Wenn Jugendliche fein essen gehen
Dabei gehen sie mit unkonventionellen Ideen auf Menschen zu, um sie um ihre Zeit zu bitten. In Herne hat das geklappt: Nach nur vier Wochen fanden sich neun Frauen und Männer zusammen, ließen sich ausbilden zu Benimm-Trainern und sind seitdem für die Malteser aktiv in Schulen, in denen sie Jugendlichen korrektes Benehmen beibringen.
Wie begrüßt man sich richtig? Wer erhält bei einem Zusammentreffen als erstes die Hand? Wofür sind die vielen Messer und Gabeln rund um die Platzteller da und wie benutzt man sie richtig? Fragen, die Jugendlichen oft Angst machen. Weil sie sich nicht richtig auskennen, sind sie unsicher, benehmen sich übertrieben oder vermeiden die Situation. Je seltener sie aufgrund ihrer sozialen Herkunft in Situationen gelangen, in denen gutes Benehmen entscheidend sein kann, desto ungeübter sind sie dabei.
Chancen von morgen nutzen
Das Konzept der Benimm-Kurse für Hauptschulen greift dort ein. Es soll den Jugendlichen in der wichtigen Phase der Berufsorientierung, in der sie zu Praktika ausschwärmen oder auch bereits erste Bewerbungsgespräche führen, das Handwerkszeug guten Benehmens an die Hand geben. Denn je besser sie sich präsentieren können, je genauer sie die gesellschaftlichen Spielregeln kennen, umso bessere Chancen haben sie später auf dem Lehrlingsmarkt. Der besondere Ansatz der Malteser dabei ist, dass die Kurse, in denen den Jugendlichen dieses so wichtige Wissen vermittelt wird, von Ehrenamtlichen gegeben werden. Fast durchgängig kommen die Ehrenamtlichen der Malteser aus einer Zeit, in der gutes Benehmen noch zum gesellschaftlichen Lernfeld gehörte. Viele Pensionäre nutzen ihre Zeit, indem sie dieses Wissen an Jugendliche weitergeben.
Benimm-Kurse, das bedeutet Höflichkeit und gutes Benehmen zu vertiefen. Die ehrenamtlichen Trainer der Malteser sind dazu zunächst an Hauptschulen in Herne und Wanne-Eickel engagiert. Die Kurse bestehen dabei aus vier Doppelstunden Unterricht, anschließend gehen die Jugendlichen in feiner Atmosphäre essen, um das Erlernte umzusetzen. Möglich wird das durch Spender, die die Kurse unterstützen. Freiwillig, das ist entscheidend. Die Ehrenamtlichen haben ihre Aufgabe so übernommen und sprechen sich in der Gruppe jeweils ab, wer für welchen Kurs Zeit hat. Aber auch die Jugendlichen melden sich freiwillig an, da wird keiner von der Schule gezwungen. Eher im Gegenteil: Die meisten Kurse haben mehr Anmeldungen, als Plätze frei sind. Das schafft natürlich eine besondere Atmosphäre, die den Brückenschlag zwischen älteren Trainern und jüngeren Schülern gelingen lässt.
Kurse als Medienmagnet
Die im Oktober 2012 gestarteten Benimm-Kurse der Malteser im Erzbistum Paderborn haben auch Medien angelockt. „Egoismus und Ellenbogen - warum nicht?“, lautete das Thema der Sonntagssendung „Weckup“ auf Sat 1. Mittendrin ein langer Beitrag über die Benimm-Kurse der Malteser in Herne. Mona, Elli, Elif und Jakob wurden darin zu kleinen Fernsehstars, ebenso wie Benimm-Trainerin Christel Wolf. Für Sat1-Redakteurin Pia Rieland war der Dreh in der Hauptschule am Hölkeskampring in Herne eine besondere Erfahrung. Von der Atmosphäre in der Schule und den „Unterrichtsstunden in Sachen Knigge “ mit den Jugendlichen war sie begeistert. Diszipliniert arbeiteten die Mädchen rund um Mitschüler Jakob das Thema „Der gedeckte Tisch“ ab. Auch die Wiederholung zum korrekten Auftreten beim Vorstellungsgespräch saß gut. Gutes Benehmen, so wurde deutlich, kann auch Jugendlichen viel Spaß machen.
Während Kameramann und Techniker alles festhielten und manchmal sehr nahe dran waren, ließen sich die Jugendlichen aus den neunten Klassen nicht ablenken. Gutes Benehmen, das sei wichtig später im Beruf und auch im Leben, waren sie sich einig. Außerdem wollten sie selbst doch auch höflich behandelt werden, war die Meinung der Schüler. Da lohne es dann schon, sich damit zu beschäftigen, wie eine korrekte Begrüßung aussehe, was mit einer Dreierreihe Messer und Gabeln neben dem Teller anzufangen sei oder wie man sich selbst präsentiert.
Rektorin Claudia Aldibas-Könneke von der Herner Hauptschule am Hölkeskampring freute sich über die plötzliche mediale Aufmerksamkeit. Ein weiterer Baustein, um dem schlechten Ruf der Hauptschulen entgegenzuwirken, so wertet die Rektorin die Benimm-Kurse. Den Maltesern öffnete sie die Tür nicht nur zum einmaligen Auftritt. Sie forderte gleich mehrere Kurse an, um die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen fortzuführen.