Nachhaltige Hauswirtschaft lohnt sich
Rund 220.000 Menschen in 2180 stationären Einrichtungen der Alten-, Behinderten-, Kinder- und Jugendhilfe werden hauswirtschaftlich versorgt. Dies geht aus der Einrichtungsstatistik des Deutschen Caritasverbandes von 2016 hervor. Das Konsumverhalten dieser Menschen wird entscheidend durch die Hauswirtschaftskonzepte der Einrichtungen bestimmt.
Auch wenn jede Einrichtung für sich wirtschaftet: Unter dem Dach der Caritas können alle zusammen eine Macht sein, die die Leitbildgedanken über mehr ökologische Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz umsetzt. Konkrete Maßnahmen in der Hauswirtschaft sind: Energie einsparen, Lebensmittelabfälle verringern und auf Plastikverpackungen verzichten.
Wenn in jeder dieser Caritas-Einrichtungen pro Person und Tag nur noch zwei Plastikteile wie zum Beispiel Portionspackungen, Joghurtbecher oder Einweg-Vorbinder verbraucht würden, ergäbe das 440.000 Teile pro Tag und 160 Millionen Teile pro Jahr, die auch im Mittelmeer schwimmen könnten. Bei angenommenen zehn Gramm Plastik pro Person sind das 2200 Kilogramm pro Tag. Bei einem Verzicht auf diese Teile würden pro Jahr rund 803.000 Kilogramm Plastik eingespart. Häuser, die schon länger entschieden haben, auf Portionspackungen zu verzichten, sind auf dem richtigen Weg. Das unterstreicht auch der EU-Beschluss zur Verringerung von Plastikabfällen vom Dezember 2018.
Die Hauswirtschaft in der Gemeinschaftsverpflegung ist ein wichtiger Konsumbereich, in dem ein großes Volumen an Lebensmitteln, Energie und Wasser verbraucht wird. Genau wie im Privathaushalt sind Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung aufgefordert, ihr Verhalten zu verändern. Es gibt auch dort umfangreiche Möglichkeiten, die die Umwelt schonen. Dieser Grundgedanke war Anstoß für die IN VIA Akademie, ein von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördertes Projekt anzubieten, in dem hauswirtschaftliche Fach- und Führungskräfte dazu qualifiziert werden, eine nachhaltige Wirtschaftsweise in ihren Großküchen einzuführen.
Auch ohne Vorschriften etwas für die Umwelt tun
Ein optimaler Ressourcenschutz ist, frische unverpackte Lebensmittel zu verwenden, die möglichst biologisch angebaut, regional eingekauft und saisonal angeboten werden. Aber, was ist …
- … wenn Bioprodukte zu teuer sind und frische, wenig verpackte Lebensmittel mangels Personal kaum verarbeitet werden können?
- … über Convenience-Produkte die fehlenden Fachkräfte kompensiert und die Kapazitäten der Küche manchmal mehr als voll ausgelastet werden, um noch externe Gruppen zu versorgen?
Warum sollte etwas für die Umwelt getan werden …
- … wenn es (noch) keine gesetzlichen Verpflichtungen gibt, die die Küchenleitungen unterstützen?
- … wenn Anreize zum Energiesparen fehlen, weil das eingesparte Geld nicht dem eigenen Betrieb zugute kommt, um in neue Ansätze zu investieren?
- … wenn angesichts der Komplexität der Aufgabenstellung Ideen für einen Anfang fehlen?
- … wenn ökologische Nachhaltigkeit kein Thema für die gesetzlich geforderten Hauswirtschafts-Konzepte ist?
Hat das zur Konsequenz, sich erst mal nicht um ökologische Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz zu kümmern? Abzuwarten, bis gesetzliche Regelungen in Kraft treten? Die gegenwärtigen Diskussionen über die Vermeidung von Plastikabfällen, Einsparungen von CO2-Emissionen etc. werden zu solchen Vorgaben führen. Durch die aktuelle europäische Regelung steht Deutschland nun vor der Aufgabe, für die Umsetzung konkrete Maßnahmen zu formulieren.
Die IN VIA Akademie als Anbieter von Fort- und Weiterbildung für hauswirtschaftliche Fach- und Führungskräfte hat sich mit dem Projekt für Angebote rund um nachhaltiges Wirtschaften aufgestellt. Sie sind fester Bestandteil des Fortbildungsprogramms.
Oft reichen geringe Investitionen
Die Absolvent(inn)en der Lehrgänge haben in ihren Praxisprojekten dargelegt, dass Maßnahmen mit konkreten Zielen und realistischen Schritten erfolgreich umgesetzt werden können. Dies ist vor allem dann möglich, wenn der Blick auf die Prozesse in der Großküche mit dem Wissen über Nachhaltigkeit erweitert wird. In ihren Betrieben haben sie Projekte unter dem Leitsatz: „Eine Routine durch eine neue Routine ersetzen“ initiiert. Oft mussten nur geringe Investitionen vorgenommen werden.
Die Einsparpotenziale konnten in einigen Fällen exakt ausgerechnet werden, in anderen Fällen bewiesen schon grobe Schätzungen und die ideellen Begründungen, dass das Engagement Sinn macht.
