Kunden und Geldgeber schauen genau hin
Durch die am 16. Dezember 2022 bekanntgegebene Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichtserstattung, kurz CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), und deren Inkrafttreten am 5. Januar 2023 änderten sich Art und Umfang der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen grundlegend. Die CSRD muss innerhalb von 18 Monaten nach Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat am 22. März 2024 einen Referentenentwurf veröffentlicht.
Auch in der Kinder- und Jugendhilfe tätige Unternehmen und Träger werden von der CSRD-Berichterstattung betroffen sein. Dies ist der Fall, sofern es sich um eine große Kapitalgesellschaft im Sinne des § 267 Abs. 3 Handelsgesetzbuch (HGB) handelt (Bilanzsumme > 25 Millionen Euro, Umsatzerlöse > 50 Millionen Euro und Anzahl der Beschäftigten > 250).
Im Unterschied zu anderen, im Bereich der Gesundheits- und Sozialwirtschaft tätigen Unternehmen (beispielsweise Krankenhäusern), werden Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe häufig in kleinen Einheiten betrieben und die dargestellten Kriterien oft unterschritten. Dennoch dürfte es für sie von hoher Relevanz sein, dass auch Unternehmen (nicht nur Kapitalgesellschaften) einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, die aufgrund satzungs- oder gesellschaftsvertraglicher beziehungsweise kommunalrechtlicher Regelungen zur Rechnungslegung "wie eine große Kapitalgesellschaft" verpflichtet sind. Infrage kommende Rechtsformen sind hier beispielsweise eingetragene Vereine (e. V.), Stiftungen, Anstalten oder Körperschaften öffentlichen Rechts (AöR beziehungsweise KdÖR).
Für (große) Kapitalgesellschaften können sich auch aus der EU-Taxonomie Verordnung (2020/852) Berichterstattungspflichten ergeben. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um die im Sinne der Taxonomie nachhaltigen Umsatzerlöse im Verhältnis zu den gesamten Umsatzerlösen, der Anteil von nachhaltigen Investitionsausgaben (CapEx) an den gesamten Investitionsausgaben sowie der Anteil nachhaltiger Betriebsausgaben (OpEx) im Verhältnis zu den gesamten Betriebsausgaben.
Mittelbare Verpflichtung zur Berichterstattung
Im Prozess der "nachhaltigen Transformation" nehmen Kreditinstitute, indem sie Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionsvorhaben lenken sollen, eine steuernde Rolle ein. Hieraus folgt, dass sich Unternehmen oder Träger, die nicht unter die unmittelbare Berichterstattungspflicht fallen, dennoch zwingend mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen müssen. Es zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Nachhaltigkeitsleistung des betreffenden Unternehmens Auswirkungen auf Finanzierungskonditionen haben wird (Zinssätze, Wert von Immobilien bei Nutzung als Sicherheit). Des Weiteren liegt nahe, dass auch Fördermittelgeber die Thematik im Vergabeprozess als Förderkriterien nutzen werden.
Jedoch sind nicht nur Banken (und Versicherungen) beziehungsweise Fördermittelgeber an der Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens oder Trägers interessiert: Auch Klient:innen und Mitarbeiter:innen stellen verstärkt (An-)Forderungen an verantwortliches Handeln im Kontext von Nachhaltigkeit.