Von der Vision zur Realität
Berichte werden intelligent verknüpft und automatisch erstellt. Smarte Systeme sorgen für hohe Effizienz von Photovoltaikanlagen auf dem Dach von Einrichtungen, und telemedizinische Anwendungen erlauben Menschen in ländlichen Räumen schnellen Zugang zu ärztlicher Versorgung. Diese Möglichkeiten sind technologisch nicht fern - und doch noch nicht wirklich im Alltag angekommen.
Mit KI verbinden sich Hoffnungen und Ängste. Beide Emotionen scheinen eng verknüpft mit früheren Erfahrungen aus Digitalisierungsprojekten zu sein, aber auch mit fehlender Genauigkeit in der Art, wie über die neuen Hilfsmittel gedacht und gesprochen wird. Das ist im Sammelbegriff KI angelegt: Gemeint sind verschiedene Technologien und Methoden oder auch ein ganzer Forschungszweig, die so komplexe Aufgaben erfüllen, dass die Handlungen der Maschine für menschenähnlich erklärt werden.
Gemeinsam nutzen all diese Technologien Daten: verarbeiten und analysieren sie (zum Beispiel Sprache, Bilder, Text), erkennen Muster, treffen Entscheidungen aufgrund von definierten Regeln oder sagen Entwicklungen voraus, erstellen neue Inhalte, können sich an Veränderungen anpassen und optimieren sich kontinuierlich selbst. Kurz: KI ist nicht ChatGPT.
Dennoch spielt generative KI, die Texte, Bilder und mehr erzeugen kann, aktuell die größte Rolle im Diskurs. Große Sprachmodelle von OpenAI, Meta, Anthropic und anderen sind bereits mit riesigen Datenmengen trainiert. Die Anpassung auf organisationseigene Belange erfordert keine weiteren großen Datenmengen, sondern nur wenige Quellen, die das System in natürlicher Sprache ausgeben kann.
Wo KI heute schon wirkt
Diesen Weg gehen Projekte wie der KI-Chatbot zu Bürgergeld bei der Caritas in NRW1 und inclusio.ai vom Bundesverband Caritas Kinder- und Jugendhilfe (BVkE). Letzteres basiert auf jugendhilfe.ai, das SGB-Informationen für Fachkräfte der Jugendhilfe aufbereitet. Auf eigene Daten aus Caritasverbänden greift CariFix zu, ein Prototyp für Wissensmanagement aus dem Projekt "Lernende Systeme in der Beratung"2 für seinen Knowledge Graph (eine Systematik, anhand der Informationen gesucht und miteinander verknüpft werden) als Grundlage für Machine Learning. Damit verwandt sind Robotikanwendungen, in denen eine ganze Reihe der genannten Funktionen zum Einsatz kommen, um Aufgaben aus Pflege und Alltag zu übernehmen. Caritasverbände in Darmstadt, Kronach, Dortmund, Köln und Garmisch-Partenkirchen gehören hier schon zu den Pionieren in der Anwendung.
Eine Studie der Katholischen Universität (KU) Eichstätt-Ingolstadt zeigt, dass KI in der Sozialwirtschaft bisher flächendeckender vor allem in administrativen Prozessen Beachtung findet.3 Es ist eine gute Entwicklung, die Automatisierung repetitiver Aufgaben voranzutreiben.
Fragen für die weitere Zukunft sollten sein: Wo kann die Analyse von Daten noch helfen? Können Angebote personalisiert werden und verstärkt präventiv wirken? Was kann aus Daten gelernt werden, die bereits zur Verfügung stehen? Wie sind sie zu organisieren, damit sie noch besser genutzt werden können? Unterstützung bei solchen Fragen bietet das Civic Data Lab.4
KI wird in den kommenden Jahren weder das Ende des sozialen Sektors bewirken noch alle Probleme inklusive des Fachkräftemangels lösen. Aber neue Arbeitsweisen fordern heraus, Lösungen zu finden, die außerhalb der klassischen Mittel von sozialer Arbeit und Gesundheitsberufen liegen. Sie öffnen uns Möglichkeitsräume, uns nicht länger mit langsamen Prozessen und schlechter Software zufriedenzugeben, sondern zukunftsfähig und innovativ für Zielgruppen zu wirken.
1. Kötter, J.; Agethen, S.: KI-Chatbot zu Bürgergeld entlastet Ratsuchende und Beratende. In: neue caritas Heft 22/2024, S. 15.
2. Albrecht, R.: Besser beraten mit digitalen Tools? In. neue caritas Heft 18/2023, S. 16.
3. Kreidenweis, H.; Diepold, M.: Künstliche Intelligenz in der Sozialwirtschaft. Forschungsbericht, 2024.
4. Team des Civic Data Lab: Hilfe, wir haben Daten! In: neue caritas Heft 12/2024, S. 13 ff. Mehr unter: www.civic-data.de