Einige Best-Practice-Beispiele aus den Weiterbildungen sind:
- Indem die Betriebszeiten von Küchengeräten in einem Pflegeheim im Lichtenau verringert wurden, konnten bei diversen Geräten rund acht Betriebsstunden und somit Energie eingespart werden. Die Anpassung der Prozesse in der Spülküche ergab noch einmal ein Sparpotenzial von zehn Spülkörben und einer Arbeitsstunde pro Tag.
- Indem auf Portionspackungen verzichtet wurde, konnte in einer Düsseldorfer Altenhilfeeinrichtung der Verpackungsmüll verringert werden. Insgesamt wurden rund 720 Plastikteile pro Tag und damit 262.800 pro Jahr eingespart. Der zeitliche Mehraufwand für das Befüllen und Spülen von Glasschälchen betrug circa 40 Minuten pro Schicht, die von den engagierten Mitarbeitenden aufgefangen wurden.
- Nachdem die Ursachen für das Abfallaufkommen ermittelt und die Kommunikation zwischen den Mitarbeitenden von Pflege und Hauswirtschaft/Küche verbessert wurden, konnten in einer Altenhilfe-Einrichtung in Castrop-Rauxel Lebensmittelabfälle vermieden werden.
- In einem Pflegeheim in Hildesheim wurden die Fleischportionen angepasst und so der Fleischverbrauch reduziert.
Der Einsatz für diese Erfolge ist: Interesse am Thema und die Bereitschaft, Zeit für ein Projekt zu investieren. Wer die Zeichen der Zeit und das Leitbild der Caritas ernst nimmt und sich für die Aufgaben der Zukunft aufstellen will, weiß, dass diese Investitionen in jedem Fall sinnvoll sind und ohne sie ein Vorankommen in Richtung Nachhaltigkeit nur schwer möglich ist.
Alle wissen, dass die Zeit zum Handeln drängt
In den Schulungen wurde immer wieder deutlich: Nachhaltigkeit ist Chefsache und Teamarbeit. Auch weil in der Gemeinschaftsverpflegung sozialer Einrichtungen verschiedene Professionen mit der Versorgung der Bewohner(innen) und Gäste beauftragt sind. Sie müssen ihre sozialen Dienstleistungen gemeinsam erbringen und deshalb miteinander kooperieren. Alle Prozesse müssen top-down und bottom-up gestaltet werden. Doch wenn eine Initialzündung erfolgt ist, lassen weitere Maßnahmen oft nicht lange auf sich warten.
Zum Beispiel: eine Maccaroni-Nudel als Trinkhalm für Kaltgetränke verwenden, falls dieser unverzichtbar ist. Das Engagement und die Kreativität der Mitarbeitenden gilt es zu wecken, weil alle wissen, dass die Zeit zum Handeln drängt.
Eine Nachhaltigkeitsmatrix, die das komplexe System Großhaushalt abbildet, ist ein weiteres Ergebnis des Projekts. Sie wurde in Kooperation mit Stephanie Hagspihl, Professorin an der Hochschule Fulda im Fachbereich Oecotrophologie, entwickelt. In der Matrix sind 113 Zielwerte aufgelistet, mit denen eine nachhaltige Wirtschaftsweise eingeführt werden kann. Das Analyse-Instrument ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf die Prozessabläufe in der Gemeinschaftsgastronomie: Einkaufsmanagement, Speisenplanung, Prozessoptimierung, Lagerhaltung, Reinigungsmanagement, Abfallmanagement und Entsorgung / Vermeidung von Lebensmittelabfällen, Energiemanagement, Personalmanagement.
Mit der Analyse kann jeder Betrieb seinen Ist-Stand zum Ressourcenschutz ermitteln und Soll-Werte aufstellen, die zu den Gegebenheiten und Abläufen im Arbeitsalltag passen. Dabei ist erfreulicherweise nicht jede Maßnahme mit Mehrkosten verbunden. Denn finanzielle Argumentationen bremsen Veränderungen allzu häufig aus.
Die Ergebnisse aus den Praxisprojekten zeigen: Ökologische Nachhaltigkeit ist möglich. Wenn nicht in großen, dann in kleinen Schritten. Das Rad muss nicht neu erfunden werden. Etwas anders gedreht könnte es zwei Ziele miteinander verbinden: die Sicherstellung der Versorgung und die Bewahrung der Schöpfung.
Projektergebnisse
Praxisnahe Anregungen
Zum Projektabschluss Ende März 2019 werden Arbeitshilfen zu einzelnen Schlüsselprozessen und Informationen
über die Projektergebnisse unter www.nachhaltigkeitkonkret.info veröffentlicht.
Die Plattform möchte
- Fachkräfte mit Best-Practice-Beispielen motivieren und Impulse für konkrete Schritten geben;
- vorhandenes Fachwissen mit Aspekten zur Nachhaltigkeit verknüpfen und ergänzen;
- eine Orientierung geben über Projekte und Plattformen rund um Nachhaltigkeit in der Gemeinschafts-Gastronomie.
Fachkräfte können praxisnahe Anregungen herunterladen, wie sie ihren Betrieb für die Zukunft Ressourcen schonend und nachhaltig aufstellen können. Interessierte und Träger können sich über die Weiterbildungen informieren. Die nächste Weiterbildung beginnt am 27. Mai 2019. Infos unter www.invia-akademie.de
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