Frauenquote macht einmal mehr Kopfzerbrechen
Mit 110 Teilnehmenden war die diesjährige, Ende Mai in Berlin veranstaltete Bundeskonferenz der Geschäftsführungen der Ortsverbände die bestbesuchte seit ihrer Existenz. Moderiert wurde sie in Tandems aus der Sprechergruppe abwechselnd von Regina Hertlein (Mannheim), Gaby Hagmans (Frankfurt), Hans-Georg Liegener (Krefeld) und Marcus Drees (Emsland). Breiten Raum nahm die Diskussion um eine geschlechtergerechte Satzung im DCV ein. Würde diese von der Delegiertenversammlung (DV) des DCV mit der nötigen 75-Prozent-Mehrheit beschlossen und eine feste Quote für den Frauenanteil festgelegt, müssten sich die DCV-Gremien anders zusammensetzen. Die Ortsebene ist schon mit einem guten Frauenanteil in der DV vertreten. Doch gibt es Überlegungen, ob Ortsebene und Diözesanebene in einen Topf geworfen werden sollen bei der Quotenberechnung, um dann als Gruppe gemeinsam die 50-Prozent-Quote zu erreichen. Und warum? Weil derzeit die Diözesan-Caritasverbände (DiCV) als eigenständige Gruppe bei weitem nicht die 50-Prozent-Quote erreichen würden. "Warum sollen wir auf der Ortsebene die Probleme der Diözesen ausbaden?" war der Tenor der Debatte. Ein Meinungsbild per Handzeichen zeigte klar: Die Ortsebene will getrennt von den Diözesen als eigene Gruppe gewertet werden. Nochmals aufgegriffen wurde das Thema, als Caritas-Präsident Peter Neher und Eva Maria Welskop-Deffaa, ab Juli Vorstand für Sozial- und Fachpolitik, zur Konferenz dazustießen. Neher verwies auf die kirchenrechtlichen Gegebenheiten, die bei einer Satzungsänderung berücksichtigt werden müssten. So werde in jeder Diözese von der Bistumsleitung ein(e) Delegierte(r) direkt entsendet. Dies seien derzeit häufig Weihbischöfe oder Generalvikare - also Männer. Beim Zwang zur Quote sei gut möglich, dass sich diese zugunsten von Frauen aus der DV zurückzögen. "Damit würden wir uns ins eigene Knie schießen", fürchtet Neher. "Mir persönlich ist deren Teilnahme an der DV ein hohes Gut. Die Kleriker bauen für die Caritas die Brücken in die Gremien der Deutschen Bischofskonferenz." Neher stellte in Aussicht, dass man sich auch einen Kompromiss in der Satzung überlegen könne: die Pflicht zur Quotenerfüllung auf Ortsebene und eine Soll-Regelung für die Diözesen.
Förderinstrumente für Langzeitarbeitslose
Seit gut zwölf Jahren beißt sich die Caritas an den Förderinstrumenten für Langzeitarbeitslose die Zähne aus. Birgit Fix vom Berliner Büro des DCV stellte in einer Diskussionsrunde klare Forderungen für bessere Förderinstrumente auf (die neue caritas wird das Thema demnächst noch gesondert aufgreifen). Volle Zustimmung erhielt sie von der grünen Bundestagsabgeordneten Brigitte Pothmer, die die kurzfristigen Maßnahmen und Sonderprogramme anprangerte. Es brauche einen zweiten, sozialen Arbeitsmarkt, finanziert über den Passiv-Aktiv-Transfer, also die Umwandlung der Gelder aus der Arbeitslosenhilfe in Fördermittel. Erstaunen kam unter den Konferenzteilnehmenden auf, als auch Jutta Eckenbach, MdB der CDU und wie Pothmer Mitglied im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales, zustimmte, dass es langfristige Programme brauche. "Erstaunlich viel Übereinstimmung" konstatierte Gaby Hagmans. Hoffentlich ist das nicht nur der anstehenden Bundestagswahl zuzuschreiben.
