"Ein FSJ ist wie eine große Wiese"
Ein Freiwilliges Soziales Jahr, umgangssprachlich als FSJ bezeichnet, hat es in sich!
Das beginnt schon beim Namen, stecken doch die Worte FREIheit und WILLIGkeit indirekt in diesen schon drin. Freiwillig, und das ein ganzes Jahr hindurch. Geht sowas?
Antonia Eigl und Susann Schäfer, zwei junge Frauen, die seit Anfang September beziehungsweise schon seit Anfang Mai im Caritasverband der Diözese Görlitz in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung in Görlitz eingesetzt sind und, so wie es scheint, die klassische Einarbeitungsphase längst abgeschlossen haben, lachen erst einmal, als sie aufgefordert werden, ganz spontan etwas zu ihrer Freiwilligkeit zu sagen.
Das Interessante ist, dass sich mit Susann Schäfer und Antonia Eigl zwei sehr unterschiedliche Blickwinkel auftun. Erstere ist schon seit elf Monaten im FSJ und hat sogar die Einrichtung - und so nebenbei auch das Bundesland und Bistum - gewechselt und die Zweite hat bereits den ersten Monat im neuen Lebensabschnitt gemeistert.
Etwas mit Menschen machen
Die Motivation für ein FSJ könnte auch nicht unterschiedlicher ausfallen. Susann Schäfer, Mitte Zwanzig, hat schon eine abgeschlossene Berufsausbildung und acht Jahre Berufsleben als Hotelfachfrau zu bieten. "Ich wollte weiterhin was mit Menschen machen und dabei gern auch mit Behinderten." Ein FSJ war das ideale Sprungbrett, um in die Behindertenbetreuung zu schnuppern, sich auszutesten und in einem völlig neuen Berufsfeld zu erleben. "Es passiert jeden Tag etwas Neues, ich habe so viel gelernt im Umgang mit Menschen", sagt sie mit strahlenden Augen. Das kann sie auch. Die Entscheidung ist längst gefallen: eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Ihre Stärken sieht sie dabei in der individuellen Betreuung mit klarem persönlichem Bezug der ihr Anvertrauten, berichtet sie stolz über ihre Selbsterkenntnis aus dem zurückliegenden Jahr.
Bei Antonia Eigl war es auch die Neugier: "Mal was vollkommen Anderes auszuprobieren". Nach zwölf Jahren Schule endlich mal was Praktisches zu tun, sich selber besser kennenlernen, das gibt sie als eine Motivation für ein FSJ an. Auch sie hat schon recht konkrete Zukunftspläne und möchte ein Studium im pädagogisch-sozialen Bereich nach ihrer Zeit als FSJ-lerin aufnehmen.
Es fällt nicht schwer, den Beiden das zu glauben. Sie berichten von einem Arbeitsalltag, der Überraschungen bereithält, auch Aufgaben, an denen sie selber wachsen und die sie sich gar nicht so schnell zugetraut hätten.
Mittendrin im Betreuungsalltag
"Sich selber kennenlernen", ein Ziel, welches Antonia spontan benennen kann, die Aussage, die mit Augenzwinkern auch auf sehr haushaltspraktische Tätigkeiten erweitert wird. Oder die Gartengruppe der Wohngruppe als Beispiel. Auch wenn sich die Begeisterung der Bewohner für diese Art der Freizeitgestaltung und Pflichten in Grenzen hält, wissen die Beiden, dass es so unendlich viele Bereiche gibt, in denen Angebote und Betreuung stattfinden können.
Munter plaudern die Beiden auf Nachfrage drauf los, was alles so passiert an einem ganz normalen Arbeitstag, bei dem sie je nach Dienstplan zu unterschiedlichen Tageszeiten eingesetzt sind in der sogenannten Außenwohngruppe auf der Blumenstraße.
Aller Anfang ist schwer. Wirklich? Den Eindruck vermitteln die "neuen Gesichter" aus der Wohngruppe nicht. Gern in die Einsatzstelle zu kommen, "den Feierabend verpassen", sprechen für sich.
Ein Bewohner betritt die Wohnzimmer: Lachen auf drei Gesichtern und der Hinweis, dass bei der gleich folgenden Kaffeerunde die Erlebnisse aus dem Arbeitsalltag in der Werkstatt und von den Arbeitsplätzen ein fester Bestandteil am Nachmittag bilden, lässt erahnen: die zwei jungen Frauen sind mittendrin im Betreuungsalltag, der "so herrlich normal" ist, dass sie nicht recht wissen, was sie als Besonderheit berichten sollen.
Ein bisschen philosophisch darf es dann auch noch werden, um die Arbeit mit Menschen in ein Bild zu bringen: "Ein FSJ, das ist wie auf einer großen Wiese stehen und gucken, wohin man gehen kann", sagt Antonia und Susann fasst die Zeit ihres Freiwilligendienstes zusammen in einem Satz, der schöner nicht sein kann: "Es war das schönste Jahr bis jetzt für mich."
INFO:
CARITASVERBAND DER DIÖZESE GÖRLITZ E.V.
TELEFON: 03 55 3 80 65 17
E-MAIL: KONZOK@CARITAS-DICVGOERLITZ.DE