Damit alle ihr Bestes geben
Sind Sie eine gute Chefin? Sind Sie ein guter Chef? Haben Sie genickt, als Sie diese Frage gelesen haben? Die meisten Menschen in Führungspositionen sind überzeugt, einen guten Job zu machen. Es darf bezweifelt werden, dass Mitarbeiter:innen das immer bestätigen würden. Doch was macht eine gute Führungskraft aus? Drei Themen, die für die Qualität von Führung grundlegend sind, sollen hier vorgestellt werden: interessierte und effektive Kommunikation als erster Punkt, konstruktiver Umgang mit Fehlern als zweiter und Verlässlichkeit als dritter Aspekt.
Interessierte und effektive Kommunikation
Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeiter:innen und hören Sie ihnen zu. Was selbstverständlich klingen mag, ist es leider nicht. Dabei wird der Arbeitsalltag wesentlich bestimmt von der Fähigkeit und der Bereitschaft einer Führungskraft, in den Austausch und den Kontakt mit ihren Mitarbeitenden zu gehen.
Dazu gehört, dass Vorgesetzte Ziele und Arbeitsaufträge eindeutig und nachvollziehbar formulieren, so dass Mitarbeitende eine klare Vorstellung haben, worauf es ankommt und welche Erwartung erfüllt werden soll. Grundlegend ist auch, dass eine Führungskraft alle Informationen liefert, die für die Umsetzung erforderlich sind. Immer wieder bemängeln Mitarbeiter:innen, dass relevante Informationen zu spät, zu spärlich oder gar nicht weitergegeben werden, mit entsprechender Auswirkung auf den Arbeitsprozess.
Im Gegenzug müssen Mitarbeiter:innen die Chance haben, ihre Expertise und Erfahrung aktiv einbringen zu können. Es sollte selbstverständlich sein, dass der oder die Vorgesetzte zuhört und sich für die Perspektive der Mitarbeitenden interessiert. Dies gilt insbesondere, wenn neue Projekte aufgesetzt werden oder sich Ziele ändern. Dann liegt es in beiderseitigem Interesse, zu prüfen, ob die entsprechenden Ressourcen vorhanden sind oder Expertise fehlt, die extern oder durch Weiterbildung im Team ergänzt werden muss. Wenn Führungskräfte dazu neigen, "Ansagen" zu machen und wenig Interesse am Erfahrungsschatz ihrer Mitarbeiter:innen haben, trägt das nicht dazu bei, die Motivation im Team stärken.
Zu einer effektiven Kommunikation gehört auch, immer wieder die Besprechungskultur zu hinterfragen. Besprechungen sind wichtig, weil sie den Informationsfluss ordnen und dem Austausch dienen. Sie laufen allerdings häufig ritualisiert ab, was die Dauer und die Tagesordnung betrifft. Vielfach wird nicht mehr geprüft, ob ein Format, das aus gutem Grund eingeführt wurde, auch Jahre später noch passt. So kann es sein, dass die Besprechungszeit, die wichtig und wertvoll ist, als "vertan" erlebt wird und Unzufriedenheit bei den Beteiligten erzeugt. Wenn dann auch noch wenig Raum ist für einen offenen Austausch, trüben solche Runden die Motivation und Freude an der Arbeit. Es lohnt sich, regelmäßig mit allen Beteiligten zu prüfen, welche Form der Besprechung hilfreich ist, um die relevanten Informationen auszutauschen und bei auftretenden Schwierigkeiten rasch reagieren zu können. Dabei können auch schlanke Formate von 20 oder 30 Minuten effektiv und befriedigend sein.
Konstruktiver Umgang mit Fehlern
Die meisten Menschen möchten Fehler vermeiden - besonders am Arbeitsplatz. Wer aber von sich glaubt, keine Fehler zu machen, hat schon den ersten gemacht. Zwei Fragen sind wichtig: Ist es in der Organisation erlaubt, Fehler zu machen? Und wie gelingt es, aus Fehlern zu lernen, um sie zukünftig zu vermeiden?