Gespenst Digitalisierung
Dass die Digitalisierung über kurz oder lang die verbandliche Kommunikation umkrempeln wird, stellten Gertrud Rogg vom DCV und Öffentlichkeitsreferent Roland Knillmann vom DiCV Osnabrück in Aussicht. Für den zunehmenden direkten Dialog mit Interessierten, Ratsuchenden und Unterstützer(inne)n brauche es neue Strukturen. Internet und soziale Medien halten sich nicht an verbandliche Grenzen. Langfristig könne dieser Bereich nur mittels virtueller Teams über alle verbandlichen Ebenen hinweg gestemmt werden. Dazu steht die nächste Herausforderung schon an: Die Aktion "Wählt Menschlichkeit", die vor der Bundestagswahl lanciert werden soll und von DCV-Stabsstellenleiterin Claudia Beck vorgestellt wurde (siehe neue caritas Heft 10/2017, S. 19), wird zeigen, ob der Verband kampagnenfähig ist. Die Abstimmung in Berlin ergab, dass alle die Aktion gut finden. Nun müssen die Mitarbeitenden auf allen Verbandsebenen nur noch mitmachen und an Ständen und auf Facebook diskutieren oder ein Foto auf die Homepage hochladen!
Dass an der Digitalisierung in der sozialen Arbeit kein Weg vorbeiführen wird, machte auch der Vortrag von Helmut Kreidenweis von der Katholischen Universität Eichstätt deutlich (s.?a. Heft 6/2017, S. 9). Digitalisierung umfasse einen Wandel in allen gesellschaftlichen Bereichen, und wir seien inzwischen Getriebene der technischen Innovationen. Bereits heute stellten disruptive Geschäftsmodelle den Markt total auf den Kopf, verdeutlichte er am Beispiel von Facebook, Airbnb, Uber und Flixbus. Zwischen Anbieter und Kunden schieben sich Plattformen wie care.com oder betreut.de, die Tempo und Regeln diktieren. Damit müsse auch die Caritas umgehen. Zudem müsse die digitale Teilhabe gesetzlich verankert und in den Leistungsvereinbarungen mit Kostenträgern fixiert werden.
Keine pastoralen Konzepte
"Wie soll ein Ortsverband damit umgehen, dass Kirche immer unsichtbarer und die Caritas immer sichtbarer wird?", fragte Hans-Georg Liegener den Berliner Dompropst Tobias Przytarski. In dessen Bistum gibt es Pfarrer, die für 62 Gemeinden zu-
ständig sind. "Hier müssen wir kooperieren." Vorstellbar sei, dass mancherorts die Caritas die Präsentation der Kirche übernehme. Hier müsse in die geistliche Begleitung der
nichtkatholischen Mitarbeitenden investiert werden, wenn man weiterhin christlich geprägt sein wolle - auch eine Aufgabe, die zunehmend die Verbände selbst übernehmen.
Abschied von Georg Cremer
Mit Standing Ovations verabschiedete die Bundeskonferenz Generalsekretär Georg Cremer in den Ruhestand, nachdem Gaby Hagmans ihn zuvor liebevoll als schrulligen Querdenker tituliert hatte. Zuvor gab es nochmals einen intensiven Austausch zu den aktuellen Themen seiner Lobbyarbeit: die Bildungschancen für benachteiligte Kinder und Jugendliche, die Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes, die ständige Bedrohung durch das Vergaberecht. Cremer appellierte an alle, sich weiterhin am Gemeinschaftsprojekt der Online-Beratung zu beteiligen sowie sich bei den Diskussionen in den sozialen Medien einzuklinken.
Beteiligung – ein Schlüssel für erfolgreiche Erziehungshilfen
Vielstimmiger Glaube in der Caritas
Schöne neue Arbeitswelt
Was das Leben lebenswert macht
Biete Wohnraum, suche Familienanschluss
Personalvorgaben sind keine Lösung
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