Armen- und Krankenhilfe im Zeichen von Corona
Die 52-jährige Luz Angela Monsalve ist in ihrem Land einer von rund acht Millionen Menschen, die seit Mitte der Achtzigerjahre durch Gewalt vertrieben worden sind. Sie stammt aus der Nähe der zweitgrößten kolumbianischen Stadt Medellin und floh vor 15 Jahren nach Bogotá, "als mich vermummte bewaffnete Männer bedrohten und meinten, ich solle verschwinden". In der Hauptstadt lebt sie im Armenviertel Caracoli und gehört zu jenen Patientinnen und Patienten, die regelmäßig das Gesundheitszentrum "Mutter Micaela" im Randviertel "Jerusalén" aufsuchen: Zuletzt tat sie das wegen einer Grippe, ansonsten kommt sie, wenn sie dort ein Essenspaket erhält.
Seit 30 Jahren betreiben die Schwestern der christlichen Lehre das Gesundheitszentrum. In Luz Angela Monsalves Armenviertel Caracoli führten sie neben einem allgemeinmedizinischen Dienst auch regelmäßige Gesundheitsaktionen mit zahn- sowie augenärztlicher Hilfe durch: zunächst nur zwei Jahre lang. Dann kam Corona, und alle Gesundheitsangebote wurden im Frühjahr 2020 für mehrere Monate eingestellt. Die Gefahr einer Ansteckung in jenen Vierteln - in denen Menschen in oftmals unhygienischen Wohnverhältnissen auf ganz engem Raum zusammenleben - erschien den Schwestern sowie auch den medizinischen Fachkräften einfach zu groß. Doch bereits seit Oktober 2020 ist das Basiszentrum in Jerusalén wieder geöffnet, und die Schwestern laden Patientinnen und Patienten aus den Armenvierteln dorthin ein, um mithilfe von Spendengeldern behandelt zu werden. Unterstützt werden sie dabei auch von den Caritas-Sozialstationen Gaimersheim, Neumarkt und vor allem Abenberg/Spalt im Bistum Eichstätt unter dem Motto "Kirchliche ambulante Gesundheitshilfe hier für dergleichen in Kolumbien".
Viele leiden Hunger
Corona hat die Armut im Land verschärft. Nach Angaben der Konrad-Adenauer-Stiftung Kolumbien leben über 40 Prozent der Einwohner unter der Armutsgrenze, die umgerechnet mit rund 72 Euro Monatseinkommen definiert ist. Die extreme Armut (unter 32 Euro) hat der Stiftung zufolge um ein Drittel zugenommen und liegt bei 15 Prozent. Der Staat leistet unter bestimmten Umständen eine geringfügige Sozialhilfe, die allerdings nicht ausreicht. "Viele leiden Hunger und teilen mit, dass sie nicht gefrühstückt haben", so die Leiterin des Gesundheitszentrums, Schwester Alba Azucena Torra Rojas. Sie hält die zuletzt häufig stattgefundenen Demonstrationen gegen die Regierung und für soziale Verbesserungen für gerechtfertigt.
Viele Menschen haben aufgrund von Corona-Verordnungen ihre ohnehin schon prekäre Arbeit verloren: ebenso Hausangestellte wie Müllsammler fürs Recycling oder Straßenverkäufer. Daher leisten die Schwestern derzeit neben der Gesundheits- auch die Nahrungsmittelhilfe: Monatlich können sozial besonders bedürftige Menschen wie Luz Angela Monsalve Essenspakete und Hygienekits erhalten. Die Patientinnen und Patienten bekommen zudem Atemschutzmasken, was die Schwestern in der Regel mit Aufklärungsgesprächen über Corona-Schutzvorkehrungen verbinden.
Neben Luz Angela Monsalve ist unter den Hilfesuchenden zum Beispiel der 58-jährige Wilson Leon mit seiner Frau und seinen beiden Kindern. Sie mussten nach eigenen Angaben erleben, dass Familienangehörige von Paramilitärs ermordet wurden. Derzeit arbeitet Wilson Leon als Wachmann in einem Unternehmen im Schichtdienst, kann davon aber nicht leben. Er ist genauso froh darüber, dass er bei den Schwestern ein Essenspaket und Medikamente bekommt wie darüber, dass seine Frau vor kurzem in der Krankenstation wegen Gastritis behandelt wurde. Er könnte zwar auch zu einem staatlichen Gesundheitsdienst gehen, aber er scheut die langen Warteschlangen dort. "Hier gibt es weniger Probleme", meint er. Luz Angela Monsalve hingegen hat manchmal kein Geld für den Bus und ist allein deshalb schon froh, dass sie zu Fuß zur nahegelegenen Krankenstation der Schwestern gehen kann.
Sozialpastoraler Dienst
Gar keinen Zugang zu einem staatlichen Gesundheitsdienst hatte bis zuletzt Yornelis del Carmen Fuenmayor mit ihren beiden Kindern. Sie gehören zu der etwa einen Million illegaler Flüchtlinge aus Venezuela in Kolumbien. Sie hofft, durch einen von der Regierung in Gang gesetzten Prozess der Legalisierung bald einen sicheren Aufenthaltsstatus zu haben. Einstweilen ist Yornelis del Carmen erleichtert, dass es ihrem vor kurzem noch unterernährten Sohn auch dank der Behandlung im Gesundheitszentrum der Schwestern inzwischen besser geht. Viele zeigen sich dankbar, dass sie bei den Ordensfrauen und ihren Fachkräften nicht nur ärztlich behandelt werden, sondern auch ein offenes Ohr für ihre familiären und sozialen Probleme finden. Die Ordensfrauen bieten einen sozialpastoralen Dienst an: Neben ihrer Gesundheitshilfe leisten sie auch Bildungsarbeit, indem sie benachteiligten Schülerinnen und Schülern Nachhilfe erteilen, Müttern in einer Näh- und Webwerkstatt Abwechslung und Austausch ermöglichen und Katechese durchführen.
In Kürze möchten die Ordensfrauen eine neue Initiative "Unsere Schwestern und Brüder mit Hunger" starten: 30 Familien in besonders schweren Lebenslagen, häufig ohne Arbeit, sollen nicht nur Lebensmittelpakete erhalten. Ihnen soll auch ermöglicht werden, ein kleines eigenes Geschäft zu eröffnen. Unter anderem monatliche Workshops, Bildung in Ernährungsfragen sowie auch psychologische Begleitung sollen ihnen dabei zugutekommen.
Spendenkonto
Das Hilfsprojekt braucht Spenden, um zum Beispiel seine Fachkräfte zu finanzieren. Derzeit werden von Spendengeldern auch die Essenspakete bezahlt.
Kath. Kirche Hl. Kreuz, Sparkasse Rhein Nahe, IBAN: DE81 5605 0180 0010 1931 67, BIC: MALADE51KRE, Stichwort: Gesundheitsdienst Bogotá (für Spendenquittung bitte auch Adresse angeben).