Geschlechtergerechtigkeit in der Generation Y
Im Jahr 2025 wird die gegenwärtig vielbeschworene "Generation Y" eine(n) von zwei Arbeitnehmer(inne)n stellen. Diese zwischen 1980 und 2000 Geborenen, heißt es, haben hohe Ansprüche an potenzielle Arbeitgeber. Bedingt durch den prognostizierten Fachkräftemangel werden die Angehörigen der Generation Y gute Chancen haben, für ihre Forderungen Gehör zu finden. Um weiterhin als attraktiver Arbeitgeber zu gelten – und zwar für Männer wie auch für Frauen – sind Unternehmen daher gefordert, Anpassungen der Organisationskultur sowie der Beschäftigungsbedingungen zu bewirken.
Zentrale Werte und Wünsche der Generation Y lassen sich aus breit angelegten Jugendstudien erschließen. Dabei zeigen die Ergebnisse der Shell-Jugendstudie, dass jungen Menschen neben dem häufig diskutierten Streben nach Selbstverwirklichung vor allem Freunde und Familie wichtig sind. Hingegen geht die Karriereorientierung im Sinne des Verfolgens eines starren Karrierepfades deutlich zurück. Dies zeigen auch die vom Kienbaum-Institut herausgearbeiteten Berufsorientierungs-Typen: Dem Typus der Karriereorientierten lässt sich dabei nur noch jede(r) fünfte, meist männliche Befragte zuordnen. Am häufigsten vertreten sind mit 38 Prozent die "Ambitionierten": Für sie hat beruflicher Erfolg ebenfalls hohe Priorität, sie sind aber nicht bereit, dafür Familie oder Freunde zu vernachlässigen. Markant ist zudem das ausgewogene Geschlechterverhältnis unter den Ambitionierten. Dieses deutet – über einen allgemeinen Wertewandel der Generation Y hinausgehend – auf eine weiter fortschreitende Abkehr vom traditionellen Modell des männlichen Hauptverdieners hin.
Etliche Autor(inn)en vermerken explizit, Geschlechtergerechtigkeit sei im Gedankengut der Generation Y verankert. Zwar variiere die Bedeutungsbeimessung abhängig vom Geschlecht und Bildungsniveau des einzelnen jungen Menschen. Chancengleichheit sei aber für viele junge Arbeitnehmer(innen) ein entscheidendes Kriterium bei der Arbeitgeberwahl. In der Alltagspraxis spüren die "Ypsiloner" jedoch noch eine deutliche Abweichung vom verinnerlichten Grundsatz der Gleichberechtigung. Die Mehrheit sieht Frauen bei den Karrierechancen weiter im Nachteil. Dabei bestätigen Umfrageergebnisse vielfach, dass die Bereitschaft junger Frauen – 54 Prozent der Hochschulabsolvent(inn)en sind weiblich – zur Übernahme einer Führungsposition ebenso hoch ist wie bei männlichen Altersgenossen.
Dass sich diese Ambitionen bisher nicht entsprechend in der gelebten Realität niederschlagen, wird vor allem auch an jungen Familien deutlich. Während Ausbildung und Berufseinstieg gleichen sich die Einstellungen beider Geschlechter zu Karriere und Familiengründung. Nach der Geburt des ersten Kindes entfernen sich die Positionen von Vätern und Müttern jedoch voneinander. Aktuellen Forschungen zufolge sind Frauen viel öfter bereit, Einbußen im beruflichen Aufstieg und Verdienst zu akzeptieren als ihre männlichen Partner. Zum Zeitpunkt der Familiengründung besteht durch das Erleben struktureller Vorgaben die Gefahr einer Retraditionalisierung des zuvor moderneren Rollenverständnisses. Mit strukturellen Vorgaben sind etwa geschlechtsspezifische Lohnunterschiede gemeint, die oft Entscheidungskriterium für die familiäre Aufgabenverteilung sind. Für junge Männer scheint zudem die Erfahrung prägend zu sein, dass Väter in Elternzeit weiterhin oft auf Unverständnis stoßen. Oftmals fehlen ihnen adäquate Rollenvorbilder sogar gänzlich.
Das Aufbrechen solcher Strukturen obliegt nicht allein der Politik oder den Betroffenen – auch Unternehmen stehen in der Verantwortung. Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu geschlechtergerechten Arbeitsbedingungen bildet dabei das steigende Angebot an flexiblen Arbeitszeitmodellen. Werden sie zu einer Selbstverständlichkeit ausgebaut, entsprechen sie durchaus den Wünschen nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf beider Geschlechter in der Generation Y. Diese Maßnahmen entbinden die Unternehmensverantwortlichen jedoch nicht davon, sensibel für die erwähnten Retraditionalisierungs-Schübe und Geschlechter-Stereotype zu sein, deren negative Auswirkungen primär Frauen treffen.
Eine Übersicht einschlägiger Studien und Veröffentlichungen
- Agentur ohne Namen (2013): Student Survey 2013. Online zugänglich unter http://www.strimgroup.com/wp-content/uploads/pdf/Student_Survey_2013.pdf
- Allmendinger, Jutta (2009): Frauen auf dem Sprung. Wie junge Frauen leben wollen. Die Brigitte-Studie. München: Pantheon-Verlag
- Kienbaum (2015): Absolventen 2015 unter die Lupe genommen. Ziele, Wertvorstellungen und Karriereorientierung der Generation Y. Online zugänglich unter http://www.kienbauminstitut-ism.de/fileadmin/user_data/veroeffentlichungen/kienbaum_institut_ism_studie_absolventen_08_2015.pdf
- Rump, Jutta; Eilers, Silke (2011). Die jüngere Generation in einer alternden Arbeitswelt: Baby Boomer versus Generation Y. Sternfels: Verlag Wissenschaft & Praxis
- Shell Deutschland (Hrsg.) (2015): Jugend 2015. 17. Shell Jugendstudie. Frankfurt: Fischer.
- Trappe, Heike (2013): Väter mit Elterngeldbezug. Nichts als ökonomisches Kalkül? In: Zeitschrift für Soziologie 42 (1), 28-51.
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