"Vergiss die Quelle nicht"
Im Rahmen des diesjährigen Caritas-Sonntages unter dem Motto "Stadt - Land - Zukunft" gab es in der Finsterwalder katholischen Pfarrgemeinde ein Jubiläum zu feiern. "25 Jahre Caritassozialstation hier in Finsterwalde. Das ist ein Grund zum Danken. Und wenn du den Fluss siehst, vergiss die Quelle nicht", betonte Diözesancaritasdirektor Michael Standera in seinem Grußwort die Bedeutung der Entwicklung einer solchen Station in Finsterwalde.
Die "diakonia" ist eine Säule unseres Christseins
Pfarrer Norbert Christoph war bereits in seiner Predigt zum Evangelium des barmherzigen Samariters (Lk 10, 25-37) auf die große Bedeutung eingegangen, welche das Dienen, die "diakonia", für die Christen habe. Die "diakonia" als Säule unseres Christseins, so Christoph, sei von entscheidender Bedeutung für die Glaubwürdigkeit unseres Bekenntnisses. Die Krankenpflege, welche schon im Mittalalter oft in den Händen der Kirche lag, hat in Finsterwalde 1946 nach dem zweiten Weltkrieg ihre Tradition begründet. Damals eröffneten Schwestern der Hl. Elisabeth eine Krankenpflegestation. Diese wurde bis 1990 durch Frauen der Gemeinde weitergeführt. Nach der Wende gelang es schließlich auf Initiative der Gemeinde, eine eigene Sozialstation in Trägerschaft des Caritasverbandes zu gründen. Knapp fünf Jahre später konnte das Caritashaus "St. Elisabeth" am 26. April 1995 eingeweiht werden.
Grundlage der Pflege ist die Menschenwürde
Krankenpflege sei auch in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder eine große Herausforderung gewesen, so Standera, der damit auch auf die Pflegereform von 2014 verwies, welche die großen Erwartungen an sie leider nicht erfüllen konnte. In den letzten 20 Jahren habe sich eine Art "Maschinenvorstellung" des Menschen etabliert, bei der stets eine Kategorisierung des Menschen durch Experten erfolge, der Pflegebedürftige selbst aber kaum mitsprechen dürfte. Grundlage der Pflege sei aber die Menschenwürde und daher bedürfe es vielfältiger und flexibler Unterstützungsangebote. Dafür benötige man die Pflegekräfte der Sozialstationen. Ihnen dankte Standera besonders, hob ihren täglichen Einsatz bei Wind und Wetter, an Festen und Feiertagen hervor und überreichte allen Anwesenden Blumen. Nur durch sie, so betonte er, sei es möglich, Menschen mit Unterstützung der Angehörigen in ihrer Häuslichkeit zu pflegen. Dies sei eine Herausforderung, die in den kommenden Jahren durch den demografischen Wandel noch deutlicher hervortreten werde.
Dieser Wandel als Motto des Caritas-Sonntages beschäftigte auch die interessierten Teilnehmer der Gesprächs- und Diskussionsrunde am Nachmittag. Nach einem gemeinsamen Mittagessen des Caritasdirektors mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sozialstation von Finsterwalde eröffnete Franziska Woellert den Nachmittag mit einem Impulsreferat zum Thema "Weniger, älter, bunter - Die demografische Zukunft in den Kommunen". Woellert vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung veranschaulichte den anwesenden Vertretern aus Politik und Gesellschaft sowie interessierten Gemeindemitgliedern die statistischen Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung innerhalb der nächsten Jahre und Jahrzehnte. Dabei plädierte sie besonders dafür, diese demografischen Veränderungen, die der deutschen Bevölkerung bevorstünden, bei allen Schwierigkeiten, die sie sicher mit sich brächten, nicht immer nur als großes Problem zu betrachten, sondern auch als eine Chance.
"Altersfreundlichkeit beginnt in der Familie"
Die künftigen Senioren brächten auch ein großes Potential mit sich, dass es positiv zu integrieren und zu nutzen gelte, so Woellert, die außerdem mahnte, dabei stets den Kontakt zwischen den Generationen zu erhalten und zu fördern. Als zwei besonderen Schwerpunkten hatte sie sich den in der Caritaskampagne thematisierten Aufgabenfeldern "Mobilität und Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum" gewidmet. Dabei berichtete sie über Pilotprojekte und neue Ideen, die ihr im Zusammenhang mit der 2015 veröffentlichen Untersuchung "Von Hürden und Helden" begegnet waren. Dass dies Kernthemen waren, die auch die Finsterwalder unmittelbar betrafen, wurde in der anschließenden Gesprächsrunde deutlich.
Politik und Wohlfahrt müssen miteinander im Dialog bleiben
Barbara Hackenschmidt, SPD-Landtagsabgeordnete von 2004-2014, berichtete über die Schwierigkeiten hinsichtlich der Ansiedlung neuer Ärzte im ländlichen Raum, die nicht allein durch politische Bemühungen zu bewältigen wären. Dabei waren sich die Gesprächsteilnehmer auch einig, dass besonders auf die Pflegeberufe durch die demografischen Veränderungen neue große Herausforderungen zukommen werden. Dennoch verblieben die Anwesenden nicht in einer problemorientierten Grundstimmung, sondern waren um eine positive Herangehensweise bemüht. "Ich nehme von diesem Caritas-Sonntag mit, dass Politik und Wohlfahrt miteinander im Dialog bleiben müssen, selbst wenn dies durch stetige Finanzierungs- und Kostenfragen sicher nicht immer einfach ist", resümierte die Leiterin der Caritas-Regionalstelle Cottbus, Bettina Schwarz, in ihrem Schlusswort. "Ich glaube, dass die Menschen in der Niederlausitz auch in 50 Jahren noch zufrieden leben werden", bekundete Superintendent Thomas Köhler zuversichtlich und erhielt dabei Unterstützung vom Amtsdirektor des Amtes Altdöbern, Detlef Höhl: "Die heute 70-jährigen sind die 50-jährigen von vor 30 Jahren - die Leute werden ihr Schicksal in die Hand nehmen." "Altersfreundlichkeit beginnt in der Familie", zog Eva-Maria Birghan ihr Tagesfazit und verwies damit noch einmal auf eine der wichtigsten Ressourcen in der Krankenpflege. Immerhin 70 Prozent aller Pflegebedürftigen können heute noch von ihren Angehörigen mit versorgt werden. Es lässt für die Zukunft hoffen, dass wir alle im Fluss des Lebens unsere Quellen nicht vergessen.
QUELLE: "Tag des Herrn" - Kath. Wochenzeitung