Es ist Zeit für ein Update!
Im März 1971 wurde von den Bischöfen eine Rahmenmitarbeitervertretungsordnung (R-MAVO) in Kraft gesetzt. Seitdem ist eine Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) in der jeweils gültigen diözesanen Fassung die Grundlage für die Arbeit von mehreren Tausend Einrichtungen für den Bereich der kollektiven Mitbestimmung bei Caritas und verfasster Kirche. Im Gegensatz zu den Regelungen der Arbeitsrechtlichen Kommission gibt es eine einheitliche Arbeitsgrundlage für die Einrichtungen der Caritas und der verfassten Kirche.
Ziel war es, eine "kollektive rechtliche Betriebsverfassung" für kirchliche Einrichtungen zu haben, die die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes berücksichtigt und bessere Handlungsmöglichkeiten bietet als das damals geltende Betriebsverfassungsgesetz oder Personalvertretungsgesetz.
Seit 1971 kam es zu elf punktuellen, kleineren Novellierungen der R-MAVO, die jeweils eine Verbesserung der R-MAVO zur vorhergehenden Fassung waren. Allerdings kam es nicht zu einer grundlegenden Überarbeitung, obwohl das Arbeitsrecht sowie die Rechtsprechung für diesen Bereich sich kontinuierlich weiterentwickelt haben. Leider wurden bisher keine Änderungen aufgrund von Wünschen beziehungsweise Forderungen der Mitarbeiterseite verabschiedet. In der Präambel der R-MAVO heißt es in Satz 4: "Als Maßstab für ihre Tätigkeit ist sie Dienstgebern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgegeben, die als Dienstgemeinschaft den Auftrag der Einrichtung erfüllen und so an der Sendung der Kirche mitwirken." Damit wird ein grundlegender Auftrag fixiert, der sowohl für die Dienstnehmer wie auch für die Mitarbeitenden gilt.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG-MAV) fordert eine umfangreiche Novellierung der R-MAVO unter Beteiligung der Mitarbeiterseite und hat hierzu einen Forderungskatalog erstellt. Die Bemühungen waren insofern erfolgreich, als im Mai 2023 eine Arbeitsgruppe die Arbeit aufnimmt mit dem Auftrag, die R-MAVO umfangreich zu novellieren.
Die Forderungen, die die Diözesanen Arbeitsgemeinschaften (DiAG MAVen) innerhalb der BAG-MAV erarbeitet haben, werden im Weiteren vorgestellt. Der Forderungskatalog umfasst sieben Schwerpunktbereiche (die Reihenfolge stellt keine Rangfolge dar):
1. Einrichtung, Dienstgeber, Mitarbeiterbegriff, Organisation der MAV
Gerade in den Fragen der Organisation von Einrichtungen und bei der Definition des Mitarbeiterbegriffs, der Bildung und Organisation von MAVen sowie der Zusammenarbeit des Dienstgebers mit der MAV sieht die BAG-MAV einen erhöhten Reformbedarf. Hier ist eine Anpassung an die geänderten Rahmenbedingungen kirchlicher Einrichtungen erforderlich. Besonders im Bereich der caritativen Einrichtungen kommt es vermehrt zur Bildung großer Einrichtungsstrukturen bis hin zu Konzernen. Aber auch in der verfassten Kirche wird in allen Diözesen zunehmend die Zusammenlegung von Kirchengemeinden oder Kirchenstiftungen beobachtet.
Darüber hinaus widerspricht die Definition des Mitarbeiterbegriffs in § 3 MAVO der kircheneigenen Definition der Dienstgemeinschaft, nach der "alle in einer Einrichtung der katholischen Kirche Tätigen durch ihre Arbeit ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung gemeinsam dazu beitragen, dass die Einrichtung ihren Teil am Sendungsauftrag der Kirche erfüllen kann". In der Begründung zu Art. 1 GrO heißt es, dass alle, die in den Einrichtungen mitarbeiten - unbeschadet der Verschiedenheit der Dienste und ihrer rechtlichen Organisation - eine Dienstgemeinschaft bilden.
Neben der Situation in großen Einrichtungen dürfen aber auch die Mitarbeiter:innen in kleinen Einrichtungen nicht von der Teilhabe an der Dienstgemeinschaft und den damit verbundenen Schutzvorschriften faktisch ausgeschlossen werden. Deshalb braucht es auch für diese Situation entsprechende Regelungen.
2. Arbeitsbedingungen und Ausstattung
MAV und Dienstgeber sind gemeinsam gefordert, in besonderer Weise zum Wohle der Einrichtung und zum Wohle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammenzuarbeiten. Dabei treffen sich zwangsläufig unterschiedliche Interessen. Die Herausforderungen für die Einrichtungen werden durch geänderte gesellschaftliche Bedingungen definiert, ohne dass die gesetzlichen Vorgaben der betrieblichen Mitbestimmungen angeglichen wurden. Veränderte Voraussetzungen bedeuten für die Mitarbeitervertretungen vor allem neue und umfangreichere Aufgaben. Die Arbeitsgrundlagen der Mitarbeitervertretung müssen mit diesen geänderten, steigenden Anforderungen mithalten. Die Ausgestaltung der Freistellungsregelungen der MAV gehört hier genau wie das derzeit nicht ausreichende Schulungskontingent auf den Prüfstand. Rechtsberatung durch qualifizierte Fachleute darf nicht länger von der Genehmigung des Dienstgebers abhängig sein und der Rechtsschutz für die Tätigkeit in der Mitarbeitervertretung muss zugunsten der Mandatsträger geregelt werden.
