Damit die Aggression nicht übernimmt
Wie bewerten wir Verhalten? - Um miteinander an diesem Thema arbeiten zu können, braucht es eine gemeinsame Grundhaltung und ein Überprüfen von Bewertungskompetenzen, die man sich im Laufe des bisherigen Lebens angeeignet hat.
Ein Beispiel: Ich komme zur Arbeit in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung und meine Kollegin erwähnt, ein Klient sei "aggressiv" gewesen. Was macht das mit mir? Begegne ich dem Klienten eventuell ein wenig anders, vorsichtiger, mit Abstand? Bringt das den Klienten mit Beeinträchtigung vielleicht durcheinander? Verunsichert mein Verhalten? Bringt es den Klienten eventuell dann dazu, Verhaltensweisen zu zeigen, die meiner Bewertung entsprechen? Während der/die eine Mitarbeitende schon von schwierigem Verhalten spricht, wird es von jemand anderem noch nicht so gesehen.
Und, einmal davon abgesehen - ist der Bewohner tatsächlich "aggressiv" oder nicht einfach nur überfordert, kann sich nicht ausdrücken, hat Stress, fühlt sich nicht richtig wahrgenommen oder stößt einfach nur an Grenzen? Hier darf man sich bei Gelegenheit auch fragen?… an welche? Die des Klienten, oder die der Mitarbeitenden?
Kein Mensch wird "aggressiv" oder herausfordernd ohne Grund. Es steckt immer eine innere Not dahinter.
Ganzheitlich: "Professionelles Deeskalationsmanagement"
Diese Selbstreflexion ist wesentlicher Bestandteil der als Marke eingetragenen Methode "Professionelles Deeskalationsmanangement" - "ProDeMa". Sie ist ein inhaltlich umfassendes und ganzheitliches Konzept zum Verständnis, zum Umgang und zur Nachsorge zum Thema "herausforderndes Verhalten von Menschen".
Verhinderung der Entstehung von Gewalt und "Aggression"
Auf dieser Ebene beschäftigen wir uns vorrangig mit den von außen einwirkenden strukturellen Rahmenbedingungen, die auf die Entstehung von Gewalt und "Aggressionen" bei Betreuten entscheidenden Einfluss haben. Mögliche auslösende Reize werden reflektiert. Hierzu gehören die Analyse der bestehenden Regeln, der Umgang von Personal mit Betreuten sowie die Reflexion von bestehenden Strukturen.
Was bedeutet es beispielsweise, mit Menschen zusammenzuwohnen, die man sich nicht ausgesucht hat? Den institutionellen Rahmenbedingungen, die es zwangsläufig gibt, zu unterliegen? Nicht jeden Mitarbeitenden gleich gut zu finden?
Welchem Stress sind die Betreuten ausgesetzt? Beispielsweise durch die Gruppengröße an sich und der daraus resultierenden Lautstärke, egal in welchem Lebensbereich? - Hier sind Einrichtungen gefragt, strukturelle Gegebenheiten zu hinterfragen, aber auch Mitarbeitende, die reflektieren, ob bisherige Regeln und Strukturen hilfreich sind.
Überprüfung der Bewertungsprozesse verschiedener Verhaltensweisen
Persönliche Bewertungsprozesse der Mitarbeitenden können ausschlaggebend sein, ob eine Situation eskaliert oder ob sie deeskaliert werden kann. Auf dieser Ebene reflektieren wir unsere eigenen Wahrnehmungs- und Bewertungssysteme sowie die Entstehung von Ärger oder Wut.
So stellen sich die Fragen: Aus welchem Grund nehmen manche Mitarbeitenden Aussagen eher persönlich als andere? Welche Werte und Normen habe ich? Wo sind meine Grenzen und erkenne ich diese (an)?
Welche Gefühle löst es in mir aus, wenn ich angeschrien, beleidigt oder gar bedroht werde? Wie reagiere ich da? Kann ich mir helfen, wenn ich bemerke, dass ich mindestens so angespannt bin wie der/die Klient(in)? Wie gehen wir im Team damit um?
Und: Was verstehen wir unter einer "professionellen Grundhaltung"? Was ist eine angemessene Distanz? Was eine angemessene Nähe? - Nach dieser Reflexion werden die eigenen Bewertungsmuster noch einmal hinterfragt, und es ändern sich möglicherweise Sichtweisen auf herausforderndes Verhalten. So wird beispielsweise erkannt, dass bestimmte Verhaltensweisen, die Mitarbeitende möglicherweise als Provokation bewerten, nicht als solche zu sehen sind.
