Auf dem Friedhof für das Leben lernen
Der dezente Metallstecker mit dem Flammenkreuz, dem Caritas-Logo, zeigt Guido Schmidt am Grabesrand an, dass er dort richtig ist. 200 solcher Metallstäbe sind auf dem Briloner Friedhof auf den Gräbern verteilt. Sie weisen die Dauergrabpflegen aus, die durch die Friedhofsgruppe der Caritas-Werkstätten St. Martin erbracht werden. "Durch die Schildchen wissen wir also, dass wir uns um diese Gräber kümmern müssen", sagt Guido Schmidt. Er arbeitet in der Friedhofsgruppe der Caritas-Werkstätten. Vor einem Grab schlägt Guido Schmidt dann einen roten Ordner auf und erklärt: "Da drin steht, was wir bei diesem Grab machen müssen. Auf den Fotos sehen wir, wie die Blumen gepflanzt werden sollen." Die Fotos sind wichtig, denn nicht alle Beschäftigen können so gut lesen wie Guido Schmidt. "Deshalb arbeiten wir meistens im Team", sagt er und blättert in der Mappe. "Seitdem wir das haben, müssen wir Elmar weniger fragen."
Elmar Schannath ist Gärtner und leitet vor Ort die Friedhofsgruppe. "Aber eher als Coach sozusagen." Hauptziel ist, dass die Beschäftigten der Caritas-Werkstätten so selbstständig wie möglich arbeiten. Das fängt bereits beim Dienstantritt um 7.45 Uhr an. Die Morgenbesprechung findet in dem Container mit Büro und Pausenraum statt. "Wir besprechen zuerst den Tagesplan. Wer dann was mit wem zusammen macht und welche Arbeitsgeräte dazu gebraucht werden, all das soll die Gruppe bestmöglich selbst organisieren", sagt Elmar Schannath. Er hilft, wenn es Fragen, Unklarheiten oder Unsicherheiten gibt. "So weit wie möglich bleiben wir aber wie Coaches am Spielfeldrand", betont Gärtnereileiter Moritz Büsing.
Allerheiligen zeigt, was geht
Bereits seit 33 Jahren pflegt die Friedhofsgruppe der Caritas Werkstätten St. Martin den Friedhof in Brilon. Zu den Aufgaben gehören unter anderem Erdarbeiten für Beerdigungen, Winterdienst und Grabpflege. "Mit 200 Dauergrabpflegen sind wir absolut ausgelastet", sagt Moritz Büsing. Im vergangenen Jahr wurden die Arbeitsabläufe grundlegend neu gedacht und gemacht. Die Ordner und Metallstecker haben das selbstständige Arbeiten verbessert, wie ein Härtetest zu Allerheiligen bewies: 4500 Pflanzen brachte das zehnköpfige Team in drei Tagen in die Erde.
"Wir wollen die Menschen befähigen: Wie funktioniert konkret die Arbeit auf dem Friedhof? Wie kann es in unserem sozialen Miteinander besser gelingen?" Moritz Büsing schmunzelt: "Auch auf dem Friedhof lernen wir für das Leben." Die Kunden wählen aus, was sie haben möchten. Das wird in der roten Mappe notiert und auf einem Foto festgehalten. Darüber hinaus ist darin die Grabpflege geplant: gießen, schneiden, jäten, im Frühjahr neu bepflanzen. Auf Grundlage der Grabpflege-Dokumentation erfolgt zuletzt auch die Rechnung an die Kundschaft.
Und hat der Härtetest funktioniert? "Alles Neue ist natürlich eine Umstellung. Wir haben uns daran gewöhnt und mit den Fotos läuft es wirklich gut", sagt Guido Schmidt. Und die Kundschaft? "Von den 200 Kunden hatten vier Änderungswünsche. Andere haben angerufen und sich herzlich bedankt. In der Bilanz sind wir sehr zufrieden", freuen sich die beiden Coaches.