So leben, wie man es selber möchte
Seit Benjamin, 20 Jahre alt, in der Wohngruppe lebt, geht er völlig selbstständig zur Arbeit. Er hat es nicht weit, denn die Caritas-Wohnhäuser und die Caritas-Werkstatt liegen beide am Fuldaer Neuenberg - nur wenige hundert Meter voneinander entfernt an der St-Vinzenz-Straße. Aber Benjamin findet es gut so, denn im Caritas-Wohnhaus lebt er selbstständig als Mitglied einer Wohngruppe. "Früher wohnte ich noch bei meinen Eltern und bei meinem Bruder. Von da musste ich immer mit dem Bus fahren", berichtet er. "Das war auch schön, aber so gefällt es mir noch besser!"
Benjamin Afelt hat - das betonen die stellvertretende Leiterin des Bereichs Wohnen, Anja Heil, und Benjamins Wohngruppenbetreuer Andreas Ebert einhellig - sein Leben recht bestimmt in die eigene Hand genommen, seit er noch als Schüler erstmalig ein Praktikum in der Caritas-Werkstatt machte, um sich in die Berufswelt hineinzutasten. "Schon bei diesen ersten Praktika, die den Neulingen in der Werkstatt eine Orientierung geben sollen, welche Tätigkeitsfelder es gibt, und wo die eigenen Begabungen liegen, hat Benjamin eigentlich gleich klargemacht, was ihn besonders interessiert", berichtet Anja Heil, die bis letzten Sommer selbst noch im Sozialen Dienst der Werkstatt in der Vinzenz-Straße tätig war. "Er wollte unbedingt in die Montagegruppe von Peter Hillebrand."
Und genau da arbeitet Benjamin Afelt jetzt regulär, nachdem er die zweijährige Findungsphase im Berufsbildungsbereich mit Werkstatttagen und Kreisberufsschule erfolgreich hinter sich gebracht hat. Nichts, weder die landschaftspflegerische Tätigkeit in der Gartengruppe noch der Maschinenpark in der Schlosserei, hat ihn von seiner ursprünglichen Tätigkeitswahl abgebracht.
In der Arbeitsgruppe von Peter Hillebrand stehen immer wieder neue Aufgaben aus dem Bereich "Montage und Konfektion" an. "Meist wird uns ein bestimmter Arbeitsschritt einer Produktion übertragen - wir bekommen Einzelteile, die wir zusammenfügen, und die dann ans Auftrag-gebende Werk zur Weiterverarbeitung zurückgehen", erläutert Hillebrand. "Oft sind das durchaus kleinteilige, komplizierte Aufgaben, aber wir haben hier für alles unsere Experten", lacht er. Benjamin zeigt, woran er momentan arbeitet: Sein Baustein gehören zu einer Fliegen- und Insekten-Lebendfalle, aus der die Tierchen nach dem Fangen etwa durchs offene Fenster oder auf der Veranda wieder in die Freiheit entlassen werden können.
Eine andere Aufgabe besteht darin, bestimmte Plastikteile auf einen Metallstift aufzustecken, bis dieser voll belegt ist. So ergibt sich die nötige Zahl an Teilchen, die vom Arbeitskollegen für die Weiterproduktion an der nächsten Station benötigt werden. Benjamin liebt das Berufsleben und seine Arbeitsgruppe, auch wenn wegen Corona längst noch nicht alles wieder im Werkstattalltag möglich ist: Die Kantine ist nach wie vor umfunktioniert zum Tätigkeitsplatz einer der Werkstatt-Arbeitsgruppen. Gespeist wird nun gruppenweise in der Pause am Arbeitsplatz oder im Außengelände.
Seine Wohngruppe trifft Benjamin nachmittags nach der Arbeit zu Hause. "Hier hat jeder sein Zimmer und kann sich zurückziehen, wenn er möchte", erläutert Gruppenbetreuer Ebert. "Benjamin ist derzeit unser Jüngster. Das Alter in dieser Wohngruppe geht bis 55 Jahre. Aber der Zusammenhalt in der Gruppe ist altersübergreifend gut - am Wochenende gibt es oft gemeinsame Aktionen wie Ausflüge und - je nach Pandemie-Bedingungen - gemeinsames Essengehen. Insgesamt haben wir hier ein richtiges Familienleben."
Benny, wie er in der Gruppe gerufen wird, hat inzwischen auch Freizeit-Hobbies. So spielt er Gitarre und beteiligt sich an der Theatergruppe, die wöchentlich probt. "Auch bezüglich Wohnen und Freizeit setzte Benjamin letztendlich von Anfang an seine Vorstellungen durch", erklärt Anja Heil. Dazu gehört auch der wechselseitige Besuch am Sonntag von oder bei der Familie. "Seine Eltern bejahen das alles und freuen sich, wie selbstständig Benjamin seit seinem Auszug daheim geworden ist. Zugleich ist es aber natürlich auch für sie mit ein wenig Melancholie verbunden, dass sie ihn gehen lassen mussten. So ist das eben überall, wenn die Kinder erwachsen werden."
Kontakt und Infos
Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie
Arbeiten und Wohnen
Ratgarstr. 13
36037 Fulda
Ressortleiter Behindertenhilfe:
Markus Reiter
Tel 0661 / 90233-100
E-Mail markus.reiter@caritas-fulda.de