Digital statt real
In fünf Minuten geht’s los. 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich mittlerweile über einen Link online geschaltet. Jakob Streller, Koordinator von Freiwilligendiensten beim Caritasverband Eichstätt, und Praktikant Lukas Rehm sind heute im Caritasbüro für den "support" zuständig. Sie checken die Lage auf der Plattform von Webex, einem Anbieter von Videokonferenzen. Die für die pädagogische Begleitung von Engagierten im Bundesfreiwilligendienst (BFD) zuständige Caritas-Fachkraft Sarah Strasser hat sich von zu Hause aus eingewählt. Sie ist an diesem Tag die Hauptorganisatorin des ersten digitalen BFD-Seminars in der Geschichte des Eichstätter Caritasverbandes. Da eine Präsenzveranstaltung aufgrund der Coronakrise ausfallen muss, haben sich die Verantwortlichen zu dieser Premiere entschlossen. "Leider können wir uns nicht im Priesterseminar treffen, aber wir sind froh , eine gute Alternative gefunden zu haben", erklärt die Diplom-Pädagogin in ihren Begrüßungsworten den nun 20 angemeldeten BFDlern aus verschiedensten sozial-caritativen Einrichtungen der Diözese Eichstätt - später werden es 31 Beteiligte sein.
Am Anfang viel Technik
Vor allem am Anfang geht es viel um Technik bei dieser Premiere. "Ihr müsst erst einmal alle auf Stumm schalten, damit wir keine Hintergrundgeräusche haben, wenn einer etwas sagt", erklärt Sarah Strasser. "Ich bekomme meine Kamera nicht an", meldet eine Teilnehmerin. "Wir machen das alle so entspannt wie möglich", beruhigt die Caritas-Mitarbeiterin, während Jakob Streller einzelnen BFDlern, die noch nicht dabei sind, den nötigen Link zur Einwahl mitteilt. Trotz mancher Aufregung ergibt sich an diesem Morgen ein positives Stimmungsbild: Nahezu alle Beteiligten senden einen Smiley über den Bildschirm.
Dann wird’s inhaltlich. Bei einer Reflexion über ihren Freiwilligeneinsatz notieren die Teilnehmenden #Hashtags, die auf dem Bildschirm in verschiedenen Größen erscheinen - je nachdem, wie oft sie genannt werden: "Gute Zeit" steht fett in der Mitte. Darum gruppieren sich unter anderem "Gut und Herausforderung", "Neue Erfahrungen" sowie "Nächstenliebe".
Nach dieser Übung über das Abstimmungs- und Brainstorming-Tool Mentimeter gesellt sich Caritasdirektor Alfred Frank zu der virtuellen Runde hinzu. Dieser bedankt sich bei den BFDlern, "dass Sie Ihren Dienst bei uns leisten" und nennt einige aussagekräftige Zahlen: 37 Personen engagieren sich auf diese Weise derzeit in 21 Einsatzstellen. Knapp drei Viertel davon sind Frauen. Über ein Drittel ist über 27 Jahre alt, weit mehr als im Bundesdurchschnitt. Und die Dienstleistenden kommen aus 13 Ländern, fast die Hälfte aus dem Ausland: "ein Multikulti, und das finde ich klasse", freut sich der Direktor. "Und vielleicht sehe ich Sie ja eines Tages bei der Caritas wieder, zum Beispiel in einer Ausbildung", nennt der Direktor weitere Perspektiven.
Bei einer Abfrage über die Zukunftsvorstellungen der Engagierten ergibt sich: Zehn wollen eine Ausbildung machen, fünf auch nach Abschluss des BFD in ihrer Einsatzstelle in irgendeiner anderen Funktion bleiben und sechs visieren ein Studium oder eine andere Weiterbildung an. Des Weiteren stellt sich heraus: 16 sind mit ihrem Dienst "sehr zufrieden", zehn "eher zufrieden" und drei "neutral", aber niemand unzufrieden.
Einige sind bereit, näher über ihre Erfahrungen zu erzählen: Franziska Daum aus dem Caritas-Seniorenheim Eichstätt hat während ihres Dienstes gelernt, "wie ich mit Leuten umgehen kann, die Demenz haben". Dennoch strebt sie eine Ausbildung als Kauffrau im Büromanagement an. Anders Sandra Heimann aus dem Caritas-Zentrum St. Vinzenz in Ingolstadt: Sie teilt mit, sie sei am Anfang skeptisch gewesen, "ob der soziale Bereich meins ist". Doch nun will sie nach ihrem Dienst eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin absolvieren. Und der bereits 57-jährige Peter Graf aus dem Caritas-Seniorenheim Nürnberg-Langwasser erzählt, er habe "sehr viel Dankbarkeit und eine sehr gute Kollegialität erfahren". Er überlegt nun, ob er seinen Dienst von zwölf auf 18 Monate verlängert. "Auf jeden Fall will ich dem Heim als Ehrenamtlicher erhalten bleiben", kündigt Graf an.
Selbstfürsorge wichtig
Dass neben Engagement für andere auch die Selbstfürsorge wichtig ist, lernen die BFDler im Seminar unter anderem bei einer "virtuellen Schokoladenmeditation" und bei einer Übung "Energiefass: Was füllt? Was leert?"
Am Ende erklären 26 Beteiligte über den Mentimeter, dass sie den BFD weiterempfehlen wollen, zwei stimmen mit "Nein". Diesen bietet Sarah Strasser an, ihr die Beweggründe dafür in einem persönlichen Gespräch oder telefonisch mitzuteilen. Denn es hat sich herausgestellt: Dies und manch anderes geht dann doch besser real als digital.