Wie setzt die Caritas ihre Spendengelder für Flutopfer ein?
Die Situation in den Flutgebieten ist nach wie vor angespannt: "Der Herbst ist da, es regnet und wird kalt. Das Wasser hat nicht nur den Hausrat unbrauchbar gemacht, sondern ist auch in die Häuserwände ein[1]gedrungen und hat die Elektro- und Heizungsanlagen zerstört. Bis die repariert sind, dauert es", beschreibt Gernot Krauß, der für die Fluthilfe von Caritas international zuständig ist, die Situation. Für ihn wie auch für die Mitarbeitenden der betroffenen Caritasverbände der Diözesen Aachen, Essen, Köln, Paderborn und Trier bleibt daher keine Zeit zum Durchatmen.
Von der Caritas wird im Katastrophenfall zu Recht erwartet, dass sie ihre Kompetenzen und Strukturen der notleidenden Bevölkerung zur Verfügung stellt. Obwohl viele der Caritas-Mitarbeitenden auch persönlich von der Katastrophe betroffen waren, konnten sie im Rahmen bestehender Dienste bereits wenige Stunden nach der Flut den Menschen helfen. Vermisste wurden gesucht, Schlamm wurde aus Wohnungen geschaufelt. Kurz darauf begannen die Nothilfemaßnahmen: Nahrungsmittel und Trinkwasser wurden verteilt, Betroffene erhielten Bargeld, um sich mit dem Nötigsten versorgen zu können.
Mittlerweile haben alle ortsansässigen Caritasverbände eigens für die Fluthilfen neue Strukturen geschaffen. Fluthilfebüros wurden eröffnet und Fluthilfekoordinator(inn)en betreuen Teams, die von Tür zu Tür gehen und über die Hilfsangebote der Caritas informieren. Der Einsatz der Caritas wird durch eine große Solidarität und Spendenbereitschaft in der deutschen Bevölkerung ermöglicht und getragen. 45 Millionen Euro Spendengelder sind bei Caritas international, dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes, eingegangen (Stand 1. Oktober 2021). "Für dieses große Vertrauen in unsere Arbeit sind wir unglaublich dankbar", sagt Gernot Krauß.
Von den Erfahrungen der anderen Caritasverbände profitieren
Die große Stärke der Caritas bei einer Flutkatastrophe wie dieser resultiert aus ihrer Präsenz in allen betroffenen Gebieten sowie aus ihrer langjährigen Erfahrung in der Katastrophenhilfe. So kann die Caritas das Hochwasser von 2013 und die sogenannte "Jahrhundertflut 2002" an Elbe und Donau heute als Blaupause heranziehen: "Nach der Elbeflut 2013 haben wir in enger Zusammenarbeit mit den Caritasverbänden und Betroffenen vor Ort einen Leitfaden erstellt, der uns jetzt sehr gute Dienste leistet. Er bündelt die Erfahrungen aus der Fluthilfe und enthält viele Handlungsanleitungen und praktische Tipps", weiß Krauß.1 Die damals betroffenen Caritasverbände haben bereits unmittelbar nach der Katastrophe mit den jetzt betroffenen Diözesan-Caritasverbänden Kontakt aufgenommen und Erfahrungen geteilt. Dass die Caritas für Gemeinschaft und innerverbandliche Solidarität steht, zeigt ein aktuelles Beispiel: Unmittelbar nach der Flutkatastrophe schickten Caritasverbände aus Meißen, Magdeburg und aus Tschechien Bautrockner ins Flutgebiet, die dort dringend gebraucht werden.
Nachhaltige Wiederaufbauhilfe
Mittlerweile plant die Caritas die längerfristigen Wiederaufbauhilfen. Konkret bedeutet das in einem ersten Schritt die Auszahlung von Haushaltsbeihilfen zur Wiederbeschaffung von Hausrat und persönlichem Bedarf. Diese umfassen bis zu 1000 Euro pro Haushalt. Betroffene können über die Caritas weitere Zusatzunterstützung von bis zu 5000 Euro pro Haushalt beantragen, um neben Trocknern, Pumpen und anderen Geräten auch Stromkostenzuschüsse, Reinigungsarbeiten oder Werkzeuge bezahlen zu können.
Bund und Länder stellen zusammen rund 30 Milliarden Euro für die Flutopfer bereit und haben zugesagt, dass bei Privatpersonen 80 Prozent der Schäden übernommen werden. "Beim Wiederaufbau gilt das Prinzip der Nachrangigkeit. Als Erstes muss - falls vorhanden - die Versicherung den Schadensfall prüfen. Was sie nicht zahlt, übernimmt der Staat, allerdings meist nur zu 80 Prozent. Erst dann dürfen Spenden zum Einsatz kommen. Würde die Caritas beispielsweise jetzt beginnen, Heizungsanlagen zu bauen, nähme sie die Versicherungen und auch den Staat aus der Pflicht. Das wäre sicher nicht im Sinne unserer Spenderinnen und Spender. Die Nachrangigkeit macht also Sinn. Allerdings führt sie auch zu Verzögerungen, die für die Betroffenen - verständlicherweise - nur sehr schwer auszuhalten sind", erklärt Gernot Krauß die Vorgehensweise.
Rein materielle Hilfe reicht nicht
Neben der Behebung der materiellen Schäden ist es der Caritas ein besonderes Anliegen, die seelischen Leiden der Betroffenen zu lindern. Psychosoziale Unterstützung ist unabdingbar und seit Jahrzehnten ein elementarer Bestandteil der Katastrophenhilfe von Caritas international. "Gerade ist es wichtig, ganz nah bei den Menschen zu sein. Unsere Caritas-Kolleginnen und -Kollegen sind viel vor Ort unterwegs, hören zu, trösten, helfen Anträge auszufüllen", berichtet Krauß.
Sozialräumliche Projekte, die den Aufbau von gemeinschaftlichen sozialen Diensten in den Blick nehmen, tragen dem Anspruch der umfassenden Hilfe ebenfalls Rechnung. Erfahrungsgemäß werden solche Projekte mit fortschreitender Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Es wird Zeit brauchen, die Katastrophe vom Juli 2021 zu bewältigen, weshalb die Fluthilfen der Caritas auch auf bis zu fünf Jahre ausgelegt sind. Aber selbst wenn aller Schutt beiseitegeräumt ist, Stromleitungen instandgesetzt, Straßen saniert und Häuser wieder aufgebaut sind, werden die Ereignisse dieses Sommers im Gedächtnis bleiben. Als Caritas können wir aber - dank der zahlreichen Spenden und dank des Einsatzes der Caritas-Mitarbeitenden vor Ort - dabei helfen, dass der Schrecken nach und nach neuer Zuversicht weicht.
Anmerkung
1. www.caritas-international.de/beitraege/fluthilfe-in-deutschland/722761
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