Generalistische Pflegeausbildung darf nicht an Umsetzungsproblemen scheitern
Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung sowie die Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungs-Verordnung wurden im September 2018 im Bundesrat verabschiedet. Damit wurde zwar der Weg frei, die generalistische Pflegeausbildung für die Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege umzusetzen, für die Beteiligten war aber von Anfang an klar, dass dies alles andere als einfach sein wird. Zu viele grundsätzliche Probleme konnten im Gesetzgebungsprozess und auch bei der Verabschiedung der Verordnungen nicht gelöst werden. Zu nennen sind etwa die Anschubfinanzierung für die Pflegeschulen, die für eine fach- und sachgerechte Umsetzung des Pflegeberufe-Gesetzes nötig ist, die Finanzierung der Investitions- und Mietkosten der Schulen und die Umsatzsteuer bei Leistungsaustausch.
Die Lösung des Problems der Anschubfinanzierung wird auf Länderebene dadurch erschwert, dass bei der Verabschiedung der Finanzierungsverordnung die Länderhaushalte bereits feststanden und keine Mittel dafür vorgesehen waren. Auch der Streit zwischen Bund und Ländern zur Investitionskosten-Finanzierung der Pflegeschulen bei der generalistischen Pflegeausbildung ist nach wie vor ungeklärt. Die Betreiber von Pflegeschulen haben Bedenken, ob ein kostendeckender Betrieb ab 2020 noch möglich ist.
Ungelöst bleibt auch die Frage der Umsatzsteuer(-befreiung). Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) hat in ihrer Stellungnahme zur Finanzierungsverordnung gefordert, eine generelle Umsatzsteuer-Freiheit der Verwaltungs- und Vollstreckungskosten der zuständigen Stellen sowie des Fondsvermögens rechtsverbindlich zu verankern. Dies betrifft auch die Kosten für die Organisation der praktischen Einsätze in den Einrichtungen durch Kooperationsverträge, welche den Trägern der praktischen Ausbildung erstattet werden sollen.
Zu den genannten Problemen, die bereits im Vorfeld absehbar waren, kommen neue, erst jetzt sichtbare hinzu. Zum einen ist das Prozesskostenrisiko bei Klagen der Träger von Einrichtungen und Pflegschulen gegen die Schiedsstelle zu nennen. Zur Deckung der Ausbildungskosten sind auf Landesebene Pauschalbudgets zu vereinbaren. Kommt dies nicht rechtzeitig zustande, entscheidet die Schiedsstelle. Deren Entscheidung kann vor dem Verwaltungsgericht beklagt werden. Da die Schiedsstelle in diesem Fall Beklagte ist, hat sie die Prozesskosten zu tragen, falls sie unterliegt. Die Kosten der Schiedsstelle wiederum tragen anteilig die Rechtsträger der in der Schiedsstelle vertretenen Parteien (unter anderem die Träger der praktischen Ausbildung und die Interessenvertretungen der Pflegeschulen). Angesichts der zu erwartenden hohen Streitwerte ist das Prozesskostenrisiko für die Beteiligten untragbar. Als Lösungen kommen eine Streitwertbegrenzung in Paragraf 52 Abs. 4 Gerichtskostengesetz oder eine Eingrenzung des Streitgegenstandes auf das Pauschalbudget pro Schüler / Auszubildendem infrage. Die BAGFW und der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) als Leistungserbringer haben sich mit der Bitte um eine entsprechende Gesetzesänderung an das Bundesgesundheits- und das Bundesfamilienministerium gewendet. Auch mehren sich Problemanzeigen bei den Verhandlungen über die Pauschal-Budgets. So unterbieten die Kassen die Angebote der Leistungserbringer in vielen Bundesländern zum Teil um mehr als die Hälfte.
Diese Probleme erschweren die Umsetzung der neuen Pflegeausbildung und gefährden das Ziel, mehr Auszubildende für die Pflege zu gewinnen. Die Umsetzungsakteure sind nun wieder gefragt, realisierbare Lösungen zu finden. Die Politik ist gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
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