Ein Zuhause für wohnungslose Menschen
Beruf und Berufung, Arbeits- und Privatleben liegen bei Frank Flutgraf dicht beisammen. Und das ist für alle Beteiligten gut so. In seinem Beruf als Sozialarbeiter sorgt der 48-Jährige dafür, dass die Bewohner im Don-Bosco-Haus ihren Tag mit leichten Arbeiten strukturieren. Er sieht die Menschen, die auf der Straße gelebt haben und nun eine Wohnung suchen, Tag für Tag. Er hört von ihren Enttäuschungen, wenn sie wieder eine Absage bekommen haben, und er erlebt sie im Alltag, sieht ihre Zimmer. Wer im Übergangsheim Don Bosco dabei ist, sein Leben in den Griff zu bekommen, dem gibt Flutgraf - genannt "Fluti" - eine Chance und einen Mietvertrag.
Seit 2007 hat Flutgraf immer wieder an Wohnungslose vermietet. "In 15 Jahren waren es neun Personen", sagt der Sozialarbeiter, der 2001 von seinem Vater Immobilien geerbt hat. Heute gehören ihm und seiner Familie rund 20 Wohnungen, zehn davon in Düsseldorf.
Ein Vermieter ohne Berührungsängste
Als im Sommer 2019 die Landesinitiative "Endlich ein Zuhause!" des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales an den Start ging, gehörte Flutgraf zu den Mitstreitern. Ziel der Initiative ist es, die Lebenslage wohnungsloser und von Wohnungsverlust bedrohter Menschen zu verbessern. Dazu gehören die Beschaffung von passendem Wohnraum und "Kümmerer"-Projekte, die den Vermietern und Neumietern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Der Düsseldorfer gehört zu den wenigen privaten Vermietern, die keine Berührungsängste haben.
"Fluti" Flutgraf kennt inzwischen alle Vorbehalte, aber auch die Vorteile, wenn man an Wohnungslose vermietet. Zentral ist und bleibt für ihn: Es ist eine Chance für diese Menschen. "Wer keine Wohnung hat, bekommt keinen Job. Und wer keinen Job hat, bekommt auch keine Wohnung. Ich vermiete an Wohnungslose, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen", sagt der 48-Jährige.
Der Sozialarbeiter weiß auch, dass Obdachlose in der Regel viele Probleme mit sich herumschleppen. Oft sind sie sucht- und psychisch krank. "Klar haben sie häufig einen Schufa-Eintrag. Sie bieten auch nicht das beste Erscheinungsbild. Mir begegnen immer wieder Vorbehalte, und natürlich können sich Eigentümer heute ihre Mieter aussuchen", sagt Flutgraf. Er erinnert sich noch gut, wie an einem Tag 106 Bewerber vor seiner 30-Quadratmeter-Wohnung standen. "Das war der Wahnsinn. Da verliert man den Überblick. Da kann ich auch nur willkürlich entscheiden."
Das finanzielle Risiko ist gering
Flutgraf weiß, dass sein Beruf ihm die Entscheidung, an Wohnungslose zu vermieten, erleichtert: "Mein Vorteil ist, dass ich die Menschen bereits vor der Vermietung über Monate kenne." Finanziell sei das Risiko für Eigentümer dagegen relativ gering. Die Arge bezahlt Wohnung und Heizkosten. Flutgraf wiederum hält sich mit Mieterhöhungen zurück.
Zweimal sei er innerhalb der vergangenen 15 Jahre "auf die Nase gefallen". "Einmal dachte ich: Das könnte funktionieren, aber der Mensch ist psychisch zusammengebrochen. Das andere Mal war die Person doch nicht wohnungsfähig. Das Apartment musste ich dann kernsanieren", sagt Flutgraf, der sich in seiner Freizeit für Fußball, Punkrock und Kartenspielen begeistert. In etwa der Hälfte der Fälle sei aber auch ein langfristiges Mietverhältnis entstanden.
Unkomplizierte Mieter mit Herz
Um seinen Neumietern aus dem Don-Bosco-Haus den Übergang zu erleichtern, packt der gelernte Schreiner oft bei den Möbeln mit an. Als Sozialarbeiter ist er bei der Caritas gut vernetzt und besorgt seinen "Mietschützlingen" eine Ersteinrichtung.
Dank der Landesinitiative "Endlich ein Zuhause!" stehe man als Vermieter nun nicht mehr allein da. Durch die fachliche Begleitung sind die Risiken minimal. Und toll sei auch: "Wohnungslose sind oft sehr dankbare Mieter."