Digitale Erstberatung als Türöffner
Stellen Sie sich eine Beratungsstelle vor, die täglich von 3000 Ratsuchenden in aufgesucht wird. Genau das erreicht die Plattform das-steht-dir-zu.de der Caritas in NRW schon jetzt mit bis zu 100.000 monatlichen Aufrufen. Nun soll ein KI-Chatbot Ratsuchende dabei unterstützen, erste Antworten zu finden - digital, anonym und rund um die Uhr. Das Team "caritas.next" des Deutschen Caritasverbandes (DCV) hat diesen Chatbot gemeinsam mit der Caritas in NRW entwickelt.1
Brücke zur persönlichen Beratung
"Der KI-Chatbot ersetzt keine Beratung. Er beantwortet erste, häufige Fragestellungen digital - so bleibt mehr Zeit für die Beratung von Mensch zu Mensch", betont Rüdiger Dreier vom Team caritas.next, der früher selbst als Berater tätig war. Der Chatbot unterstützt Ratsuchende, indem er schnell verständliche Antworten liefert und Ansprüche sowie Handlungsmöglichkeiten aufzeigt. Anders als allgemeine KI-Systeme greift er ausschließlich auf klar definierte Quellen zurück, die von Sozialrechtsexpert:innen der Caritas in NRW kuratiert wurden, und folgt DSGVO-konformen sowie kirchlichen Datenschutzstandards.
Die Idee entstand aus der Praxis: Ratsuchende benötigen oft schnelle Antworten zu ihrem Leistungsbezug. Der KI-Chatbot bietet genau diese niedrigschwellige, digitale Ansprachemöglichkeit. Seine Nutzung erschließt sich meist von selbst, auch ohne Vorkenntnisse. Zudem schlägt er Brücken zu den Vor-Ort-Angeboten.
Die Zusammenarbeit begann im Januar 2024 in einem innovativen Dreiecksverhältnis: Die Caritas in NRW bringt fachliche Expertise ein, die Agentur Scieneers GmbH übernimmt die technische Umsetzung und caritas.next vermittelt zwischen Fachlichkeit und Technologie. "In diesem Miteinander gelingt es allen, ihre Stärken einzubringen", berichtet Michaela Hofmann vom DiCV Köln.
Klient:innenbedürfnisse von Anfang an im Fokus
Ein besonderer Fokus in diesem Prozess liegt auf der Nutzendenorientierung. Vor Entwicklungsstart wurden die Bedürfnisse potenzieller Nutzer:innen erfasst, an denen sich die Entwicklerinnen orientierten.
Durch die Methode "Netnography" wurden fast 150 Fragen zum Thema Bürgergeld aus sozialen Medien gesammelt. Das Redaktionsteam der Caritas in NRW hat diese mit Bezug auf Quellen beantwortet. So entstand ein idealer Trainingsdatensatz für die KI.
Im Februar dieses Jahres folgten umfangreiche Anwendungstests mit Berater:innen und Ratsuchenden. "Dank dieser Ergebnisse konnten wir nicht nur die technische Funktionalität verbessern, sondern auch die Verhaltensregeln, mit denen der Chatbot arbeitet", sagt Florence López von den Scieneers. Diese Regeln bestimmen, wie der Chatbot auf Fragen reagiert, welche Sprache er verwendet und wie er Informationen alltagsnah, hilfreich und vertrauenswürdig aufbereitet - ganz im Sinne der Nutzer:innen.
Beratungsstellen werden durch gemeinsame Plattform entlastet
Das Potenzial, einen solchen KI-Chatbot in der Caritas gemeinsam zu betreiben, ist riesig - nicht nur für das Bürgergeld, sondern für viele Sozialleistungsbereiche. Damit der Chatbot sein Potenzial voll entfalten kann und zur Entlastung von Beratungsstellen beiträgt, ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung nötig. Dabei hilft, wenn viele Verbände bereit sind, an der Entwicklung mitzuwirken. Informationen zu den Möglichkeiten, sich daran zu beteiligen, werden derzeit vom Projektteam zusammengestellt. Interessierte Caritasverbände können sich schon jetzt unter next@caritas.de melden.
1. S. a. Kötter, J.; Agethen, A.: KI-Chatbot zu Bürgergeld entlastet Ratsuchende und Beratende. In: neue caritas Heft 22/2024, S. 15.
Was ist neu?
Ein KI-Chatbot auf www.das-steht-dir-zu.de
Was ist das?
- Ein anonymer und sicherer Anlaufpunkt für Ratsuchende zu Bürgergeld-Fragen in Form eines KI-basierten Dialogangebots
Welche Weiterentwicklung ist im Verband geplant?
- Angestrebt wird eine Ausweitung des Angebots auf weitere Sozialleistungsbereiche.
Was ist bisher geschehen?
- Die Entwicklung wurde bisher durch die Caritas in NRW, die Caritas Stiftung im Erzbistum Köln, caritas.next und die Agentur Scieneers vorgenommen und getragen.
Was wird geschehen?
- Für die Entwicklung zu einer digitalen Caritas werden von caritas.next Vorschläge für ein nachhaltiges Betriebs- und Finanzierungsmodell erarbeitet.
- Verbandliche Abstimmungsprozesse zur gemeinsamen Weiterentwicklung werden im Laufe des Jahres 2025 beginnen.