Pflegereform auf ein Minimum geschrumpft
Ende Februar ist der langersehnte Referentenentwurf zur Pflegereform, das "Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz", veröffentlicht worden. Für die dringend erforderlichen Verbesserungen der Leistungen gibt es darin nur ein schmales Polster, da Finanzminister Lindner den im Koalitionsvertrag vereinbarten Steuerzuschuss für die Pflegeversicherung verweigert. Auch das Gesundheitsministerium konnte nur eine moderate Beitragssatzerhöhung von 0,35 Prozent erwirken. Unter diesen Bedingungen sind nur bescheidene Verbesserungen für die Pflege möglich: das Entlastungsbudget, das Kurzzeit- und Verhinderungspflege zu einem gemeinsamen, flexibel einsetzbaren Jahresbetrag zusammenführt. Außerdem der Wegfall der sechsmonatigen Wartefrist bei der Verhinderungspflege und das künftig jährlich gewährte Pflegeunterstützungsgeld, mit dem Angehörige bis zu zehn Arbeitstage im Jahr für akute Pflegesituationen lohnausgleichsfinanziert freinehmen können.
Wenig Geld für dringend Benötigtes
Unterm Strich sind die Anpassungen zu gering und greifen obendrein zu spät. So werden ambulante Pflegesachleistung und Pflegegeld nur um fünf Prozent und erst Anfang 2024 erhöht. Im stationären Bereich erfolgt eine weitere prozentuale Reduzierung der pflegebedingten Eigenanteile ebenfalls erst im kommenden Jahr. Diese wird direkt wieder aufgefressen, wenn der erhoffte Personalaufwuchs auf Grundlage des Personalbemessungssystems erfolgt und die zusätzlichen Pflegekräfte, die bislang ohne Belastung der Heimbewohnenden beschäftigt wurden, ab Juli 2023 in den Pflegesatz eingerechnet werden.
Von den guten Plänen des Koalitionsvertrags hinsichtlich Refinanzierung der medizinischen Behandlungspflege und der Ausbildungskosten-Umlage – beide Maßnahmen könnten eine erhebliche Entlastung der Pflegebedürftigen bringen – findet sich indes keine Spur im Referentenentwurf. Die Leistungssätze der Tagespflege, der Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie der Entlastungsbetrag von 125 Euro für den Pflegegrad 1 werden bis 2025 gar nicht angepasst. Erst dann greift die Dynamisierung der Pflegeversicherung. Sie erfolgt in zwei Schritten, basiert aber nur auf Grundlage der Kerninflationsrate. Preistreiber wie Energie und Lebensmittel bleiben unberücksichtigt. Somit bringt diese Reform nicht einmal den nötigen Inflationsausgleich. Auch das Thema Live-ins wird nicht in Angriff genommen.
Die Kassen und Verbände haben bereits einen Brandbrief an Scholz und Lindner geschrieben. Tenor: Entwurf dringend nachbessern!