Was wären wir ohne Sie?
Ein Zwischenruf von Susanne Riepe:
"Was wären wir ohne Sie, unsere ehrenamtlichen Helfer*innen? Vor allem in der jetzigen Krise dürfen wir täglich Menschen begegnen, die uns motivieren und anspornen, deren Courage uns immer wieder verblüfft und beflügelt. Der Satz: "Die Krise hat doch etwas Gutes." ist sicherlich in den allermeisten Punkten nicht richtig und auch unmoralisch. Aber auch wenn es fast ein wenig pathetisch klingt, durften wir in unserem Bereich der Migrationsarbeit von Beginn der Krise an immer wieder Wunder erleben.
Fakt ist, wir befinden uns mit unserer Arbeit oft an Grenzen, aber aktuell befinden wir uns eher in einer menschlichen Ausnahmesituation. Wir wurden, wie alle von der Pandemie überrascht und starteten ohne Budget und ohne Konzept, um Hilfe zu leisten. Über die Monate haben wir nun ein Hilfskonzept entwickelt, das ankommt, Hilfe bietet und immer die Würde unserer Klienten im Fokus hat.
Seit Ausbruch der Pandemie war die Schlange der Menschen, die zur Beratung oder Gutscheinausgabe zu uns kamen, immer besonders lang. In manchen Wochen füllte sich der Hof dienstags und donnerstags - noch bevor wir öffneten - mit Klient*innen, die sorgsam bedacht mit Mundschutz kamen und den Sicherheitsabstand wahrten. Unter den Wartenden: ein oft nicht greifbares Ausmaß an menschlicher Not und schweren Schicksalen. Studierende aus Drittstaaten, die sich bisher neben dem Studium selbst finanzierten. Die aber durch die Corona-Pandemie auch bei den wirtschaftlichen Unterstützungen der Regierung komplett unter den Tisch fielen - denn ihre Jobs und somit ihre finanziell schon schwache Grundlage fiel bei vielen von einem Tag auf den anderen weg. Da viele von ihnen aufgrund ihres Arbeitsvertrages kein Anrecht auf Kurzarbeitergeld hatten und haben, waren sie von jetzt auf gleich massiv bedürftig: kein Geld, um die Miete zu bezahlen, kein Geld, um sich selbst mit Nahrung zu versorgen.
In all den Wochen der Gutscheinausgabe und der Beratungsstunden hatten wir großartige Unterstützer*innen, Menschen die Betroffen waren und anboten, bei der Ausgabe der Gutscheine, der Sprachmittlung, dem Verteilen von wichtigen Informationen zu helfen. Die Ärmel wurden hochgekrempelt, Listen in Windeseile gefertigt, Gutscheine eingekauft und eine pandemiegerechte Verteilung organisiert. Es gab so viel Lachen und Herzlichkeit. Auf einmal bekamen wir E-Mails, Anrufe und Besuche von Bürger*innen, Gemeindemitgliedern, Kolleg*innen, Unternehmer*innen, Politiker*innen und vielen mehr. Es wurden Jobbörsen geschaffen, Spenden abgegeben, nette Gespräche geführt, Beratungen durchgeführt, gemeinsam gelacht, und so mancher teilte seinen 10 Euro Gutschein noch mit seinen Freunden.
Es gab Nähe mit Distanz, Gemeinschaft in der Krise, Zusammenhalt in der Not und Balsam für die Seele. Danke an all die Ehrenamtlichen Helfer*innen, danke für diese wunderbare Erfahrung in dieser schweren Zeit, danke, dass es jeden Donnerstag mit den vereinten Kräften weiter geht."
Susanne Riepe ist Leiterin des IQ-Projektes "Faire Integration" in Brandenburg.