfelder stehen in einem Wechselverhältnis zueinander. Maßnahmen des betrieblichen Klimaschutzes verursachen Kosten. Sowohl für die Kostenträger als auch für die Träger sozialer Dienste und Einrichtungen ergibt sich die Frage, welcher Investitionsbedarf damit verbunden ist und welche Möglichkeiten es zu dessen Finanzierung gibt.
Staatliche Ordnungsgeber als "Kontraktmanager"
Damit die Träger der freien Wohlfahrtspflege ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen können, sind sie auf förderliche Rahmenbedingungen angewiesen. Sinkende Marktanteile gemeinnütziger Träger im Bereich ambulanter und stationärer Pflege oder auch im Krankenhaus-/Reha-Bereich zeigen, dass gemeinnützige Sozialunternehmen unter einem erheblichen (politisch gewollten) Wettbewerbsdruck stehen. Dazu tragen auch Ausschreibungsverfahren für ausgewählte Sozialleistungen bei. Dem Verhältnis gegenüber den staatlichen Instanzen als Ordnungsgebern und Leistungsträgern kommt bei der Ausgestaltung der
Rahmenbedingungen eine entscheidende Bedeutung zu. Die staatlichen Instanzen müssen als "Kontraktmanager" im Sozialen stärker für die Bedeutung der Caritas und der freien Wohlfahrtspflege insgesamt gewonnen werden. Staatlich-soziales Handeln, privat-gewerbliches soziales Handeln und freigemeinnütziges soziales Handeln sind nicht durchgängig in einem marktordnungspolitischen Gleichgewicht organisiert.
Die Lobbyarbeit weiter ausbauen
Angesichts dieser Bestandsaufnahme sieht die Kommission "Ökonomie der Caritas" zwei notwendige Handlungsstrategien, um ihre Vision zu verwirklichen. So sollten sich zum einen Rechtsträger der Caritas selbst verpflichten, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln und umzusetzen sowie die Ziele und den Umsetzungsstand nach innen und außen zu kommunizieren (Nachhaltigkeitsberichterstattung). Dies macht sie glaubwürdig und stärkt ihre Marktposition. Im Handlungsfeld "Wirksame Hilfe" kommt dabei einer kostenträgerbezogenen Wirkungsberichterstattung große Bedeutung zu. Gleichzeitig muss die Caritas in ihrer Lobbyarbeit (neue) Bündnisse schließen, um die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Aktuell passiert dies mit Klimaschutz- und Umweltverbänden. Es gilt auch, sich zusammen mit Gleichgesinnten aus dem gemeinnützigen Sektor für förderliche ordnungspolitische Rahmenbedingungen für gemeinnützige Unternehmen einzusetzen (zum Beispiel Abgabenordnung, Wettbewerbs-/Vergabe-/Beihilfenrecht). Eine Reform der sozialen Marktwirtschaft hin zu einer nachhaltigkeitsfokussierten Volkswirtschaft ist alternativlos. Dabei muss ein nachhaltigkeitsfokussierter, nicht-gewinnausschüttender, wertgebundener Sektor eine wesentlich bedeutendere Rolle bekommen.
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