Auf Tiktok mit dem Projekt „Jugendliche Väter im Blick“
Tiktok – ist das nicht diese Video-Plattform für Tanzfilme? Ultrakurz geschnitten? Für den schnellen Medienkonsum zwischendurch? Aus China? Ja, genau!
Warum bringen wir ein Projekt der sozialen Arbeit auf diesen Kanal? Ganz einfach: Weil dort die jungen Väter sind, die wir mit unserem Projekt erreichen wollen. Und nein: Wir tanzen nicht – und haben es auch nicht vor. Aber wer auf Tiktok aktiv werden will, darf keine Hemmungen haben, sein Gesicht in die Kamera zu halten.
"Jugendliche Väter im Blick" ist ein Verbundprojekt des SKM Bundesverbands mit dem SKM Rheydt in Mönchengladbach, dem SKM Osnabrück und dem SKFM Düsseldorf, gefördert von der Aktion Mensch. Unser Ziel ist es, Väter zu stärken, die 27 Jahre alt oder jünger sind. Diese Altersstufe prägt genau die Zielgruppe, die auf Tiktok unterwegs ist: 38 Prozent der jungen Menschen zwischen 14 und 29 Jahren nutzen Tiktok jeden Tag beziehungsweise 52 Prozent mindestens einmal wöchentlich.1
In Deutschland hat Tiktok aktuell rund 23,5 Millionen Nutzer:innen.2 "Die Zeit" schreibt in einem Dossier vom 1. Juni 2023: "Der durchschnittliche deutsche Teenager verbringt jeden Tag 95 Minuten auf Tiktok. Noch immer sind da Facebook, Instagram und Youtube, aber keine Social-Media-App wächst so schnell wie Tiktok. Keine ist so erfolgreich. Keine ist so umstritten."
Warum Tiktok gerade bei jungen Menschen so beliebt ist
◆ Die kurzen Videos, Tiktoks genannt, kommen den kurzen Aufmerksamkeitsspannen und dem "Medienkonsum zwischendurch" entgegen.
◆ Tiktoks sind leicht zu erstellen. Das Netzwerk bietet eine große Vielfalt an Inhalten und Funktionen. Mit Hilfe vorgegebener Effekte lässt sich schnell ein kleines Medienprodukt realisieren.
◆ Die App bietet viele Möglichkeiten, mit den Inhalten anderer zu interagieren: Über die Duett- und die Stitch-Funktion können Nutzer:innen Videos anderer oder Teile davon in die eigenen einbauen. Oder sie können mit einem Videoclip direkt in den Kommentaren antworten.
◆ Die Bereitstellung durch den Tiktok-eigenen Algorithmus ist hochgradig effektiv: Er spielt personalisierte Inhalte ein wie keine andere Social-Media-App, basierend auf den individuellen Interessen und Vorlieben, die Nutzer:innen ihm zeigen, wenn sie sich durch den Feed (das Video-Angebot) bewegen. Dadurch entdecken sie viele neue Inhalte - ohne jenen folgen zu müssen, die sie hochgeladen haben.
Für die Öffentlichkeitsarbeit und unser Projekt "Jugendliche Väter im Blick" hat das viele Vorteile:
◆ Wir erreichen gezielt junge Menschen.
◆ Wir können unsere Botschaften über visuelles Storytelling erzählen statt über textlastige Formate.
◆ Mit Hilfe des algorithmischen Feeds und der vielfältigen Interaktionsmöglichkeiten können wir hohe Reichweiten für unsere Themen bekommen.
Tiktok ist längst mehr als Tanzvideos
Inzwischen teilen Anwälte, Biologinnen, Sexualpädagogen und Medizinerinnen ihr Wissen und geben Lifehacks (praktische Alltagstipps), Motivationsideen und Einblicke in ihre Arbeit. Die Jungen- und Väterarbeit profitiert davon:
◆ Sie platziert wirkungsvolle Botschaften zu den Themen jugendliche Väter, Vaterschaft, Sorgearbeit und Freude mit Kindern auf Tiktok.