Wenn Mitarbeiter:innen spüren, dass keine Fehler passieren dürfen, engt das den Arbeitsalltag ein und mindert die Kreativität. Das verhindert, dass sich Neues entwickeln und "um die Ecke" gedacht werden kann. Organisationen, in denen es einen rigiden Umgang mit Fehlern gibt, werden kaum durch große Innovation auffallen.
Mitarbeiter:innen, die nicht befürchten müssen, bei Fehlern sofort sanktioniert zu werden, haben im Arbeitsalltag mehr Spielraum. Vorgesetzte, die bei Fehlern nicht nach Schuld fragen, sondern ernsthaft daran interessiert sind, wie sie zukünftig vermieden werden können, entlasten nicht nur die Mitarbeitenden. Sie eröffnen auf diese Weise auch Freiräume, die es möglich machen, unkonventionelle Wege auszuprobieren, selbst wenn diese nicht immer funktionieren. Fehler können so die Entwicklung von Menschen und Organisationen unterstützen. Wichtig dabei ist, dass auch Vorgesetzte Fehler zugeben können. Wenn Mitarbeiter:innen diese Erfahrung machen, wächst das Vertrauen und der Mut, eigene Fehler offen ansprechen zu können. So können Mitarbeitende zum Beispiel eingeladen werden, in den Teamsitzungen nicht nur zu berichten, was gelungen ist, sondern auch darüber zu sprechen, wenn etwas nicht funktioniert hat. Fehler werden so nicht als Scheitern verstanden, sondern als Herausforderung, um besser zu werden.
Verlässliche Zusagen und Absprachen
Die Erfahrung zu machen, dass Vorgesetzte ihre Zusagen einhalten und Absprachen Bestand haben, gibt Mitarbeiter:innen Orientierung und Sicherheit. So wächst Vertrauen in das Wort einer Führungskraft. Wenn hingegen der Arbeitsalltag durch Sprunghaftigkeit in Zielvorgaben oder häufige Wechsel bezüglich der Erwartungen geprägt ist, verunsichert das Mitarbeiter:innen und mindert die Effizienz, weil die Arbeitsabläufe immer wieder angepasst werden müssen.
Sich auf "seine" Führungskraft verlassen zu können, ist besonders wichtig, wenn Schwierigkeiten auftauchen. Wenn der oder die Vorgesetzte das Team nicht im Regen stehen lässt, sondern die Mitarbeiter:innen bei der Suche nach Lösungen unterstützt, stärkt das die Loyalität und Motivation.
Wichtig ist auch, dass Mitarbeiter:innen darauf vertrauen können, dass für alle im Team die gleichen Regeln und Absprachen gelten. Wenn diese Sicherheit gegeben ist, entsteht das Gefühl der Fairness und Gerechtigkeit. Sollte es dennoch notwendig sein, dass die Führung von vereinbarten Regeln abweicht, können die Mitarbeiter:innen darauf vertrauen, dass es einen guten Grund gibt. Denn eine als verlässlich erlebte Führungskraft schafft Stabilität im Team.
Führen heißt Beziehung gestalten
Häufig kommen Menschen in Führungspositionen, die sich in der fachlichen Arbeit bewährt haben. Die Aufgabe der Führung erfordert aber eigene Kenntnisse und Fähigkeiten. Entscheidend ist, mit welcher Haltung und mit welchem (Selbst-)Verständnis eine Führungskraft die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen und das Zusammenspiel im Team gestaltet.
Gut zu führen heißt, einen Rahmen zu gestalten, der die Stärken der Mitarbeiter:innen fördert, den Schwächen möglichst wenig Raum lässt und so die Möglichkeit schafft, dass alle ihr Bestes geben können - zum Wohl der ganzen Organisation.