Trommeln statt Worte
"El Manana es Hoy - Die Zukunft beginnt heute" - unter diesem Motto fand Ende Oktober 2013 erstmalig eine Tanzaufführung in der Jugendstrafanstalt Wriezen statt. Auf Initiative der Anlauf- und Beratungsstelle Haftvermeidung durch Soziale Integration (HSI) des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V. begeisterten junge Künstlerinnen und Künstler der bolivianischen Gruppe Teatro Trono mit ihrem Programm aus Musik, Pantomime, Akrobatik und Tanz rund 60 Jugendliche des Bildungsbereichs sowie Mitarbeiter der JVA. Die jungen Wriezener Zuschauer ließen sich vom Rhythmus der Trommeln und der Spielfreude der Gruppe fühlbar mitreißen. In der hier gezeigten etwa einstündigen Geschichte "Hasta la última gota - Bis zum letzten Tropfen" ging es um die Versorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft mit Wasser. Dank ihrer ausdrucksstarken Körpersprache vermittelten die Bolivianer ihre Botschaften fast ohne Sprache. Fröhliches Lachen und immer wieder Szenenapplaus signalisierten den bolivianischen Gästen, dass ihre Botschaften auch in der abgeschlossenen Welt der brandenburgischen Jugendstrafanstalt verstanden werden.
Die Künstlergruppe aus Bolivien tourte mehrere Wochen durch Deutschland und gewährte bei ihren Auftritten in Schulen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen "Einblicke in ihren Lebensalltag sowie ihre Träume und Visionen und zeigte zugleich den hier lebenden Jugendlichen Parallelen zur eigenen wirtschaftlichen und sozialen Situation auf - zum Beispiel in anschließenden Workshops", so Ulrich Diermann, Geschäftsführer des Kölner Vereins equalita. Der Verein unterstützt seit fast zehn Jahren das bundesweit agierende Projekt KinderKulturKarawane. Kinder und Jugendliche aus Afrika, Asien und Lateinamerika kommen nach Deutschland und präsentieren Musik, Tanz, Theater oder Zirkus.
Im Anschluss an die Performance, die mit finanzieller Unterstützung des Bonifatiuswerkes stattfand, hatten die jungen Inhaftierten die Möglichkeit zu einem Gespräch mit der Künstlergruppe. Die bolivianischen Gäste waren beeindruckt von den vielfältigen Bildungsmöglichkeiten in der Jugendstrafanstalt und berichteten von den katastrophalen Bedingungen im bolivianischen Strafvollzug. Die Brandenburger Jugendlichen wiederum zeigten sich besonders interessiert daran, wie die bolivianischen Jugendlichen ihre Freizeit verbringen. Die Theaterarbeit hat einen großen Stellenwert für ihr Leben. Hier verbringen sie einen Großteil ihrer Zeit, proben für ihre Auftritte und engagieren sich.
Solveig Kauczynski, Mitarbeiterin der HSI Anlauf- und Beratungsstelle und Initiatorin der Theateraktion, zeigte sich mit der Begegnung sehr zufrieden: "Natürlich muss für einen derartigen Termin viel abgesprochen und organisiert werden. Beispielsweise war die Frage zu klären, wie die notwendigen Requisiten in die Anstalt kommen - und wieder heraus. Oder ob die jungen Künstler, wie sonst üblich, am Ende der Aufführung die Zuschauer in das Geschehen auf der Bühne miteinbeziehen dürfen. Aber wir alle hatten den Eindruck, dass es den Jungs gefallen hat, sie die Abwechslung genossen haben und sicherlich auch einiges gelernt haben. Von daher kann ich mir gut vorstellen, so einen Besuch in Zukunft zu wiederholen."