Mit seelischer Störung alleine zu Haus - eine Betroffene berichtet
Sabine Janssen: Frau B., wann und in welcher Situation fühlen Sie sich einsam? Wie fühlt sich das an?
Frau B.: Eigentlich immer. An manchen Tagen ist es fürchterlich, und an manchen geht es. Durch meine Krankheit habe ich mich sehr einsam gefühlt und mich auch oft im Bett verkrochen. Besonders abends ist es schlimm, wenn es dunkel wird. Deswegen graut es mir auch vor den dunklen Jahreszeiten Herbst und Winter. Von einer Freundin habe ich eine Tageslichtlampe gegen die Dunkelheit bekommen. Manchmal hat alleine zu sein auch seine Vorteile, denn man kann zum Beispiel anziehen oder kochen, was man will.
Was machen Sie, wenn Sie sich einsam fühlen?
Manchmal sehe ich fern oder lese ein Buch, obwohl das auch nicht immer geht. Beim Lesen fange ich oft an zu grübeln oder bekomme negative Gedanken. Ich mache oft den Fehler, mich immer wieder im Bett zu verkriechen, und ärgere mich nachher darüber. Ich habe auch eine Freundin, die ich sehr oft anrufe, wenn es mir nicht gut geht. Das hilft. Durch die Tagesstätte habe ich gute Freunde gefunden, mit denen ich auch im privaten Rahmen etwas unternehmen kann. Letztens habe ich noch einer Freundin beim Umzug geholfen, das war auch sehr schön.
Was hilft Ihnen? Wie und wodurch konnte Ihnen die Caritas helfen?
Auf jeden Fall hat die Caritas mir sehr geholfen! Durch das Betreute Wohnen habe ich viel Unterstützung erfahren. Ich freue mich zum Beispiel immer auf den gemeinsamen Einkauf mit meiner Betreuerin, denn wir sind beide gleich verrückt. Durch den Besuch der Tagesstätte habe ich viele tolle Menschen kennengelernt und echte Freunde gefunden. Manchmal wäre ich gern sogar noch einen Tag mehr da, als ich es momentan bin. Gerade wenn ich zu Hause bin und wieder im Bett liege, wünsche ich mir das.
HINTERGRUND-INFO
Störung oder Krankheit der Seele
Wenn menschliches Empfinden aus dem Gleichgewicht gerät, nennt man dies psychische Erkrankung oder Störung: So neutral benennt es die Weltgesundheitsorganisation WHO in ihrer Klassifikation ICD-10. Danach stellen Ärztinnen und Ärzte ihre sogenannten F-Diagnosen etwa für die Überweisung zu Psychiater(inne)n oder Therapeut(inn)en.
Über 500 solcher psychischen Störungen sind darin aufgeführt wie Angststörungen, Schlafstörungen, Depressionen, körperliche Beschwerden ohne organische Erkrankung dahinter, Substanzabhängigkeiten, ADHS bei jüngeren und Demenz bei älteren Menschen, Schizophrenien. Jede zweite psychische Störung treten erstmals vor dem 15. Lebensjahr auf und drei von vier vor dem 25. Lebensjahr.
Psychische Leiden sind die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Jede zweite Frühverrentung geht darauf zurück. Der Leidensdruck der Betroffenen ist sehr hoch, vor allem, wenn die Umgebung verständnislos reagiert.