Verständnis der Ursachen und Gründe herausfordernder Verhaltensweisen
Herausfordernde Verhaltensweisen eines Menschen haben immer eine Ursache.
Jemand regt sich beispielsweise auf, weil man lange auf jemanden warten muss. Was tut man unter solchen Umständen? Man sitzt vielleicht da, schimpft vor sich hin (beobachtbares Verhalten) und wird zusehends ungehaltener. Was steckt dahinter? Das Gefühl mangelnder Wertschätzung? Der Wartesituation ausgeliefert zu sein? Hilflosigkeit? Angst, dem anderen könnte etwas passiert sein?
Die Kenntnis und das tiefere Verständnis von Ursachen und Beweggründen ist Voraussetzung dafür, deeskalierend auf einen Klienten/eine Klientin eingehen zu können. Durch die Wahrnehmung seiner/ihrer aktuellen Bedürfnisse, Probleme und Gefühle hinter den herausfordernden Verhaltensweisen können wir mit ihm/ihr in Kontakt kommen, ihn versuchen zu verstehen. Unser Ziel ist, ihn/sie zu begleiten und eine weitere Eskalation zu verhindern.
Kommunikative Deeskalationstechniken im Umgang mit hochgespannten Klienten
Die verbale Deeskalation ist das Herzstück von "ProDeMa".
Welche Art der Kommunikation und Gesprächsführung ist förderlich im direkten Umgang mit hochgespannten Menschen? Wie verhalte ich mich, wenn die Anspannung des Klienten/der Klientin kurz vor dem Ausbruch steht und ein Übergriff droht?
Es gilt, einige wichtige Grundregeln zu beachten:
Besonders hilfreich und gewinnbringend bei der Arbeit mit Menschen in Krisensituationen ist die Körpersprache, Mimik, Gestik, Stimmmodulation. Auch wenn das gesprochene Wort nicht verstanden werden kann, wird diese Art der Kommunikation zum unverzichtbaren Bestandteil einer gelingenden Beziehung.
Wie schätze ich die lebenspraktischen Fähigkeiten ein, wie die kognitiven und wie die emotionalen? Wo sind die Unterschiede, welche Entwicklungsstufen vermute ich in welchem Bereich? Steckt hinter dieser Fassade ein Mensch mit kindlichen Verhaltensweisen in einem erwachsenen Körper? Wo über- und wo unterfordere ich diesen Klienten/diese Klientin? Wie äußert sich entwicklungslogisches Verhalten eines erwachsenen Menschen mit Unterstützungsbedarf? - Sowohl in Seminaren als auch während der Ausbildung zum/zur Deeskalationstrainer(in) werden verbale und non-verbale Gesprächstechniken trainiert.
Schonende Abwehr-, Löse- und Fluchttechniken
"ProDeMa" ist ein Mitarbeiterschutzkonzept, und so ist die eigene Sicherheit ebenfalls ein zentraler Bestandteil der Situationsgestaltung. Wie viel Abstand brauche ich, dass es nicht zu einem körperlichen Übergriff kommt, und falls dem doch so ist, wie löse ich mich sicher und schonend, um wieder sprechen und agieren zu können?
Im Laufe eines Berufslebens werden mehrere Dinge im eigenen "Methodenkoffer" gesammelt. Diese Methoden helfen Klient(inn)en und dem Mitarbeitenden, Wege aus schwierigen Situationen zu finden und dennoch die Beziehung nicht zu gefährden, sondern durch Begleitung in Krisensituationen noch zu stabilisieren. "ProDeMa" kann und will die pädagogische Arbeit nicht ersetzen. Was die Methode anbietet, ist die fachliche Implementierung eines Deeskalationsmanagements für alle, die sich dem Thema Gewalt stellen und Menschen in Krisen wertschätzend und sicher begleiten wollen. Persönlich sieht die Autorin es so: Deeskalierendes Arbeiten ist eine Haltungssache.
Die Familien selbst sind die Experten für ihre Lebenswelt
Besser zusammenleben durch Quartiersarbeit
Die Allgemeine Sozialberatung ist persönlich
Leistungskürzung der Pensionskasse
Willen der Pflegenden respektieren
Hinterlassen Sie einen Kommentar zum Thema
Danke für Ihren Kommentar!
Ups...
Ein Fehler ist aufgetreten. Bitte laden Sie die Seite erneut und wiederholen Sie den Vorgang.
{{Reply.Name}} antwortet
{{Reply.Text}}