Gute Vorarbeit ist notwendig
Kleine Pflegeteams schreiben ihre Dienstpläne und planen ihre Einsätze selbstverwaltet. Diese Idee und der Erfolg des Buurtzorg-Modells in den Niederlanden haben auch Caritasverbände und -träger in Deutschland fasziniert. 2006 gegründet, wuchs Buurtzorg in zehn Jahren auf rund 850 Teams mit 10.000 Pflegekräften. Mittlerweile wird nach diesem Konzept in 24 Ländern gepflegt. Aber Buurtzorg Deutschland ist nach wenigen Jahren wieder Geschichte, einzelne Anbieter wie zum Beispiel Sander Pflege im münsterländischen Emsdetten haben erst einmal wieder aufgegeben.
Die Organisation des Pflege- und Abrechnungssystems in Deutschland steht dem Buurtzorg-Modell entgegen. Es habe zudem an Vorbereitung der Teams gemangelt und gute Vorarbeit sei notwendig. Davon ist Matthias Wittland, für ambulante und stationäre Pflege zuständiger Vorstand im Caritasverband Ahaus Vreden, überzeugt. Zudem stellt sich für ihn die Frage, wie viel Selbstverwaltung tatsächlich möglich ist, und wie viel die Pflegekräfte überhaupt wünschen. Die Caritas Ahaus-Vreden, deren Einzugsgebiet direkt an die Niederlande grenzt, hat Erfahrungen damit gemacht und sich für einen Mittelweg entschieden.
"Wir haben uns auch intensiv mit Buurtzorg auseinandergesetzt", sagt Wittland. Das Ergebnis der Diskussionen, die auch auf Ebene der Caritas in der Diözese Münster mit vielen Verbänden und Trägern geführt wurden: Die Versorgungsverträge haben "klare hierarchische Regeln" und bieten weniger Flexibilität bei gemischten Leistungen von Pflege und Hauswirtschaft als in den Niederlanden.
Trotzdem wollten die Ahauser ihren Mitarbeitenden mehr Verantwortung übertragen, mussten jedoch erfahren, dass dies durchaus nicht alle wollen. Im Gegenteil: Es gibt erste Mitarbeitende, die ihre Verträge verändern lassen. Sie wollen nicht mehr als Fachkraft arbeiten und damit zwangsläufig Dokumentations- und Verwaltungspflichten übernehmen, sondern eher als Pflegehilfskraft direkt am Bett pflegen. Für Matthias Wittland verständlich, denn die Motivation, mit der sie in den Beruf gegangen seien, sei eben, direkt mit Menschen zu arbeiten.
Daneben wollen andere durchaus mehr Verantwortung übernehmen. Denen hat der Verband angeboten, das Tourmanagement für einzelne Teams zu organisieren und damit die Pflegedienstleitungen zu entlasten. Sie unterstützen im administrativen Bereich, in der Dokumentation und koordinieren unter anderem die Termine mit den Hausärzten. Seit gut acht Jahren habe sich dieses Modell gut etabliert, so Wittland. Tatsächlich habe man aus diesem Pool auch einige Pflegedienstleitungen gewinnen können.
"Das ist nicht so schwarz-weiß wie bei Buurtzorg", erklärt Wittland. An diesen Erfolg knüpft die Caritas Ahaus-Vreden seit 2019 an mit einer Umorganisation, in der die zweite Leitungsebene stärker einbezogen wird mit Schulungen und neuen Stellenbeschreibungen. Inzwischen werden weitere Ebenen auf eigenständigeres Arbeiten vorbereitet.
Anfangs sei das Bedürfnis, sich abzusichern, doch noch die vorgesetzte Ebene nach Zustimmung zu fragen, noch groß, erlebt Wittland. Aber das dürfte sich verlieren, ist der Caritas-Vorstand zuversichtlich. Er beobachtet, dass sich neue Mitarbeitende besser mit diesem Leitungsmodell anfreunden können. Auch spürt er bei einigen jüngeren Mitarbeitenden den Wunsch, zu gestalten.