Der Synodale Weg – ein Zeichen der Hoffnung?!
"Unter Spannung", so kann man das Umfeld der fünften und letzten Synodalversammlung überschreiben. Da kommen aus Rom deutliche Signale, die einen Stopp des Synodalen Weges in Deutschland fordern; da verlassen konservative Frauen, die zu Beginn des Synodalen Weges von der Deutschen Bischofskonferenz berufen wurden, demonstrativ den katholischen Reformprozess, und da ist nach wie vor die große Hoffnung vieler, dass sich doch endlich etwas in der katholischen Kirche zum Guten hin bewege und Schritte nach vorn gegangen werden.
Auslöser des Synodalen Weges war die 2018 veröffentlichte MHG-Studie, ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zum sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz. Das Ergebnis dieser Studie war zutiefst verstörend. Genau das aber war der Hintergrund dafür, dass die Deutsche Bischofskonferenz das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gebeten hat, mit ihr gemeinsam die systemischen Ursachen zu bearbeiten, die diesen Missbrauch überhaupt erst möglich gemacht beziehungsweise begünstigt haben. Daraus hat sich letztlich der Synodale Weg mit den vier Themenbereichen ergeben: "Macht und Gewaltenteilung in der Kirche - Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag", "Priesterliche Existenz heute", "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" und "Leben in gelingenden Beziehungen - Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft".
Natürlich kann man darüber streiten, ob das die zentralen Themen sind oder ob nicht etwa die Frage der Weitergabe des Glaubens in unserer säkularen Gesellschaft wesentlich wichtiger wäre. Die Kompetenz zur Frage nach Gott und seinem Bezug zum menschlichen Leben wird der Kirche aber längst abgesprochen, weil sie die genannten Fragestellungen nicht endlich theologisch begründet nach vorne bringt.
Einige Beschlüsse bedeuten einen Paradigmenwechsel
Dieser dreijährige Prozess ist nun zu Ende gegangen und es ist viel erreicht worden - sicherlich für die einen viel zu wenig und für andere ging es in die falsche Richtung. Trotz der Ablehnung des grundlegenden Textes "Leben in gelingenden Beziehungen - Grundlinien einer erneuerten Sexualethik" auf der vierten Synodalversammlung (S. auch S. 36 f. im Heft) erhielten die weiteren zum Thema vorgelegten Handlungstexte die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten und bedeuten wirklich einen Paradigmenwechsel. Insbesondere die Texte zur Neubewertung von Homosexualität und zu "Segensfeiern für Paare, die sich lieben" oder auch zum "Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt" sind wichtige Beiträge einer zu erneuernden katholischen Sexualethik.
Und die Aussagen zur Grundordnung kirchlicher Arbeitsverhältnisse sind bereits von den Bischöfen aufgegriffen und rechtsverbindlich umgesetzt. Dabei stehen nicht mehr die individuellen Lebensverhältnisse kirchlicher Mitarbeitender im Mittelpunkt, sondern die Verantwortung der Arbeitgeber für das kirchliche Profil ihrer Einrichtungen.
Weiheämter für Frauen - Diskussion nicht zu Ende
Auch der mit doppelter Zweidrittelmehrheit verabschiedete Grundtext "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" und ein darauf aufbauender Handlungstext sind wichtige Meilensteine für die weltkirchliche Diskussion zur Zulassung von Frauen zu allen Ämtern der Kirche. Auf weltkirchlicher Ebene ist die Diskussion zu führen, inwieweit das Wort von Papst Johannes Paul II., "Ordinatio sacerdotalis" von 1994, das die Weihe von Frauen ausschließt, als abschließend bewertet werden muss oder ob die Debatte darüber nicht neu zu führen ist. Der Text gibt einen theologisch qualifizierten Anstoß, diese Diskussion weiterzuführen - natürlich mit der Hoffnung, dass sich hier formal und inhaltlich etwas bewegt. Dass Frauen künftig auch in Eucharistiefeiern predigen dürfen, fand eine breite Zustimmung. Ihr Vorsitz bei sakramentalen Feiern (zum Beispiel Taufspendung, Eheassistenz) kann durchaus als Beitrag zu einer Weiterentwicklung des sakramentalen Amtes verstanden werden.
In diesem Zusammenhang ist auch der hohe Zuspruch zu einem Text "Priesterliche Existenz heute" bemerkenswert. Gilt es doch, den priesterlichen Dienst vom Klerikalismus zu befreien und ihn als Dienst an und im Volk Gottes von neuem zu profilieren. Dazu gehört auch das einhellige Votum, den Papst darum zu bitten, die Verpflichtung zum Zölibat zu überdenken und nach Möglichkeit aufzuheben.
Damit der Prozess des Synodalen Weges über die letzte Synodalversammlung hinaus fortgeführt werden kann, wurde der Handlungstext "Synodalität nachhaltig stärken: ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland" ebenfalls mit den notwendigen Mehrheiten verabschiedet. Genau das aber führt zu weiteren Spannungen mit Rom. Denn offenkundig haben Rom und die katholische Kirche in Deutschland "grundverschiedene Vorstellungen von Synodalität", wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, feststellt und ausführt: "Der Papst versteht darunter ein breites Sammeln von Impulsen aus allen Ecken der Kirche, dann beraten Bischöfe konkreter darüber, und am Ende gibt es einen Mann an der Spitze, der die Entscheidung trifft. Das halte ich nicht für die Art von Synodalität, die im 21. Jahrhundert tragfähig ist." Die Kirche in Deutschland sucht dagegen Möglichkeiten des wirksamen gemeinsamen Beratens und Entscheidens, ohne dass die kirchenrechtlichen Regelungen zur Autorität der Bischöfe außer Kraft gesetzt werden.
An einer Synodalen Kirche führt kein Weg vorbei
Es wurde in den drei Jahren ersichtlich, dass es keinen anderen Weg gibt, die derzeitige Lage der Kirche und des Glaubens zu bewältigen, als den einer Synodalen Kirche, zu der Papst Franziskus aufgerufen und selbst Schritte dazu eingeleitet hat. Gerade auch der Schmerz und die Scham über die Verbrechen sexualisierter Gewalt machen es dringend nötig, die hierarchische Struktur der Kirche um das altkirchliche Prinzip der Synodalität zu ergänzen. Die Theologie des Volkes Gottes und das Leiden der Betroffenen sind ernst zu nehmen. Die dazu erforderliche Offenheit und gegenseitige Wertschätzung, die Bereitschaft zur Beteiligung und der Mut, sich selbst infrage stellen zu lassen, immer wieder von Neuem auf das Wort Gottes zu hören und auch damit die Zeichen der Zeit zu deuten - das ist ein Weg, auf dem alle noch viel zu lernen haben. Schon der bisherige Weg und das dabei Erreichte sind nicht mehr ungeschehen zu machen und weisen in die Zukunft.
Anmerkung
1. Peter Neher war von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) als Caritas-Präsident berufenes Mitglied der Synodalversammlung und blieb dies auch nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt bis einschließlich zur 5. Synodalversammlung.
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