◆ Sie präsentiert Bildungsinhalte kreativ und leicht verständlich.
◆ Sie bricht Stigmatisierungen, Tabus und Vorurteile gegenüber jugendlichen und jungen Eltern auf.
Datenschutz auf Tiktok
Dass seit Anfang April auch Bundeskanzler Olaf Scholz einen Kanal auf Tiktok hat, zeigt das widersprüchliche Verhältnis der Politik zu der Videoplattform: Nach einer Warnung des Verfassungsschutzes ist die App für Mitarbeitende der Bundesregierung verboten - nicht aber für den Kanzler selbst.
Seine Strategie geht auf: Die junge Tiktok-Generation feiert Scholz, die Zahl seiner sehr jungen Fans in dem Netzwerk steigt. Das ist wichtig, weil einige Politiker:innen der AfD massive Erfolge mit ihren Inhalten auf Tiktok haben. Nach einer Kooperation mit dem bekannten deutschen Influencer Younes Zarou stieg die Zahl von Scholz’ Follower:innen schlagartig um 70.000.
Wie bei allen sozialen Netzwerken müssen wir den Datenschutz bei Tiktok aktiv im Blick behalten. Datenschützer:innen sehen den Kanzler-Kanal durchaus kritisch, denn der Betreiber der App, das Unternehmen ByteDance, sitzt in China. Kritische Stimmen stufen Tiktok als Plattform ein, die von autokratischen Staaten wie Russland oder China zur Desinformation genutzt werden kann.
Tiktok macht sogar Spaß
Lässt man sich auf die App ein, folgt eine Überraschung: wie viel Spaß es macht, Tiktok-Videos zu drehen. Aber es bleibt auch herausfordernd, selbst nach rund 20 Videos, die wir seit dem Start im Jahr 2023 produziert haben: Nach wie vor ist es schwierig, die Balance zu finden zwischen wichtigen Inhalten und der Kürze und Einfachheit, die sie für Tiktok haben müssen. Wir versuchen weiterhin, unsere Themen für Tiktok interessant zu gestalten, aber dennoch so, dass die Wissensvermittlung nicht leidet. Wir sehen uns auf Tiktok: www.tiktok.com/@jugendlichevaeter
1. ARD/ZDF-Medienstudie 2024, S. 3 ff. Download per Kurzlink: https://tinyurl.com/nc21-2024TT-1
2. https://wearesocial.com/de/blog/2024/01/digital-2024/
Zum Weiterschauen
Drei empfehlenswerte Tiktok-Kanäle
» Krass Altenheim – Wir sind das erste Altenheim auf Tiktok: www.tiktok.com/@krassaltenheim:
Der Kanal zeigt nette Bewohner:innen eines Altenheims und die dazugehörigen Pflegekräfte. Die Videos sind nicht nur lustig, sondern lassen immer wieder durchblicken, was für ein schöner und "krasser" Beruf die Altenpflege ist.
» Herr Anwalt – Ich bin Anwalt – CEO #1MinuteJura: www.tiktok.com/@herranwalt
Unglaublich schnell geschnitten, aber danach sind alle schlauer: Der Rechtsanwalt Tim Hendrik Walter erklärt, was erlaubt ist und was nicht, welche Gesetzesänderungen es gibt. Besonders beliebt bei Schüler:innen - die interessiert besonders, was sie schon dürfen und was noch nicht.
» fussballinguist – Simon Meier-Vieracker, Professor of Applied Linguistics:
www.tiktok.com/@fussballinguist
Der Sprachwissenschaftler (TU Dresden) nimmt Worte und Reden auseinander – von Politiker:innen ebenso wie von Influencer:innen. Spannend, was implizit hinter so manchen Sätzen steht.