3. Notwendige Formen der Interessenvertretung
Die MAVO folgt einem subsidiären Aufbau beginnend bei der Mitarbeitervertretung vor Ort über die Gesamtmitarbeitervertretung und die Diözesane Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen hin zur BAG-MAV. Um den gestiegenen Anforderungen auf der betrieblichen Ebene gerecht werden zu können, müssen die unterstützenden Interessenvertretungen entsprechend kompetent ausgestaltet sein.
4. Beschwerderechte
Aus dem Prinzip der Dienstgemeinschaft ergibt sich, dass es geregelte Verfahren geben muss, die im Konfliktfall eingreifen, um zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zurückkehren zu können. Dies gilt sowohl im Bereich der individuellen Arbeitsrechtsbeziehungen als auch für den Bereich der kircheneigenen Ordnungen gemäß der Grundordnung des kirchlichen Dienstes. Dies setzt ein geregeltes Beschwerdemanagement voraus.
5. Beteiligung an wirtschaftlichen Angelegenheiten
Eine wesentliche Forderung bezieht sich auf den Bereich der Mitbestimmung in wirtschaftlichen Fragen. Der Grundsatz der gemeinsam getragenen Verantwortung macht nur dann Sinn, wenn eine Beteiligung in wirtschaftlichen Angelegenheiten umfassend ist. Die Beteiligung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschränkt sich aber immer noch auf ein (eingeschränktes) Informationsrecht in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, sowohl im Hinblick auf die betriebliche als auch auf die unternehmerische Mitbestimmung. Auch in den Bischöflichen Erläuterungen zum kirchlichen Dienst ist ein Prüfauftrag in der Frage der Unternehmensmitbestimmung aufgenommen. Hier gilt es neue Wege zu beschreiten und initiativ tätig zu werden.
6. Beteiligungsrechte
Auch wenn die MAVO bereits weit ausgefächerte Mitbestimmungstatbestände enthält, so lässt sich doch feststellen, dass diese Tatbestände verschiedenen Zustimmungsrechten zugeordnet werden. Diese Zuordnungen reichen von der Information (§§ 27, 27 a MAVO) über Anhörung/Mitberatung (§§ 29 bis 31 MAVO) bis zur Zustimmung (§§ 33 bis 36 MAVO). Das bestehende System der Beteiligungsrechte der R-MAVO hält damit einem Vergleich mit anderen Gesetzen nicht stand. Eine Reform und Ausweitung der Mitbestimmung und damit eine verbesserte Ausgangslage der Arbeitsbedingungen der MAVen sind daher geboten. Dies auch gerade deshalb, damit sich das kirchliche Mitbestimmungsrecht in einem "Mehr" an Mitbestimmung gegenüber staatlichen Regelungen beweist.
7. Digitales Arbeiten
Bei den befristeten Änderungen aufgrund der Sondersituation, die durch die Sars-Cov2-Pandemie entstand, kam es nur zu Änderungen in den diözesanen Mitarbeitervertretungsordnungen und es wurde auf eine Anpassung der R-MAVO verzichtet. Da seitdem die Digitalisierung in kirchlichen Einrichtungen stark weiterentwickelt wurde und mittlerweile zum Alltag gehört, müssen entsprechende Regelungen auch in der R-MAVO angepasst und weiterentwickelt werden.
Diese Darstellung von Schwerpunktthemen macht deutlich, dass es an der Zeit ist, die R-MAVO quasi vom Anfang bis zum Ende auf den Prüfstand zu stellen und zu novellieren. Nur so können wir uns auch dem Gegenwind in der Politik und der Gesellschaft stellen, die zunehmend unser System der betrieblichen Mitbestimmung hinterfragen. Eine gestärkte, moderne, breit aufgestellte R-MAVO, die auch die Interessen der Mitarbeitenden deutlich unterstützt und das System der MAVen mit dem notwendigen Handwerkszeug ausstattet, ist deshalb unumgänglich.
Die BAG-MAV blickt optimistisch auf die anstehenden Verhandlungen zur Novellierung der R-MAVO, ohne die großen Felsbrocken, die noch auf dem Weg zum Ziel liegen, zu übersehen. Wir setzen voraus, dass auch die Dienstgeber die Notwendigkeit von Reformen sehen und wir konstruktiv zusammen an den Themen arbeiten. Vielleicht können die Verhandlungen ja relativ zeitnah beendet werden. Die BAG-MAV würde dies begrüßen.
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